Die auf Kunststoffverbundkomponenten spezialisierte Mühlemann AG soll gar geschlossen werden. Verwaltungsratspräsident und Interims-CEO Alexander von Witzleben rechnet in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres mit keiner deutlichen Marktbelebung. Zudem sei es im derzeitigen Umfeld nicht möglich, eine verlässliche Prognose abzugeben. «Wir müssen insbesondere abwarten, was in der Automobilindustrie mit GM und Opel passiert», sagte von Witzleben an der heute Dienstag abgehaltenen Halbjahreskonferenz 2008/09 in Lyss.
Umsatz um über 30 Prozent eingebrochen
Die Zahlen zum ersten Halbjahr hatte Feintool bereits am vergangenen Freitag publiziert. Der Umsatz sank gegenüber dem guten Vorjahr um 30,3% auf 202,8 Mio CHF und der Betriebsverlust auf Stufe EBIT lag bei 42,2 (VJ Gewinn 18,4) Mio CHF, teilte Feintool am Freitag mit. Auf dem EBIT lasteten, im Zusammenhang mit der geplanten Schliessung der Mühlemann AG sowie den Verlusten in den USA, ausserordentliche Aufwendungen in der Höhe von 30,9 Mio CHF. Der Reinverlust lag bei 46,8 (VJ Gewinn 9,2) Mio CHF.
Schwaches zweites Halbjahr erwartet
Im zweiten Halbjahr sei nur noch mit einigen unbedeutenden ausserordentlichen Posten zu rechnen, hiess es weiter. Sowohl der Umsatz als die Ergebnisse dürften im Gesamtjahr 2008/09 deutlich unter den Rekordvorjahrswerten ausfallen. Zumindest im Monat April schrieb Feintool an allen Standorten – ausser in den USA – «schwarze Zahlen». Vorallem der Einbruch in der Automobilindustrie setzte Feintool zu. Schliesslich stellt das Unternehmen Teile für Antriebs-, Sicherheits- und Komfortsysteme her und erzielt über drei Viertel des Umsatzes mit der Autozulieferung.
Zweifel an Marktprognosen
«Einige Marktforschungsunternehmen rechnen in der zweiten Jahreshälfte des Kalenderjahres 2009 gegenüber dem ersten Halbjahr mit einer Steigerung in der Automobilproduktion. Ich habe diesbezüglich meine Zweifel», so der Konzernchef weiter. In den USA plane zum Beispiel GM einen neunwöchigen Produktionsstopp und es sei zudem noch unklar, wie lange die Werksferien bei den grossen europäischen Autobauern ausfallen werden. Diese Faktoren würden direkt auf die Auftragslage von Feintool durchschlagen.
Hoffen auf Schwellenländer
Mittelfristig ruhen die Hoffnungen von Feintool indes auf dem Automobilabsatz in Schwellenländern, vorallem in China. Schliesslich seien dort im vergangenen Januar mehr Autos als in den USA verkauft worden. In China sind die Lysser derzeit nur über einen Vertriebspartner vertreten und erzielen nur kleine Umsätze. Die Suche nach einem Produktionsstandort sei in vollem Gange. «In den nächsten Quartalen werden wir den geeigneten Standort gefunden haben, um für den chinesischen Automarkt Teile zu produzieren», ist der CEO überzeugt.
Segment Plastics soll aufgelöst werden
Den Markteintritt in China plant Feintool zusammen mit Partnern. Ein ähnliches Vorgehen ist auch für die zunehmend wichtiger werdenden Automärkte Indien und Brasilien vorgesehen. Einen weiteren Wachstumstreiber sieht von Witzleben im Trend hin zu Kleinwagen mit wenig Spritverbrauch. «Die von uns hergestellten Teile müssen leichter und billiger sein. Wir wollen uns den Technologievorsprung sichern.» Auf der anderen Seite soll das kleine Segment Plastics aufgelöst werden. Man habe vor dem Schliessungsentscheid vergeblich nach Investoren gesucht. Bis zum Jahresende wird die Produktion in Biberist eingestellt. Insgesamt verlieren rund 200 Mitarbeitende die Anstellung. (awp/mc/ps/29)