Finanzkrise: Experten warnen vor Protektionismus

Der Aufruf an die Wirtschaftsführer sterht unter der Leitung von Prof. Simon J. Evenett von der Universität St.Gallen (HSG) und Prof. Richard Baldwin vom The Graduate Institute in Geneva, wie die Universität St. Gallen am Freitag mitteilte. Der Aufruf sei dringend nötig, «bedroht dieser aufkeimende Protektionismus doch ein Vierteljahrhundert des Fortschritts im Welt-handel», sagt Evenett. 


Weltweite Rezession
Die weltweite Finanzkrise hat die Volkswirtschaften von Nordamerika, Westeuropa und Japan in die Rezession getrieben, die Arbeitslosenquote in vielen Ländern drastisch erhöht und zu Konkursen geführt. Auch in China, Indien und den anderen rasch wachsenden Schwellenmärkten ist die Wachstumsrate markant reduziert worden. Des Weiteren sind auch die wirtschaftlichen Prognosen für 2009 und 2010 düster. Viele Prognostiker sehen die schlimmste Verlangsamung der Weltwirtschaft seit den frühen 80-er-Jahren voraus; einige sind noch pessimistischer und vergleichen die heutige wirtschaftliche Lage gar mit der Grossen Depression der 1930-er Jahre.


17 Essays von führenden Experten
Um die Auswirkungen der Krise möglichst den Handelspartnern zu überbürden, haben die Handelsmächte sowohl in den 30-er als auch in den 80-er Jahren vor allem auf das Mittel des Protektionismus und damit auf die Abschottung der eigenen Märkte gesetzt. Diese Tendenzen sind auch in der aktuellen Finanzkrise zu erkennen.


Unkluger Protektionismus
Dagegen wehren sich nun 17 international führende Handelsökonomen im Rahmen der VoxEU.org in einem E-Book unter Leitung von Prof. Simon Evenett von der Universität St.Gallen (HSG) und Prof. Richard Baldwin vom The Graduate Institute in Geneva unter dem Titel «What world leaders should do to halt the spread of protectionism». Protektionistische Politik sei insofern unklug, da sie früher oder später von den betroffenen Ländern aufgedeckt und entsprechend vergolten werde, sagt Evenett. «Dies könnte eine Kettenreaktion auslösen, die insbesondere in der aktuellen Lage schwere Folgen nach sich ziehen würde».


Drei Kern-Empfehlungen an die Politik
Trotz unterschiedlicher Lösungsansätze der Experten kommen drei Empfehlungen für politische Massnahmen an die Handelsminister wiederholt zum Ausdruck:



1. Nicht Protektionismus, sondern makroökonomische Initiativen sind der beste Weg zur Bekämpfung der Krise. Nationale Entscheidungsträger sollten in der Auseinandersetzung mit Problemen wie Rezession, Arbeitslosigkeit und Kreditknappheit sowohl makroökonomische und finanzpolitische Instrumente als auch soziale Sicherungsnetze verwenden.

2. Den Erklärungen der APEC- (Asia-Pacific Economic Cooperation) und G-20-Entscheidungsträger, sich der Schwachstellen des Protektionismus bewusst zu sein, sollten auch Taten folgen: Dies durch eine Verabschiedung eines entsprechenden Rahmenwerks, um einen Abschluss der Doha-Runde zu ermöglichen.

3. Die Entscheidungsträger weltweit sollten einen Überwachungsmechanismus zur Feststellung neuer Protektionsbestrebungen aufbauen, und zwar ungeachtet dessen, ob dieser Protektionismus mit der WTO vereinbar ist oder nicht.


Das Buch
Das E-Book kann gratis unter dem untenstehendem Link heruntergeladen werden.


Die Autoren
Richard Baldwin, Jagdish Bhagwati, Ann Capling, Wendy Dobson, Peter Draper, Simon J. Evenett, Gary Clyde Hufbauer, Douglas A. Irwin, R. V. Kanoria, Robert Z. Lawrence, Patrick A. Messerlin, Kevin H. O’Rourke, Arvid Panagariya, Yung Chul Park, Hadi Soesastro, Jeffrey J. Schott und Ryuhei Wakasugi.


Kurzbiografie Prof. Simon J. Evenett
Simon J. Evenett ist Professor für internationalen Handel und wirtschaftliche Entwicklung und Direktor des Schweizerisches Institut für Aussenwirtschaft und Angewandte Wirtschaftsforschung (SIAW-HSG). Seine Schwerpunkte in der Forschung sind neben den bestimmenden Faktoren der internationalen Handelsströmungen die Beziehung zwischen internationaler Handelspolitik, nationalem Wettbewerbsrecht und wirtschaftliche Entwicklung. Er hat seinen Ph.D. Abschluss an der Yale University und seinen B.A. mit Auszeichnung an der Universität von Cambridge erworben. Professor Evenett war ein nichtresidenter Senior Fellow im volkswirtschaftlichen Programm der Brookings Institution, Washington, D.C. Früher hat er an der Universität Oxford und an der Universität Rutgers gelehrt und war zweimal in Amt bei der Weltbank. (hsg/mc/ps)

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