In der Diskussion um eine schärfere Kontrolle der Finanzindustrie preschen die USA der «New York Times» (Samstag) zufolge mit einer umfassenden Reform der Finanzmarktaufsicht vor. Demnach soll die US-Notenbank künftig das Recht haben, die Branche bis hin zur internen Buchführung von Investmentbanken, Hedge-Fonds oder Rohstoff-Börsen unter die Lupe zu nehmen, sollten deren Geschäfte eine Gefahr für das Finanzsystem darstellen. Finanzminister Henry Paulson will die Vorschläge den Angaben zufolge am Montag offiziell vorstellen.
Konsolidierung der US-Finanzaufsicht
Vorgesehen ist nach dem Zeitungsbericht auch, die derzeit zersplitterte US-Finanzaufsicht zu konsolidieren. So soll es beispielsweise künftig nur noch eine Bundesbehörde zur Bankenregulierung geben statt wie bisher fünf. Auch plane die Regierung, die US-Börsenaufsicht SEC mit der Aufsichtsbehörde für den amerikanischen Terminhandel zu verschmelzen. Am Montag wird Finanzminister Paulson nach der Zeitung vorliegenden Redeauszügen erläutern: «Ich glaube nicht, dass zusätzliche Regulierung die Antwort ist, oder das effektivere Regulierung Finanzmarktturbulenzen, wie sie alle fünf bis zehn Jahre vorkommen, verhindern kann.» Allerdings sollte es eine Aufsichtsstruktur für die Finanzindustrie geben, «die der Welt entspricht, in der wir leben und die flexibler ist.»
Schaden nicht ganz so gross wie befürchtet?
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat dem «Spiegel» zufolge in einem internen Papier das Ausfallrisiko beziffert, das Finanzinstitutionen weltweit durch fehlgeschlagene Spekulationen rund um minderwertige amerikanische Hypothekendarlehen im ungünstigsten Fall verkraften müssen. Nach Einschätzung der BaFin könne der Schaden geringer ausfallen als die maximal angenommenen 600 Milliarden Dollar: «Nach gegenwärtiger Marktlage und Kenntnis halten wir einen Betrag von 430 Milliarden US-Dollar für wahrscheinlicher», zitiert das Magazin die BaFin. Die bereits von den Kreditinstituten eingeräumten Verluste würden in deren Papier mit 295 Milliarden Dollar angegeben, wobei auf deutsche Banken davon rund zehn Prozent entfielen.
«Hohes systemisches Risiko»
Sorgen bereit der BAfin laut «Spiegel» vor allem, dass die Verluste bislang sehr konzentriert bei wenigen Unternehmen anfielen. Dies deute auf das «hohe systemische Risiko» der Krise hin. So seien allein 15 Banken für zwei Drittel der Verluste verantwortlich, 30 Institute für 80 Prozent der Ausfälle.
Konkrete Vorschläge
Über die Finanzmarktturbulenzen wurde am Freitag und Samstag auch in dem von Industrieländern getragenen Forum für Finanzstabilität (FSF) gesprochen, wie die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) am Samstag berichtete. Schlussfolgerungen des FSF sollen den Finanzministern der sieben führenden Industriestaaten (G7) in der zweiten April-Woche am Rande der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington vorgetragen werden. Dabei gehe es um konkrete operative Vorschläge etwa zur Offenlegung und Bewertung von Geschäften, der Rolle von Ratings sowie der Reaktionsfähigkeit der Aufsichtsbehörden.
Schärfere Kontrollen auch in Europa
Auch der EU-Finanzministerrat (Ecofin) wird nächste Woche auf seinem informellen Treffen im slowenischen Brdo darüber reden. Angesichts der anhaltenden Bankenturbulenzen dringt die EU auf mehr Transparenz und eine bessere Aufsicht an den europäischen Finanzmärkten. Die EU-Finanzminister hatten Anfang März die Finanzbranche aufgefordert, rasch selbst entsprechende Eigeninitiativen zu ergreifen und alle Risiken in den Bankbilanzen offenzulegen. Eine gemeinsame europäische Finanzmarkt-Aufsicht zeichnet sich indes nicht ab. Diese stösst vor allem in kleineren EU- Staaten auf Vorbehalte. Auch aus Sicht Deutschlands kann eine europäische Aufsichtsbehörde allenfalls am Ende einer Entwicklung stehen. (awp/mc/ps)