FINMA will neues Gesetz für Finanz-Dienstleistungen

Zudem stellt sie ein neues Finanzdienstleistungs-Gesetz zur Diskussion, wie dem heute Mittwoch veröffentlichten «FINMA-Vertriebsbericht 2010» zu entnehmen ist. Eines der im September 2009 veröffentlichten strategischen Ziele der FINMA bestehe darin, den Kundenschutz auf dem schweizerischen Finanzmarkt zu verbessern, sagte Urs Zulauf, Leiter des Geschäftsbereichs Strategische Grundlagen und Zentrale Dienste der Eidg. Finanzmarktaufsicht (FINMA), anlässlich einer Medienkonferenz am Mittwoch. Dazu sollten angemessene produktneutrale Sorgfalts-, Offenlegungs- und Aufklärungspflichten beim Absatz von Finanzprodukten gefördert werden.


Divergierende Risikoprofile
Auf Grund der rund um die beiden Fälle Madoff und Lehman gewonnenen Erkenntnisse sei die Aufsicht indes zum Schluss gekommen, dass teilweise das Risikoprofil der Finanzprodukte nicht auf das Risikoprofil der Kunden abgestimmt gewesen sei, so Zulauf weiter. Im Projekt «Vertriebsregeln» untersuchte deshalb die FINMA sektorübergreifend und unter Berücksichtigung internationaler und ausländischer Rechtsentwicklungen, ob die bestehenden Produkte-, Verhaltens- und Vertriebsregeln einen ausreichenden Schutz der Kunden zu gewährleisten vermögen. Dabei habe sie ein erhebliches Informationsgefälle und Kräfteungleichgewicht zwischen Finanzdienstleistern und Privatkunden festgestellt, welches das geltende Recht nur ungenügend ausgleicht, heisst es im Vertriebsbericht.


Stärkerer Kundenschutz im Fokus
Die FINMA stellt deshalb eine Anzahl regulatorischer Massnahmen für einen stärkeren Kundenschutz zur Diskussion. Unter anderem schlägt sie einen Ausbau der Prospekt- und Informationspflichten auf Stufe Produkt sowie die Einführung von einheitlichen oder zumindest besser aufeinander abgestimmten Verhaltensregeln für sämtliche Finanzdienstleister am Verkaufs- oder Vertriebspunkt (Point of Sale) vor. Im weiteren soll die Transparenz am Point of Sale verbessert werden. Nach Ansicht der Aufsicht bedarf es ausserdem einer verstärkten und einheitlicheren Regulierung des grenzüberschreitenden Vertriebs von ausländischen Finanzprodukten in die Schweiz, einer Kundensegmentierung sowie Verhaltensregeln und einer Registrierungspflicht für nicht prudentiell beaufsichtigte Finanzdienstleister.


Ombudsstelle vorgeschlagen
Schliesslich schlägt die FINMA die Schaffung einer entscheidbefugten Streitschlichtungsstelle (Ombudsstelle) für sämtliche Finanzdienstleister vor. Eine solche Stelle könnte Privatkunden unter anderem vor der Durchführung kostspieliger und risikobehafteter Gerichtsprozesse gegen ihre Vertragspartner am Point of Sale bewahren, heisst es im Bericht. Um eine effektive Konfliktbeilegung zu gewährleisten, könnte der Ombudsstelle auch die Kompetenz zur Entscheidung von Streitigkeiten zugesprochen werden. Zu begrüssen wäre gemäss FINMA auch die Möglichkeit kollektiver Streiterledigung von gleichgelagerten Fällen, welche eine Vielzahl von Privatkunden in ähnlicher Weise betreffen.


Abkürzung über Verordnungsweg
Zur Umsetzung dieser Vorschläge bedarf es gemäss dem Bericht Aufsichtsmassnahmen der FINMA sowie eines neuen Finanzdienstleistungsgesetzes. Damit könnte der Kundenschutz und die Attraktivität des Finanzplatzes Schweiz gesteigert werden. Da ein solches Gesetzgebungsprojekt bis zu seinem Inkrafttreten auch bei Vorliegen eines eindeutigen politischen Willens erfahrungsgemäss aber mehrere Jahre dauern könne, schlägt die FINMA vor, dass vorgängig eine Verordnung des Bundesrates zu Verhaltenspflichten im Effektenhandel und beim Vertrieb von Kollektivanlagen realisiert und umgesetzt wird.


Positiver Beitrag zum Kunden- und Reputationsschutz
Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht zeigt sich überzeugt, dass die Umsetzung der von ihr befürworteten Handlungsoptionen einen positiven Beitrag zum Kunden- und Reputationsschutz leisten und gleichzeitig die Attraktivität des Finanzplatzes Schweiz steigern würde. Ihrer Ansicht nach ist es auch im Interesse der Anbieter, dass Regulierungslücken geschlossen werden, die es unseriösen Anbietern erlauben, solche Lücken zum Nachteil der in der Schweiz ansässigen Kunden auszunützen.


Vernehmlassung
Die Aufsichtsbehörde lädt alle am Thema Interessierten dazu ein, sich bis Mitte 2011 zu den Vorschlägen zu äussern. Die Einladung richte sich dabei nicht nur an die Branchenvertreter, sondern ausdrücklich auch an deren Kunden, wie FINMA-Direktor Patrick Raaflaub sagte. Nach Analyse der Stellungnahmen würden dann ihre Vorstellungen zum weiteren Vorgehen formuliert und vorgestellt. (awp/mc/ps/19)

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