Fitness-Kur: Schweizer Wirtschaft wächst wieder gleich schnell wie Europa


Die Schweizer Wirtschaft hat die Wachstumslücke zu Europa geschlossen. Dies zeigt eine Studie der Credit Suisse First Bosten (CSFB). Dies macht den Franken-Kapitalmarkt für Ausländer zunehmend interessant.

Von Andreas Müller


(Foto: Keystone)
Seit dem 11. September ist Sicherheit plötzlich wieder Trumpf. Auch internationale Anleger flüchteten sich in den Schweizer Franken und kauften Schweizer Vermögenswerte. Diese Reaktion ist an sich nicht neu. Der Franken hat in Krisenzeiten schon oft als «sicherer Hafen» gedient. So schnell das Kapital in den Franken flüchtete, so schnell flossen in der Vergangenheit die Gewinne aber auch wieder ab.

Interesse am Schweizer Kapitalmarkt ist erwachtDas Interesse an Schweizer Aktien und Obligationen könnte nun aber nachhaltiger ausfallen. «Der Schweizer Finanzmarkt profitiert momentan von strukturellen Gegebenheiten», sagt Nannette Hechler-Fayd’herbe, Leiterin des Swiss Fixed Income-Research der CSFB bei der Präsentation ihrer Studie. «Internationale Anleger werden in ihren Portefeuilles Schweizer Vermögenswerte höher gewichten, als sie dies in der Vergangenheit getan haben.»

Wachstumslücke geschlossenFür diese Annahme gebe es gute Gründe. Der Schweizer Wirtschaft sei es gelungen, die Wachstumslücke zu Europa zu schliessen. Wuchs Europas Bruttoinlandprodukt (BIP) zwischen 1990 und 2000 jährlich um rund 2 Prozent, so betrug der Zuwachs in der Schweiz jeweils weniger als 1 Prozent. Die CSFB prognostiziert für die Periode 2000 bis 2005 für Europa ein Wachstum von leicht über 2 Prozent, das Schweizer BIP werde nur unwesentlich weniger zulegen. Für die folgende Fünf-Jahres-Periode bis 2010 werde die Schweiz wie Europa gegen 2,25 Prozent wachsen.

Die Hausaufgaben gemachtEine wichtige Stütze für das Wachstum sei die Exportindustrie, welche die Hälfte des Schweizer BIP erwirtschafte. Laut Hechler-Fayd’herbe profitiert sie von den stabilen Lohnstückkosten in der Schweiz. Die bilateralen Verträge mit der EU würden es der Schweizer Wirtschaft zudem erlauben, qualifiziertes Personal anzuwerben, was ein beträchtlicher Wettbewerbsvorteil sei. Joachim Schütz fasst die Einschätzung der CSFB zusammen: «Die Schweizer Wirtschaft ist sehr konkurrenzfähig geworden. Sie hat in den 90er-Jahen die Hausaufgaben gemacht.»

Schweizerische Nationalbank mit guten Noten(Foto: Monika Reize)
Ebenfalls auf Gefallen stösst bei der CSFB die Politik und die schlanke Struktur der Schweizerischen Nationalbank. Es sei der SNB gelungen, auch nach der Einführung des Euro den Schweizer Zinsbonus zu verteidigen. «Dies ist für die Schweizer Wirtschaft sehr wichtig», sagt Hechler-Fayd’herbe. Da die Inflation in der Schweiz weiterhin tief ist, konnte die SNB die Zinsen auch noch zu einem Zeitpunkt senken, als dies der Europäischen Notenbank nicht mehr möglich war, da die Inflation in Europa bereits über der Zielmarke von 2 Prozent angelangt sei. Die SNB verhinderte mit ihrem Zinsschritt ein weiteres Überschiessen des Frankens, dessen fairer Wert zum Euro bei 1.48 bis 1.49 liege.

Budget hat Kurve gekriegtAuch der Budgetpolitik der öffentlichen Hand winden die Investmentbanker ein Kränzlein. So habe die Schweiz beim strukturellen Defizit die Trendwende eingeleitet und zudem eine Schuldenbremse eingeführt, sagte der Politik-Analyst Christoph Fehr. Der öffentliche Sektor sei gemessen am BIP einer der kleinsten unter den OECD-Ländern. Auch der Bedächtigkeit der helvetischen Politik weiss er Positives abzugewinnen: «Das langsame Voranschreiten der schweizerischen Politik erzeugtein stabiles Umfeld. Das schätzen auch Investoren.»

Moderner Markt für Festverzinsliche Neben den volkswirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen erhöht die Modernisierung des Schweizer Kapitalmarkts seine Attraktivität für ausländische Anleger. Vorbei sind die Zeiten, als Obli-Investoren ihre Anleihen bis zur Rückzahlung im Depot liegen liessen. Mit der Einführung eines Repo-Markts, durch den die SNB grösstenteils ihre Geldpolitik steuert, und dank der grossen Volumen im Bereich derivativer Zinsinstumente wie Swaps und TOIOS könnten mittlerweile auch am Schweizer Markt moderne Risikomanagement-Strategien umgesetzt werden. Der Schweizer Aktienmarkt kann sich derzeit der Ausverkaufsstimmung nicht entziehen. Die Festverzinslichen hingegen dürften für internationale Anleger zunehmend an Bedeutung gewinnen.

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