Francisco Fernandez, CEO Avaloq Evolution AG

Von Bernhard Zihler, Avaloq und Helmuth Fuchs, Moneycab


Moneycab: Herr Fernandez, wie wichtig ist für Avaloq das Humankapital?


Francisco Fernandez: Wir leben heute in einer Wissens- und Informationsgesellschaft, die Zahl virtueller Produkte, Daten und Informationen explodiert. In einer solchen Berufswelt hat die geistige Leistungsfähigkeit die Muskelkraft weitgehend ersetzt. Wissen ist Macht. Wissen alleine reicht im Gegensatz zu früher jedoch längst nicht mehr. Wir müssen laufend neue Fähigkeiten erarbeiten, um in einer solchen Welt erfolgreich zu sein. Als Unternehmer weiss ich um den Wert des Humankapitals, und ich kämpfe deshalb jeden Tag im ?War for Talents› mit. Humankapital ist heute mindestens so wichtig wie Finanzkapital, um als Unternehmen bestehen zu können.



«Dass unser Erfolg auf jedem einzelnen Mitarbeiter basiert, ist uns bewusst. Als Gegenleistung stehen wir als Talentschmiede für die persönliche Entwicklung eines jeden Mitarbeitenden ein.» Francisco Fernandez, CEO Avaloq


Wie lässt sich dieses Humankapital speziell fördern?


Als modernes, erfolgreiches Unternehmen behandeln wir bei Avaloq das angesprochene Humankapital wie eine Wertanlage, welche man pflegen muss. Um es im Jargon der Banker zu sagen: Für uns ist das Humankapital eine Assetklasse. Im Klartext bedeutet dies, dass wir unsere Mitarbeiter motiviert halten, fair bezahlen und laufend entwickeln.


Sie sprechen Begriffe wie Motivation, Bezahlung und Entwicklung an. Welches sind daneben aus Ihrer Sicht die wichtigsten Voraussetzungen, um attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen?


Jedes Unternehmen muss seine eigene Kultur ausprägen, welche die Leute anzieht, die zum Unternehmen und seinen Zielen passen. Attraktivität definiert sich bei der deutschen SAP wahrscheinlich anders als bei Avaloq. Bei uns legen wir Wert auf die Lust auf Leistung. Und auf die Leidenschaft, für den Kunden das Unmögliche möglich zu machen. Wir sind motiviert, wenn wir unsere Werke oder unsere Leistung massgeblich gestalten können und dafür die Verantwortung tragen dürfen. Wir wollen nicht am Durchschnitt, sondern an den Besten gemessen werden und stellen uns dem Wettbewerb mit Sportgeist. Wir wollen unser Unternehmen und uns jeden Tag verbessern – dafür lohnt es sich zu arbeiten.



«Seit Jahren unterstützen wir eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen, die in ihrer Freizeit der Programmierung von Lego frönen und auch schon mehrere internationale Preise gewonnen haben. Förderung muss so früh wie möglich beginnen – viel früher, als man auf den ersten Blick glaubt.»


Wie gelingt es Avaloq, im «War for Talents» an die besten Leute heran zu kommen?


Bei der Rekrutierung unserer Talente verlassen wir uns auf eine simple Regel: Gleich und gleich gesellt sich gern. Wen wir zu Avaloq holen möchten, muss auf seinem Gebiet ein absoluter Spezialist sein, zu unserer dynamischen und innovativen Kultur passen, sich gut in die Teams einfügen, entwicklungsfähig sein und vor allem den unbändigen Willen besitzen, seinen eigenen Beitrag an unseren unternehmerischen Erfolg zu leisten. Kurzum, wer erfolgreich sein wird, sucht sich ein erfolgreiches Unternehmen aus. Unsere Mitarbeitenden kommen mittlerweile aus über 30 verschiedenen Ländern. Für die Marke Avaloq zu arbeiten, ist mit Prestige verbunden. Wir bieten Berufseinsteigern, aber auch gestandenen Professionals die Chance, ihr Know-how beim Branchenführer einzubringen.


Experten gehen davon aus, dass die Schweiz in der Zukunft auf einen massiven Informatikermangel zusteuert. Wie schätzen Sie die Situation ein? Und was tun Sie gegen diese Entwicklung?


Der Werkplatz Schweiz hat für uns eine entscheidende Bedeutung. Deshalb fördert Avaloq nicht nur die Informatikausbildung, sondern auch die in der Schweiz führenden Wirtschaftsfakultäten durch direkte Beiträge oder persönliches Engagement. Ich selbst bin im Stiftungsrat der ETH tätig und habe so einen direkten Draht zu den neusten Entwicklungen auf der tertiären Bildungsstufe. Die Förderung besonders talentierter Menschen beginnt bei Avaloq aber auf nicht erst auf Hochschulebene: Seit Jahren unterstützen wir eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen, die in ihrer Freizeit der Programmierung von Lego frönen und auch schon mehrere internationale Preise gewonnen haben. Förderung muss so früh wie möglich beginnen – viel früher, als man auf den ersten Blick glaubt.



«Um im internationalen Vergleich bestehen zu können, müssen wir uns auf unsere starken Schweizer Werte und Tugenden besinnen: Bodenständigkeit, Beharrlichkeit, Ehrlichkeit, Qualitätsbewusstsein – und dies gepaart mit einem unbändigen Leistungswillen und Innovationsfreude.»


Welche Bedeutung messen Sie dem Ausbildungsplatz Schweiz heute und in der Zukunft auf internationaler Ebene bei?


Der Schweizer Wirtschaftsstandort und Finanzplatz ist schon heute der grösste Offshore-Vermögensverwaltungsplatz der Welt und zieht zahlreiche Firmen und Talente an. Wir müssen alles daran setzen, auch in Zukunft den Standort Schweiz weiter zu fördern. Derzeit haben wir die höchste Zuwanderung von gut ausgebildeten Personen seit dem Zweiten Weltkrieg und profitieren als Land stark davon. Unsere direkte Demokratie, unsere Autonomie, eine eigene Zentralbank, unsere Währung, unser Steuerrecht, unsere zentrale Lage in Europa, unsere Schweizer Werte – all das, was wir unter Swissness subsumieren und worauf wir zu Recht stolz sein dürfen, stellt einen Wettbewerbsvorteil dar, mit dem wir auch in Zukunft in dieser globalisierten Welt bestehen können.


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Gute Leute zu holen ist das eine. Mindestens genauso schwierig ist es aber, diese dann auch zu halten. Was tut Avaloq, um hoch qualifizierte Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden?


Wir sind der Ansicht, dass die Bedürfnisse der Mitarbeiter längst nicht mehr übers Portemonnaie abgedeckt werden können. Deshalb legen wir besonders auch auf den nicht-monetären, kulturbildenden Bereich und auf die Entwicklung unserer Talente grossen Wert. So investieren wir viel in unsere Kader, damit diese unsere wichtigsten Werte wie Teamgeist, gegenseitigen Ansporn und hohe Transparenz vorleben und dazu beitragen, dass sich jeder Einzelne mit Avaloq emotional verbunden fühlt und wir gemeinsam vorwärts kommen. Dass unser Erfolg auf jedem einzelnen Mitarbeiter basiert, ist uns bewusst. Als Gegenleistung stehen wir als Talentschmiede für die persönliche Entwicklung eines jeden Mitarbeitenden ein. Es gibt von mir aus gesehen nichts Wertvolleres was wir einem Avaloqler mitgeben können, als neue Fähigkeiten, die er sich bei uns aneignen kann und die ihm als nachhaltiger Wettbewerbsvorteil zugute kommen.


Die emotionale Verbundenheit mit dem Arbeitgeber als tragende Säule des Erfolgs?


Auf jeden Fall! Ich erlebe die Verbundenheit, Loyalität und Solidarität zum Unternehmen jeden Tag in vielen Begegnungen mit meinen Kollegen. So haben etwa die interne, wie auch die informelle Kommunikation einen hohen Stellenwert bei uns. Ausdruck dafür sind beispielsweise unsere so genannten Gipfeli-Meetings. Am ersten Freitag jedes Monats informiere ich in meiner Eigenschaft als CEO alle Mitarbeitenden bei Kaffee und Gipfeli live über die neuesten Entwicklungen im Unternehmen. Für mich ist das wie Frühstück mit meiner 600-köpfigen Familie.


Welcher Stellenwert kommt beim «War for Talents» der Unternehmenskultur zu?


Bei Avaloq ist die Leidenschaft, für das, was wir tun, von zentraler Bedeutung. Denn wir sind der Meinung, dass man nur das, was man mit Leidenschaft macht, auch wirklich gut macht. Wir hören von unseren Kunden oft, dass bei den Mitarbeitern von Avaloq «das Feuer» zu spüren ist. «ein gewisses Leuchten in den Augen, wenn sie bei der Arbeit sind».


Wie sehen Sie die Leistungsfähigkeit unserer Talente im internationalen Vergleich?


Wir Schweizer gelten immer noch als fleissig, aber es geht uns zu gut! Wir sind nicht mehr «hungrig» genug, um leidenschaftlich an unseren Zielen zu arbeiten. In der Tendenz schrumpft unser Leistungswille. Wir studieren lieber Kunst und Psychologie als Naturwissenschaften und Ingenieurdisziplinen. Dies überlassen wir den Emerging Markets – die Experten  kaufen wir uns dann ein. Doch diese Entwicklung ist überaus gefährlich. Um im internationalen Vergleich bestehen zu können, müssen wir uns auf unsere starken Schweizer Werte und Tugenden besinnen: Bodenständigkeit, Beharrlichkeit, Ehrlichkeit, Qualitätsbewusstsein – und dies gepaart mit einem unbändigen Leistungswillen und Innovationsfreude. Nur so gelingt es uns, als Hochpreisinsel im internationalen Vergleich nachhaltig zu bestehen.






Das Gespräch fand anlässlich Diplomfeier MAS Private Banking & Wealth Management der Hochschule Luzern am 26. März 2010 statt.





Der Gesprächspartner:
Francisco Fernandez, Geboren 1962, dipl. Informatik Ing. ETH/BWI 


Seit Juli 2000: CEO Avaloq Evolution AG
Seit 1991: Mitglied der Geschäftsleitung, Architekt des Avaloq Banking System, Projektleitung in zahlreichen Einführungsprojekten von Avaloq
Seit 1989: Software Engineer bei BZ Informatik


Hobbies (neben Geschäft und Familie): Piano-Spielen (Klassik und Jazz), Reiten.


Das Unternehmen:
Avaloq Evolution AG: Die Avaloq Gruppe mit Niederlassungen in Luxemburg und Singapur ist Marktführer in der Schweiz im Bereich Standard Banking Software. Das Schweizer Unternehmen entwickelt und vertreibt seit über einem Jahrzehnt das Avaloq Banking System, dem führende Finanzdienstleister im Private-, Retail- und Universal Banking weltweit an internationalen Finanzplätzen vertrauen. Durch ein Spezialistennetzwerk aus erstklassigen Implementations-, Software-, Service- und Technologiepartnern bietet die Avaloq ihren Kunden eine umfassende All-In-One-Lösung ? eine modulare, innovative und integrierte Standardsoftware für die Finanzbranche. Die Avaloq wird von Management und Mitarbeitenden gehalten.



 

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