Franz Rieder, CEO Rivella Gruppe

von Patrick Gunti


Herr Rieder, Rivella hat 2007 einen Umsatzrückgang von 2,1 % auf 140,8 Mio. Franken hinnehmen müssen, der Getränkeausstoss reduzierte sich um 3,4 % auf 103,5 Mio. Liter. Wie werten Sie das Resultat?


Das Resultat liegt in etwa im Rahmen unserer Erwartungen. Wir waren uns bewusst, dass 2007 ein Jahr der Konsolidierung wird. Als Anbieter von qualitativ hochwertigen Markenprodukten können und wollen wir beim in der Branche anhaltenden ruinösen Preiskampf nicht mitmachen. Wir stellen bewusst den Wert unserer Marke und Produkte über ein kurzfristiges Volumenwachstum. Längerfristig wird sich dies ausbezahlen, davon sind wir überzeugt.


Während der Umsatz in der Schweiz rückläufig war, konnte Rivella den Absatz im Ausland um 3,6 % steigern. Werten Sie dies als Erfolg der Werbekampagnen, die stark auf Swissness und mit Emil in Deutschland auf den «Schweizer Botschafter» schlechthin setzen?


Swissness ist im Ausland sicher ein Hauptargument für Rivella und wir wollen künftig noch verstärkt unsere Schweizer Herkunft hervorstreichen. Die Werbekampagne in Süddeutschland mit Emil begann erst im Mai 2008 und war da nur ein erster Schritt. Emil Steinberger als Markenbotschafter für Rivella kommt übrigens sehr gut an, gerade auch bei Jugendlichen. Dort hat der Kabarettist geradezu Kultstatus. Das eigentliche Absatzwachstum im Ausland stammte 2007 aber von unserem ältesten und bedeutendsten Auslandmarkt, den Niederlanden. Dort sind wir bereits seit 50 Jahren präsent. 


Wie hoch ist der Ausland-Anteil am Umsatz und welche Entwicklung erwarten Sie in den nächsten Jahren?


Das Auslandgeschäft macht rund einen Fünftel unseres Absatzes aus. Wenn wir in Zukunft weiter wachsen wollen, und das haben wir vor, so müssen wir dies vor allem im Ausland tun. Der Schweizer Getränkemarkt ist gesättigt und hart umkämpft. Zudem wird es immer schwieriger, überhaupt noch an unsere Konsumenten heranzukommen. Stichwort Konzentration im Handel: Für uns wichtige Absatzkanäle verschwanden in den letzten Jahren mit hoher Kadenz. 


Rivella ist heute in Holland, Luxemburg, Deutschland, Österreich und Frankreich tätig. Ist – gerade in Anbetracht des stagnierenden Schweizer Marktes – eine geographische Ausweitung des Absatzgebietes geplant?


Es wäre nicht sinnvoll, ziellos neue Märkte in Angriff zu nehmen, denn Rivella ist ein erklärungsbedürftiges Produkt. Es gibt weder eine Rivella-Frucht noch ein Rivella-Baum. Auch seine Zusammensetzung auf Basis von Milchserum ist einzigartig. Es reicht nicht, Rivella ins Regal zu stellen und zu hoffen, dass es sich von selbst verkauft. Umfassende Werbe- und Degustationskampagnen sind nötig. Und deshalb fokussieren wir uns auf Märkte, wo Rivella bereits über einen gewissen Bekanntheitsgrad verfügt. Das grenznahe Ausland, vor allem auch der Süddeutsche Raum, drängt sich nicht zuletzt wegen den Grenzgängern und Touristen, die in die Schweiz in die Ferien kommen, auf. Wenn alle Süddeutschen soviel Rivella trinken wie die Schweizer, dann sind wir mehr als zu frieden!


«Es wäre nicht sinnvoll, ziellos neue Märkte in Angriff zu nehmen, denn Rivella ist ein erklärungsbedürftiges Produkt. Es gibt weder eine Rivella-Frucht noch ein Rivella-Baum. Auch seine Zusammensetzung auf Basis von Milchserum ist einzigartig.» (Franz Rieder, CEO Rivella)


Der Schweizer Markt präsentiert sich sehr schwierig, der Wettbewerbs- und Preisdruck hat sich 2007 weiter verschärft. Was sind die direkten Folgen für Ihr Unternehmen?


Noch nie hatte das Sprichwort «Wer nicht weiter weiss, geht über den Preis» so Gültigkeit wie heute. Obwohl der Preis im Marketing-Mix eine von verschiedenen Komponenten ist, liegt der Fokus heute leider nur noch darauf. Andere Elemente wie Produktsicherheit, Qualität, Innovation und Produktionsstandort Schweiz gehen in der momentanen Preishysterie unter. Der Konsument wird richtiggehend dazu erzogen, nur noch den Preis als Auswahlkriterium zu beachten. Wir erachten den Preiskampf bis zum «Es-geht-nicht-mehr» als volkswirtschaftlich ungesunde Wertvernichtung, bei der es nur Verlierer geben wird (Arbeitsplatzverluste). Da halten wir uns bewusst raus, mit der Gefahr, dass wir zwar Volumen verlieren, den Wertanteil aber halten können.


Demnach betrachten Sie die deutschen Harddiscounter Aldi und Lidl nicht als zusätzliche Absatzmöglichkeit?


Als Anbieter von qualitativ hoch stehenden Markenprodukten sind die neu eintretenden Harddiscounter für uns keine echte Alternative zu bestehenden Absatzkanälen.


Wie beurteilen Sie die Konzentration im Detailhandel und die Folgen für die Markenartikel-Hersteller in der Schweiz generell?


Für Hersteller von Markenartikeln wird die Situation im Schweizer Detailhandel zusehends ungemütlich. Faktisch wird der Markt heute von zwei grossen Gegenspielern dominiert. Ab 1995 lieferten wir unsere Marke Mivella exklusiv an die Migros. Seit Februar 2008 verkauft Migros nun ebenfalls Rivella, was doch Beweis genug ist, dass Markenkraft und Markenpflege unverzichtbare Voraussetzungen für den Erfolg sind. Anders sieht es bei den Fruchtsäften aus. Hier setzen die Händler vor allem auf Eigenmarken. Für Markenprodukte wie unseren Michel-Fruchtsaft bleiben dann schwergewichtig noch die Gastronomie und Convenience-Läden als Absatzkanäle.


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Moderner, frischer und dynamischer waren die Vorgaben des Rivella-Relaunchs im vergangenen Jahr. Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?


Von Zeit zu Zeit ist eine Verjüngung und Dynamisierung einer Marke notwendig, um am Puls der Zeit zu bleiben. Das Gesamtpaket mit den neuen formschönen Flaschen, der modernen Etikette mit dem schrägen Schriftzug, der überarbeiteten Rezeptur von Rivella grün und der witzigen Werbekampagne mit ihrem Markenzeichen «Hand hoch! Wer will ein Rivella?» ist von den Konsumenten positiv aufgenommen worden. Es ist aber schwierig zu sagen, wie sich die Absätze ohne den Relaunch entwickelt hätten.


Was waren die Gründe für die Veränderung der Rezeptur von Rivella grün und hat sich die Anpassung gelohnt?


Marktforschungen haben uns gezeigt, dass Rivella grün überdurchschnittlich von urbanen Menschen mit ausgeprägtem Gesundheitsbewusstsein konsumiert wird. Diese Konsumenten bevorzugen leichte, kalorienreduzierte Getränke. Dies war der Grund, weshalb wir nach einer leichteren und noch erfrischenderen Rezeptur suchten. Ja, die Anpassung hat sich gelohnt. Als einzige Rivella-Varietät konnte Rivella grün im abgelaufenen Jahr zulegen.


Seit Frühling 2007 setzt Rivella seine Michel-Orangensaftprodukte unter dem Gütesiegel von Max Havelaar ab. Welche Bilanz ziehen Sie nach einem Jahr Fair Trade?


Die Bilanz fällt sehr positiv aus, nicht nur für uns als Hersteller der Michel-Säfte, sondern auch für Max Havelaar Schweiz resp. die Orangenproduzenten und deren Pflücker im Süden. Dank unserem Engagement ist der ganze Markt an fair gehandelten Fruchtsäften im letzten Jahr deutlich gewachsen. Zudem hat Michel in nur einem Jahr rund CHF 65’000.- an Prämiengeldern für Fairtrade-Produzenten in Südamerika erwirtschaftet. Diese Prämiengelder sind aber nur ein Teilaspekt des fairen Handels. Die internationalen Standards des fairen Handels (FLO) gewähren den Produzenten garantierte Mindestpreise und den Pflückern und Plantagenarbeitern Mindestlöhne, verbesserte Arbeitsbedingungen und Sozialleistungen. Schlussendlich profitieren alle vom fairen Handel.


«Wir sind erfreulich ins Jahr gestartet und rechnen mit einem positiven Gesamtergebnis für 2008.» (Franz Rieder, CEO Rivella)


2007 wurden am Standort Rothrist Investitionen in der Höhe von 16 Mio. Franken getätigt. In welche Bereiche?


Die Investitionen betrafen ausschliesslich den Produktionsstandort Rothrist und wurden getätigt mit dem Ziel, künftig noch effizienter produzieren zu können. Dies wird notwendig sein, um die stetig steigenden Kosten für Roh- und Packstoffe sowie die explodierenden Energie- und Logistikkosten einigermassen in Schach zu halten. Der bedeutende Teil der Investitionen betraf Prozesse, Gebäude und Anlagen, mit denen Rivella mit ganz neuen Technologien in Zukunft innovative Produkte zur Marktreife führen will.


Welche Erwartungen  sind mit dem laufenden Geschäftsjahr 2008 verbunden?


Wir sind erfreulich ins Jahr gestartet und rechnen mit einem positiven Gesamtergebnis für 2008. Optimistisch stimmen uns nicht nur die jüngste Entwicklung unserer Auslandmärkte, sondern auch verschiedene Faktoren in der Schweiz. So wurde die Ablösung von Mivella durch Rivella in der Migros von den Käufern honoriert und Michel Power Coffeeberry, unser neuer und natürlicher Energydrink mit dem Extrakt der Kaffeekirsche, erfreut gesundheitsbewusste Konsumenten, die den «Kick» nicht missen mögen. Zudem ist in absehbarer Zukunft noch mit einer weiteren Produktneuheit aus dem Hause Rivella zu rechnen; dazu mehr im Spätsommer.


Herr Rieder, herzlichen Dank für das Interview.





Zur Person:


Franz Rieder (Jahrgang 1946) – CEO Rivella Gruppe


Beruflicher Werdegang


– Kaufm. Lehre bei Sunlight AG, Olten
– Eidg. Dipl. Buchhalter/Controller
– 1967 – 1995 Verschiedene Funktionen in div. Unilever-Betrieben im In- und Ausland (Sais Astra, Eldorado, Betty Bossi, Lever, Elida)
– 1990 – 1995 Verkaufs- und Finanzdirektor bei Elida Cosmetics
– 1995 – 2000 Geschäftsleiter Rivella AG
– Seit 2000 CEO der Rivella Gruppe


Verheiratet, 2 erwachsene Kinder, 2 Enkelkinder


Lieblingsgetränke: Rivella blau, Rotwein

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