Für «Fortune» ist Daniel Vasella ein vorbildlicher Unternehmenschef


Aus aktuellem Anlass widmet das amerikanische Wirtschaftsmagazin «Fortune» einen Schwerpunkt der Frage, was einen guten CEO ausmacht. Als aussergewöhnliches Beispiel sieht es Daniel Vasella.

Von Markus Schär


Daniel Vasella (Foto: Keystone)
«Während der guten Stunde, die wir miteinander sprachen, erwähnte er sein Unternehmen kaum jemals», stellte der Journalist beim ersten Zusammentreffen fest, «und ich fragte mich langsam, ob Vasella wirklich ein CEO ist. Er erschien mir viel zu offenherzig. Zu vertrauensselig einem Journalisten gegenüber. Guter Gott, dachte ich, weiss er überhaupt, womit ich mein Brot verdiene?»

Ein tief schürfendes GesprächDaniel Vasella machte dem Journalisten von «Fortune» bei einem ersten Gespräch während des Weltwirtschaftsforums in New York nachhaltigen Eindruck. Sein Name lag deshalb nahe, als das Wirtschaftsmagazin eine Spezialausgabe zur Rolle der Unternehmenschefs plante: «Wir suchten ein grosses Tier, das mutig und ehrlich darüber sprach, wie die Analysten von Wall Street Druck auf die Führung der börsenkotierten Unternehmen ausüben – vor allem mit den Quartalszahlen, die sie erwarten.» In mehreren Tranchen kam das tief schürfende Gespräch zu Stande – und Vasella überraschte die Journalisten nochmals.

Vom Denken in QuartalszahlenDenn der Novartis-Chef spricht zwar auch über den Druck der Börse. Es sei eine alte Praxis, dass die CEOs ihre Erwartungen kommunizieren, die Analysten darauf gestützt ihre Ziele setzen und die Unternehmen sich wiederum bemühen, die Vorgaben möglichst präzis zu erfüllen: «Aber in den letzten Jahren prägt dies die Kultur der Wall Street so, dass die Leute, die kotierte Unternehmen führen, oft an nicht viel anderes mehr denken.»

Überzeugung schwierig zu bewahrenSo müsse er sich überlegen, ob er sich an einem hoffnungsvollen Biotech-Unternehmen beteilige, wenn er deswegen die ersten drei Jahre Verluste konsolidieren müsse: «Habe ich persönlich die Kraft der Überzeugung, den kurzfristig negativen Einfluss wegzustecken? Glauben Sie mir, das ist oft eine schwierige Frage.»

Von der Idee des Erfolges vergiftetAber entscheidend sei gar nicht der äussere Druck, gesteht Vasella: «Die Tyrannei der Quartalszahlen kommt von innen. Für all die Fehler, die wir derzeit Wall Street zuschreiben, können wir nicht den Analysten, den institutionellen Anlegern oder anderen, die eine kurzfristig gute Performance fordern, die Schuld geben. Vielmehr vergiftet viele von uns die Idee, ein erfolgreicher Manager zu sein, also Quartal für Quartal glänzende Zahlen abzuliefern.»

Wie sich ein CEO für den Grössten hältWer gute Ergebnisse erreiche, werde gefeiert, sagt Vasella. «Und auf einmal beginnen Sie zu glauben, die Figur inmitten dieser Champagnerparty seien Sie selbst: Hey, schau mich an. Ich bin dieser gescheite, begabte CEO mit allen richtigen Antworten.» So begännen viele CEOs, ihre eigene gute Presse zu glauben. «Dann wird es schwierig bis unmöglich, an Ihrem Kurs noch irgend etwas zu ändern.»

Lebensweisheit von Buddha geborgtBei solchen Feststellungen kann Daniel Vasella auch auf seine reiche Erfahrung in der Schweizer Wirtschaft zurückgreifen. Ebenso bei seinem Schlusswort, bei dem er sich auf Buddha stützt: «Denk nicht leichtfertig an das Böse und glaube nicht, es komme nicht zu dir. Auch Tropfen um Tropfen kann einen Becher füllen. Ebenso wird ein Mensch ohne Weisheit, der sich mit dem Bösen einlässt, schliesslich voll vom Bösen.»

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