Fusion Deutsche Börse und Euronext wird immer wahrscheinlicher

Nachdem Euronext am Dienstag die Einladung zu Fusionsgesprächen begrüsst hatte und das Projekt zudem Zustimmung in der Politik findet, kündigte die Deutsche Börse die Aufnahme von konkreten Verhandlungen mit der Euronext an. Aus dem Rennen um die Londoner Börse zogen sich die Deutschen dagegen jetzt auch offiziell zurück. Dies war von Experten bereits lange erwartet worden.

Deutsche Börse will konkrete Verhandlungen aufnehmen
Die Aussage von Euronext, mit der Deutschen Börse konstruktiv auf dieses Ziel hinarbeiten zu wollen, werde begrüsst, teilte der deutsche Börsenbetreiber am Mittwoch in Frankfurt mit. «Die Deutsche Börse will konkrete Verhandlungen mit dem Management von Euronext aufnehmen, um einen Zusammenschluss der beiden Unternehmensgruppen als Partner mit dem Ziel zu erreichen, einen weltweiten Marktführer in der Branche zu schaffen.» Der seit November amtierende Deutsche Börse-Chef Reto Francioni hatte im Februar überraschend angekündigt, eine Fusion unter Partnern mit der Euronext anzustreben.

Marktwert beider Unternehmen zusammen bei 19 Milliarden Euro
Fraglich bleibt weiter, wie genau diese Partnerschaft aussehen könnte, da der deutsche Börsenbetreiber unter anderem wegen seines breiter aufgestellten Geschäftsmodells rund 70 Prozent mehr umsetzt, rund 75 Prozent mehr verdient und auch am Aktienmarkt rund 70 Prozent höher bewertet wird. Beide Börsenbetreiber zusammen wären im vergangenen Jahr, in dem beide Rekordergebnisse schafften, auf einen Umsatz von knapp 2,6 Milliarden Euro sowie einen Gewinn von 669 Millionen Euro gekommen. Der Marktwert der beiden Unternehmen liegt derzeit kumuliert bei etwas mehr als 19 Milliarden Euro. Der Kurs der Euronext-Aktie stieg am Mittwoch um bis zu 6,15 Prozent auf 64,70 Euro, während das Papier der Deutschen Börse in den ersten Minuten um bis zu 1,11 Prozent auf 115,47 Euro zulegte.

Kurs der Deutschen Börse nahe beim Rekordhoch
Damit näherte sich der Kurs der Aktie wieder dem am Vortag zwischenzeitlich erreichten Rekordhoch von 116,50. Die Aktien beider Unternehmen eilten in den vergangenen Wochen getragen von immer neuen Fusionsspekulationen von einem Rekordhoch zum nächsten. Francioni lehnte bisher die Abspaltung von profitablen Sparten wie der weltgrössten Terminbörse Eurex und dem Abwicklungsdienstleister kategorisch ab. Euronext-Chef Jean-Francois Theodore hatte sich am Dienstag zu unverzüglichen Gesprächen mit den Deutschen bereit erklärt und kündigte an, mit d er Deutschen Börse bei kreativen Lösungen der bestehenden Differenzen zusammenarbeiten zu wollen. Als «Basis für substanzielle Gespräche» mit Frankfurt nannte Theodore seine bisherigen Fusionsbedingungen.

Euronext besteht auf Sitz in Amsterdam
Euronext besteht darauf, dass eine fusionierte Gesellschaft ihren Sitz nicht in Frankfurt, sondern in Amsterdam hat. Dem Vernehmen nach war die Standortfrage einer der Hauptgründe für das Scheitern erster Gespräche über ein mögliches Zusammengehen der beiden Unternehmen Ende des vergangenen Jahres. Zudem fordert der Euronext-Chef eine konsolidierte Handelsplattform für Aktien und Derivate, wie dies mit den zehn Aktien- bzw. Derivatebörsen von Paris, Lissabon, Brüssel, Amsterdam und Liffe in London erreicht wurde. Die Deutsche Börse besteht bislang auf ihrer Aktien-Handelsplattform Xetra. Am Dienstag hatten die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac eine mögliche Fusion als «interessantes Projekt» bezeichnet.

(awp/mc/hfu)

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