G7 demonstriert Einigkeit in der Krise
«Die G7 verpflichten sich weiter, protektionistische Massnahmen zu vermeiden», hielten sie nach den zweitägigen Beratungen in der Abschlusserklärung lediglich fest. Das Problem dürfte mit diesem Satz kaum gebannt sein. Längst wird unter den G7 über eine zunehmende Marktabschottung gestritten. Da die Finanzkrise die Welt noch längere Zeit im Griff haben wird, wächst die Versuchung in Regierungen, mit staatlichen Hilfsprogrammen massive Schutzwälle um die eigene Wirtschaft zu errichten.
Alte Fehler nicht wiederholen
Finanzminister Peer Steinbrück, der das Reizthema am Freitag und Samstag im Kreise seiner G7-Kollegen als zentrales Thema angesprochen hatte, zog gar Parallelen mit der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren. Die Fehler von damals dürften nicht wiederholt werden, mahnte er. Denn weniger der Crash der New Yorker Börse im Jahr 1929 habe die Turbulenzen massgeblich ausgelöst, als vielmehr eine Politik, mit der Länder auf Kosten anderer Staaten wieder aus Krise kommen wollten.
Doppelstrategie
Und was Steinbrück nun vorschwebt, ist eine Doppelstrategie: «Lass uns das machen, was jetzt vor unseren Füssen liegt». Das meint den von allen getragenen, konzertierten Kampf gegen die Rezession mit allen finanz- und wirtschaftspolitischen Instrumenten. Das Nachdenken über ein Regelwerk für mehr Transparenz in der Finanzbranche, wie in Rom vor allem von Gastgeber Italien propagiert, hat da noch einen Moment mehr Zeit. «Wir müssen auch über den Tisch hinaussehen», dies ist die andere Schiene: «Exit-Strategien» für die Zeit danach, sobald Anti-Krisen-Programme den Markt mit Geld überschwemmt und gewirkt haben.
Protektionismus vermeiden
Die Bekenntnisse zum freien Handel und zu offenen Märkten gehören dieser Tage zum festen Repertoire von Politikern weltweit. Niemand bestreitet, dass die grösste Gefahr für eine sich wieder erholende Wirtschaft von einer Abschottung nationaler Märkte ausgeht. Das verhindert aber nicht, dass angesichts der schweren Wirtschaftskrise der Protektionismus weltweit wieder auf dem Vormarsch ist.
Diplomatie herrscht vor
In Rom vermieden die G7-Partner gegenseitige öffentliche Vorwürfe. Auch beim Abendessen der mächtigen Runde in der mondänen «Villa Madama» aus dem 16. Jahrhundert auf einem Hügel über der italienischen Hauptstadt wurden klare Worte eher höflich umgangen. Und Steinbrück war begeistert von seinem «unkomplizierten» Plausch mit dem neuen US-Finanzminister Timothy Geithner und dessen Zusage, die USA wollten sich auch in der Handelspolitik nicht abschotten.
USA: Diskussion über Buy American»-Klausel
Dabei wird in den USA im Zuge des gigantisches staatlichen Konjunkturprogramms von knapp 790 Milliarden Dollar durchaus über eine «Buy American»-Klausel diskutiert. Es gab zuletzt Befürchtungen, die USA könnten einheimische Firmen bei Aufträgen bevorzugen. Und Frankreich steht in der Kritik, weil die Milliardenhilfen an einheimische Autobauer an Bedingungen geknüpft sind.
«Koordination und Expertise unverzichtbar»
Vor dem nächsten Welt-Finanzgipfel der in der Gruppe G20 zusammengeschlossenen wichtigsten Industrie- und Schwellenländer Anfang April liessen sich Steinbrück & Co. ihr Meeting im kleineren Format nicht miesmachen. Auf die Frage, ob es nicht doch langweilig gewesen sei und das G7-Format in Zeiten verschärfter Krise und immer mächtigerer Schwellenländer überholt sei, konterte der Sozialdemokrat: «Koordination und Expertise» der klassischen Industrieländer seien unverzichtbar. Dann aber doch: «Vom G20-Format können wir nicht mehr Abschied nehmen.» Wenn es um globale Krisen, das Klima und die Umwelt geht, greift die klassische Siebener-Besetzung schlichtweg zu kurz. (awp/mc/ps/03)