Der Ständerat beschloss aber auch, dass der Bundesrat Investitionen in erneuerbare Energien als Kompensationsmassnahmen anrechnen können soll. Für diese Regelung sprach sich der Rat mit 16 zu 15 Stimmen aus. Mit diesem Zusatz sei der Bau von Gaskombikraftwerken doch noch möglich, sagte Energieminister Moritz Leuenberger.
Gaskombikraftwerke mit dem Entscheid vom Tisch
Verschiedene Redner hatten davor gewarnt, Gaskombikraftwerke zu verunmöglichen: «Wir wollen keine Gaskombikraftwerke, wir wollen keine Atomkraftwerke, wir wollen keine Stromlücke», stellte Konrad Graber (CVP/LU) fest. Rolf Schweiger (FDP/ZG) sagte, mit dem Entscheid zur Kompensation im Inland seien Gaskombikraftwerke vom Tisch.
Widerstand der Atomlobby und von Klimaschützern
Hintergrund der Debatte um neue Gaskombikraftwerke bildet der Widerstand der Atomlobby und der Klimaschützer gegen fossil-thermische Kraftwerke. Erstere befürchten, dass bei einem Bau solcher Kraftwerke die Chancen ihrer AKW-Projekte geschmälert werden. Letzere wollen die CO2-Schleudern wegen des Klimawandels verhindern.
Umstrittene Gaskombikraftwerke
Wie die Gaskombikraftwerke sind auch neue AKWs umstritten. Zurzeit liegen drei Gesuche auf dem Tisch. Die Stromkonzerne Axpo, Alpiq und BKW sind alle interessiert am Bau eines AKW. Pankraz Freitag (FDP/GL), der Mitglied des Axpo-Verwaltungsrates ist, sagte am Dienstag, im Grundsatz hätten sie sich geeinigt. Demnach soll jedes AKW unter Beteiligung der drei grossen Stromfirmen gebaut werden. Es werde sich um «Partnerwerke» handeln, sagte Freitag.
BKW-Projekt in Utzenstorf bleibt in der Schublade
Der Berner Energiekonzern BKW hält nach dem Entscheid des Ständerates zwar am geplanten Gaskombikraftwerk in Utzenstorf fest, das Projekt ist jedoch schubladisiert. Gasnutzung sei für die BKW weiterhin eine Option, sagte BKW-Pressesprecher Antonio Sommavilla am Dienstag auf Anfrage. Im Grundsatz halte die BKW am Projekt in Utzenstorf fest. Solange die Rahmenbedingungen aber nicht günstig seien, bleibe es in der Schublade. Dorthin war es schon vergangenen Sommer gewandert, als der Ständerat entschieden hatte, die Teilrevision des CO2-Gesetzes zurückzustellen.
Aargau beginnt mit Richtplanverfahren für neues AKW Beznau
Währenddessen startet der Kanton Aargau das Richtplanverfahen für das geplante neue AKW auf der Aareinsel Beznau in der Gemeinde Döttingen. Der Regierungsrat will im Richtplan eine Flusswasserkühlung ausschliessen. Er setzt auf ein Kühlsystem ohne Dampffahne. Das Kühlsystem sei so auszulegen, dass keine störende Dampffahne entstehen könne. Dies geht aus den am Dienstag vom kantonalen Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) veröffentlichten Unterlagen hervor.
Eine direkte Flusswasserkühlung sei ausgeschlossen. Ein Teil der AKW-Abwärme soll für das seit 1983 bestehende regionale Fernwärmeprojekt genutzt werden, wie es in den Planungsgrundsätzen weiter heisst.
Keine Dampffahne
Das von der Axpo geplante Ersatz-AKW für die beiden flusswassergekühlten Atomrektoren Beznau I und II sieht im Rahmenbewilligungsgesuch einen so genannten Hybridkühlturm vor. Im rund 60 Meter hohen Turm soll die feuchte Luft abgetrocknet werden. Dieses Verfahren verhindert weitgehend, dass eine Dampffahne entsteht.
Finanzielle Abgeltungen für regionale Gemeinden
Allfällige finanzielle Abgeltungen der Standortvorteile sollen gemäss Regierungsrat zugunsten der regionalen Gemeinden ausgerichtet werden. Das Ersatz-AKW müsse sich architektonisch «bestmöglich im die Aarelandschaft» einpassen. Falls neue Freileitungen für die Stromabfuhr notwendig sind, soll die bestehende Netzinfrastruktur gesamthaft optimiert wird. Auch will der Regierungsrat, dass auf die in einem Betriebsreglement des Flughafens Zürich festgelegte Flugroute über die Insel Beznau verzichtet wird.
Vernehmlassung dauert bis 14. Juni
Der Kanton schickt die Anpassung des Richtplans am kommenden Montag an in eine Vernehmlassung, die bis zum 14. Juni dauert. Jedermann ist zu Einwendungen und Vorschlägen berechtigt. Über den Richtplan, bei dem es nicht um Sicherheitsfragen geht, wird letztlich das Kantonsparlament entscheiden.
Leichtwasserreaktor mit einer Leistung von 1450 Megawatt
Der Energiekonzern Axpo hatte im Dezember 2008 über die Planungsgesellschaft Resun AG das Rahmenbewilligungsgesuch für ein neues AKW in Beznau beim Bundesamt für Energie (BFE) eingereicht. Geplant ist auf der Aareinsel ein Leichtwasserreaktor mit einer Leistung von 1450 Megawatt (MW). Beim BFE liegen auch die Rahmbewilligungsgesuche der BKW für ein neues AKW in Mühleberg BE und der Alpiq in Gösgen SO. Der Bundesrat wird über die insgesamt drei Gesuche frühestens Mitte 2012 entscheiden.
Ein vom Bundesrat bewilligtes Rahmenbewilligungsgesuch benötigt die Zustimmung des Parlamentes. Eine eidgenössische Referendumsabstimmung über ein neues AKW wird gemäss BFE frühestens Ende 2013 stattfinden. (awp/mc/pg/25)