Geberit-Chef Günter Kelm: «Wir sind keine Missionare»
Anlässlich des Herbst-Dialogs 2003 versprühte Geberit-CEO Günter Kelm viel Zuversicht. Wie es das Unternehmen schafft, seine WC-Spülkästen sowohl in Polen als auch in China an den Mann und die Frau zu bringen, erklärt Kelm im Moneycab-Interview.
Von Tobias Billeter
Geberit-CEO Günter F. Kelm (pd)
Moneycab: Herr Kelm, Geberit bewegt sich in Märkten wie Japan oder Frankreich, die kulturell nicht unterschiedlicher sein könnten. Wie schafft es ein KMU mit Sitz in Jona, auf so vielen Hochzeiten erfolgreich zu tanzen?
Günter F. Kelm: Dazu sage ich immer gerne: wir sind multidomestik. Überall wo wir Geschäfte machen sind wir auch zu Hause. Alle lokalen Vertriebsgesellschaften haben im Rahmen des Innovationsprozesses die Aufgabe, die spezifischen Bedürfnisse in ihrem Markt auszukundschaften und dann in Produkten umzusetzen. Ich glaube, das ist eines unserer Geheimnisse. Wir treten weltweit nicht als Missionar auf, sondern versuchen die unterschiedlichsten Bedürfnisse marktspezifisch zu erfüllen.
Wer einen WC-Spülkasten für den deutschen, den italienischen und den japanischen Markt entwickelt, der hat dementsprechend hohe Entwicklungskosten. Wie kriegen Sie dieses Problem in den Griff?
Das ist der Erfolg unseres Produktmanagements. Hier in Jona laufen die verschiedensten Wünsche aus den unterschiedlichsten Regionen der Welt zusammen. Unsere Ingenieure haben die kreative Aufgabe eine Art Plattform von Produkten zu schaffen, die wir kostengünstig herstellen können, die aber dennoch in der letzten Phase ihrer Entstehung zu spezifischen Produkten vollendet werden können. Wie sieht es mit Produktionsstandorten aus? Erste Produkte aus ihren chinesischen Fabriken gelangen demnächst auf den Markt.
In der Region Shanghai haben wir zwei grosse Fabriken aufgebaut. Diese sind auf einem guten technologischen Stand und produzieren in erster Linie für den chinesischen Markt Innengarnituren für Spülkästen. Zum anderen werden wir auch bestimmte Produkte, die auf dem Weltmarkt verkauft werden können, ebenfalls in China produzieren.Heisst das, dass Geberit Teile der Produktion in Billiglohnländer verlegt?
Nun, es gibt einige Produkte, die wir in China herstellen werden – wie das neue Druckventil. Einen gewichtigen Teil unserer Produkte werden aber weiterhin in unseren hoch automatisierten Produktionsstätten in Europa fertigen. Seit der Akquisition von Chicago Faucet (CFC) im Vorjahr ist Geberit auch im US-Markt aktiv. Wie Sie betont haben, läuft das Geschäft aber noch nicht nach Wunsch. Wie wollen Sie das US-Business vorantreiben?
Im Augenblick haben wir im öffentlichen Bereich, wo wir derzeit aktiv sind, das Problem, dass den amerikanischen Gemeinden für die Rennovation von Schulen, Spitälern und öffentlichen Gebäuden nicht genügend Geld zur Verfügung steht. Aber diese Situation wird nicht ewig andauern. Parallel dazu haben wir den grossen Aussendienst, der uns in Form der Sales Representatives zur Verfügung steht, intensiv geschult. Die Leute verkaufen jetzt neben CFC- auch Geberit-Produkte. Wann erwarten Sie erste Fortschritte?
Wie uns die amerikanischen Kollegen berichten sind wir in vielen Projekten drin. Allerdings dauert es eine gewisse Zeit, bis aus diesen Projekten Aufträge werden. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir im Verlauf des nächsten Jahres wieder Wachstum erzeugen können.In Osteuropa hingegen sind Sie sehr erfolgreich. Wie kommt es, dass die Geberit-Spülkästen auch in Polen auf eine grosse Nachfrage stossen?
Das ist eine Frage der Marktbearbeitung und auch eine Frage, ob diese Produkte den Endverbraucher und den Installateur überzeugen. Wenn ein Produkt schneller zu installieren und leichter zu pflegen ist, dann entsteht Nachfrage.Tragen nicht auch Gastarbeiter, die in Deutschland, der Schweiz oder Österreich arbeiten, dieses Wissen in ihre Heimatländer?
Das kommt sicherlich hinzu. Die direkte Bearbeitung des Marktes sowie die Schulung der Marktteilnehmer vor Ort sind aber weitaus wichtiger. Tobias Billeter (swisscontent)