Geldnot bringt US-Staaten in Bedrängnis

Gefängnisse stehen im Westen der USA vor der Privatisierung, Naturparks vor der Schliessung. Und Kalifornien ist beileibe nicht alleine. Beinahe jeder US-Staat stöhnt als Folge der schwersten Rezession seit Jahrzehnten unter heftigsten Finanznöten, massive Einnahmeausfälle durch wegbrechende Mehrwert- und Einkommensteuer zerren an den Nerven.


Keine Besserung in Sicht
Es sei kaum damit zu rechnen, dass sich die klamme Lage in absehbarer Zeit bessert, befürchtet Katherine Willoughby, Professorin für öffentliche Verwaltung an der Universität von Georgia. «Den Bundesstaaten steht ein sehr, sehr harter Ritt bevor», sagte sie dem «Wall Street Journal». Viele planen harte Etateinschnitte, etwa die Hälfte der insgesamt 50 Staaten hob in diesem Jahre bereits Steuern und Gebühren an. Rund ein halbes Dutzend Staaten hatte zum Start des Fiskaljahres am 1. Juli keinen verabschiedeten Haushalt – so viele wie noch nie seit dem Rezessions-Etatjahr 2003.


Erhöhung der Einkommenssteuer
In Pennsylvania ringt Gouverneur Ed Rendell mit dem Parlament um eine Erhöhung der Einkommensteuer. In Ohio will Gouverneur Ted Strickland gegen den Widerstand des Senats Spielautomaten an den sieben Pferderennbahnen des Staates aufstellen, um die Staatskasse aufzubessern. Schulen in Minnesota müssen länger auf Geld warten, bei Bildung, Gesundheit und Sozialprogrammen regiert der Rotstift.


Dramatische Lage in Kalifornien
Doch nirgendwo ist die Lage so dramatisch wie in Kalifornien. Die Arbeitslosigkeit dort liegt bei 11,5 Prozent, landesweit stieg die Quote im Juni auf «nur» 9,5 Prozent. Der Westküstenstaat stöhnt unter massenhaften Zwangsversteigerungen als Folge der Immobilienkrise. Notmassnahmen wie die geplante Ausgabe von Schuldscheinen drohen die Situation indes weiter zu verschlimmern. Wenn Finanzchef John Chiang tatsächlich sogenannte «IOUs» in angepeilter Höhe von insgesamt 3,4 Milliarden Dollar (2,4 Milliarden Euro) an Handwerker, Stipendienempfänger oder Lokalverwaltungen verschickt, stehen an der Westküste satte Zusatzausgaben für künftige Zinszahlungen ins Haus. Schon brachte Schwarzenegger, der als Gouverneur zunehmend glücklos erscheint, den Verkauf von Staatsgebäuden in die Debatte, darunter auch das Sportstadion Los Angeles Coliseum, um das Haushaltsloch in den Griff zu bekommen, das er bis Juni 2010 auf 26,3 Milliarden Dollar (18,8 Milliarden Euro) beziffert. Bedürftige müssen sich mit dem Gedanken an heftige Streichungen anfreunden, ebenso wie Kaliforniens Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen.


«Paradies» in North Dakota
Geradezu paradiesisch nehmen sich hingegen die Zustände in den Bundesstaaten North Dakota und Wyoming aus, beide eher bekannt für Naturschönheiten denn wirtschaftliche Leistungskraft. Die US-Dachorganisation der Gouverneure, National Governors Association (NGA), nennt sie relativ helle Lichtblicke inmitten einer rezessionsgeplagten Nation. Dank Bodenschätzen wie Öl und deutlich gestiegener Preise für Agrargüter rechnen North Dakota und Wyoming in diesem Jahr mit mehr Einnahmen als prognostiziert.


Wegen des jüngsten Rohstoff-Booms war North Dakota im vorigen Jahr sogar mit einem Plus von 7,3 Prozent der wirtschaftlich am schnellsten wachsende US-Staat. Schul- und Bildungsprogramme, der Gesundheitssektor und Infrastrukturprogramme – alle werden über Plan bedacht. Im April lag die Arbeitslosenquote bei traumhaften vier Prozent. «Wir sollten alle nach North Dakota ziehen», seufzte vor wenigen Wochen NGA-Exekutivdirektor Raymond Scheppach. (awp/mc/pg/34)

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