Hügli will daher die Schweizerischen Fachempfehlungen zur Rechnungslegung anwenden. «Die Umstellung bezieht sich in unserem Fall im Wesentlichen auf die Verbuchung des Goodwills und kostet uns nichts, der interne und externe Aufwand wird jedoch geringer», sagte Hügli-Finanzchef Andreas Seibold der Nachrichtenagentur SDA. Das Resultat wird am 14. August erstmals zu sehen sein, wenn das Unternehmen seinen Halbjahresbericht veröffentlicht.
Aktionärsstruktur entscheidend
Hauptgrund für den Wechsel ist die zunehmende Regelungsdichte von IFRS. «So, wie sich die IFRS weiterentwickeln, wird das Regelwerk immer mehr zum Totschläger,» sagt Seibold. Das inzwischen bald 3000-seitige Regelwerk entwickle sich für ein mittelgrosses Unternehmen wie Hügli «in die falsche Richtung». Den Entscheid von Hügli kann Thomas Schmid, Leiter der IFRS-Abteilung beim Beratungsunternehmen KPMG, nachvollziehen. «Es gibt einige, vor allem auf die Schweiz fokussierte Firmen, die sich einen Wechsel von IFRS zu Swiss GAAP FER überlegen», sagt Schmid weiter. Es sei aber offen, wie viele tatsächlich wechselten.
Swiss GAAP FER besser auf CH-Unternehmen zugeschnitten
Dass Swiss GAAP FER deutlich stärker auf Schweizer Unternehmen zugeschnitten sei, merke man insbesondere bei der einfacheren Verbuchung der Pensionskasse. Auch die Anhang-Informationen müssten bei der Schweizer Lösung viel weniger detailliert dargestellt werden. Dadurch müsse weniger offengelegt werden. «Das Schweizer Modell will nicht Nestlé oder Roche bedienen, sondern hat KMU im Fokus», erklärt Schmid. Zudem spiele die Aktionärsstruktur des jeweiligen Unternehmens eine entscheidende Rolle. Wenn ein Unternehmen internationale Investoren habe oder suche, entscheide es sich eher für IFRS. «Ein Aktionär aus London versteht Swiss GAAP FER nicht,» sagt Schmid.
Unbeständigkeit bei IFRS als Nachteil
Auch Daniel Suter, Swiss GAAP FER-Spezialist beim Beratungsunternehmen PwC, stellt ein verstärktes Interesse am Schweizer Modell fest. Suter: «Es ist auffällig, wie viele börsenkotierte, mittelgrosse Unternehmen in diesem Jahr über einen Wechsel zu Swiss GAAP FER nachdenken». Ein grosser Nachteil von IFRS sei seine Unbeständigkeit. «Sie können bei IFRS nicht davon ausgehen, dass in einem Jahr noch dieselben Vorschriften gelten. Die Normen werden permanent überprüft und entsprechend oft geändert,» sagt Suter. Für Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 100 und 500 Mio. Franken sei dies oft eine zu grosse Belastung.
Keine Alternative
Dies hat inzwischen selbst die Herausgeberin der IFRS-Regeln, die IASB (International Accounting Standards Board), erkannt. Sie publizierte Anfangs Juli eine KMU-Version (IFRS for SMEs). Für börsenkotierte Unternehmen ist diese jedoch keine Alternative, weil sie für den Domestic Standard (Local Caps) der Schweizer Börse nicht zugelassen ist – im Gegensatz zum Swiss GAAP FER. Doch für das Hauptsegment (Main Standard) gilt nach wie vor: Entweder IFRS oder US-GAAP. Daher hat die Änderung der Rechnungslegung für Hügli zur Folge, dass das Unternehmen vom Hauptsegment zum Domestic Standard umgesiedelt wird. Für die Hügli-Aktionäre hat dies laut Seibold jedoch keinerlei Auswirkungen. (awp/mc/ps/16)