Georg Portmann, CEO CSS

von Patrick Gunti


Herr Portmann, mit der Übernahme der Intras – die Zustimmung der zuständigen Behörden vorausgesetzt – wird die CSS in der Grundversicherung zur grössten Krankenkasse der Schweiz. Wie wichtig ist die nun erreichte Grösse für die CSS?


Grösse spielt in Zukunft eine wichtige Rolle. Es braucht eine gewisse Grösse, eine wirtschaftliche Bedeutung, wenn wir Verhandlungen mit den Leistungserbringern erfolgreich führen und gemeinsam neue Zusammenarbeitsformen und Versicherungsmodelle entwickeln wollen. Grösse ist zudem ein entscheidender Faktor, um unsere Kompetenzen im Bereich Managed Care auszubauen, um das Prämienniveau zu beeinflussen und bei der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens auch politisch Gehör zu erhalten. Kurzum: Grösse ist wichtig, damit wir uns für einen sinnvollen Wettbewerb zu Gunsten der Kunden engagieren können.

Welche Vorteile ergeben sich durch die Übernahme für die CSS, wo können beispielsweise durch Synergien kosten gespart werden?


Die Grösse der CSS Gruppe ermöglicht Synergien im Management der  Leistungskosten, im sogenannten Care-Management, das vereinfacht ausgedrückt die Begleitung und Betreuung der Patienten beinhaltet. Grösse ermöglicht aber auch Skaleneffekte im Bereich Informatik sowie in rückwärtigen Diensten. Diese werden im Rahmen der Konkretisierung des Zusammenschlusses systematisch analysiert und umgesetzt. Damit entstehen Kosteneinsparungen, die sich mittel- und langfristig zugunsten der Versicherten auswirken. 


Wo liegen die Vorteile im Bereich der Zusammenarbeit mit dem Gesundheitswesen?

Mit der Ablehnung der Einheitskasse im vergangnen März hat das Schweizer Volk klar zu verstehen gegeben, dass es den Wettbewerb zwischen den Krankenversicherern und eine Liberalisierung des Gesundheitsmarktes wünscht. Das Parlament befasst sich zurzeit mit Vorschlägen zur Revision des KVG – dabei geht es um Spital- und Pflegefinanzierung, um den Risikoausgleich, die Vertragsfreiheit und um die Förderung von Managed Care. Das sind erste Schritte in Richtung von echtem Wettbewerb im Gesundheitswesen.


Die CSS ist überzeugt: Die Zukunft der Krankenversicherung wird den Netzwerken gehören. Wir werden uns zusammen mit Intras noch stärker für eine Weiterentwicklung des Schweizer Gesundheitswesens einsetzen. Wir werden noch konsequenter den Netzwerk-Gedanken fördern und ihm – hoffentlich – zum Durchbruch verhelfen. Auch hier haben wir einen klaren Ansatz: Wir wollen mit allen Partnern gemeinsam – also vor allem auch mit Spitälern, Ärzten oder Apothekern – das Gesundheitswesen weiterentwickeln und das Kostenwachstum im Rahmen behalten. Mit «im Rahmen behalten» meine ich: Die Ausgaben für das Gesundheitswesen sollen in Zukunft nicht stärker steigen als das Bruttoinlandprodukt. Es ist allerdings eine Illusion zu glauben, dass die Kosten und damit die Prämien in Anbetracht der steigenden Ansprüche der Versicherten, der Alterung der Gesellschaft und der medizinisch-technologischen Entwicklung zurückgehen werden.


«Mittelfristig schliesse ich weitere Übernahmen oder Zusammenschlüsse nicht aus.» (Georg Portmann, CEO CSS)


Was waren die Gründe, gerade die Intras zu übernehmen?

Die Intras und die CSS passen ganz einfach sehr gut zueiander. Die Intras ist ein Krankenversicherer, der auf dem Markt einen hervorragenden Ruf geniesst: Kundenfreundlich, innovativ und mit sehr guten Management-Kompetenzen. Dazu kommt, dass wir uns hervorragend ergänzen. Die Produkte der Intras und die Vetriebskanäle passen perfekt zueinander: Die CSS verfügt über ein sehr dichtes Agenturnetz mit rund 200 Agenturen, Intras hat ein sehr starkes Kollektivgeschäft und sehr gut funktionierende alternative Kanäle. Und last but not least: In den Gesprächen mit der Intras war schnell spürbar, dass da eine gemeinsame Philosophie, eine gemeinsame Grundlage vorhanden war, wie wir die Zukunft angehen wollen.


Die neue Gruppe zählt 1,6 Mio. Versicherte, davon 1,3 Mio. in der Grundversicherung, und ein Prämienvolumen von 4,5 Mrd. Franken. Sind weitere Übernahmen geplant?


Im Moment steht für uns die Integration der Intras in die CSS Gruppe im Vordergrund. Wir wollen eine gemeinsame Marktstrategie entwickeln und alles daransetzen, den Kunden durch diesen Zusammenschluss einen Mehrwert zu bieten. Mittelfristig schliesse ich weitere Übernahmen oder Zusammenschlüsse nicht aus.


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Bringt Grösse eher höhere Gewinne oder eher günstigere Prämien? Oder anders gefragt, was haben die Versicherten von dieser Übernahme?


Wichtig ist zuerst einmal der Unterschied zwischen Grund- und Zusatzversicherung. In der Grundversicherung sind wir Non-Profit-Unternehmen, das heisst: Jeder Gewinn kommt den Kunden in Form von günstigeren Prämien zugute. Im Zentrum muss für uns immer die Kundin, der Kunde stehen. Die Versicherten der neuen Gruppe profitieren einerseits von einer grösseren Angebotspalette, aber auch von erweiterten Dienstleistungen. Dazu kommt, dass wir mit Skaleneffekten und einer stärkeren Verhandlungsposition auch bessere Preise zugunsten der Kunden aushandeln können. Insgesamt gibt den Kunden dieser Zusammenschluss aber auch längerfristige Sicherheit und Stabilität.


Wie verändert sich durch die Übernahme die Versichertenstruktur der CSS?

Insgesamt verbessert sich die Struktur leicht. Ein Indikator für die Versichertenstruktur ist der sogenannte Risikoausgleich. Die CSS ist Empfänger des Risikoausgleichs, das heisst, sie verfügt tendenziell eher über ältere Versicherte, die Intras ist Zahler in den Risikoausgleich, das bedeutet, dass sie eher jüngere Versicherte in ihrem Kollektiv hat. Insgesamt haben wir eine gute Durchmischung mit einem Durchschnittsalter von rund 38 Jahren. Wichtig ist für mich aber, dass wir ältere und jüngere, gesunde und kranke Versicherte gleich gut behandeln. Ein holländischer Gesundheitsökonom hat einmal gesagt: Der Risikoausgleich ist dann perfekt, wenn die Krankenkassen werben: Ältere und kranke Leute kommt zu uns, wir haben die besten Behandlungs- und Begleitungsprogramme für sie. Das ist für mich volkswirtschaftlich sinnvoller Wettbewerb und dafür setzen wir uns ein.


Der Versichertenverband kritisiert, der Zusammenschluss zeige, dass die angebliche Konkurrenz zwischen den Kassen eine Täuschung sei. Was entgegnen Sie dieser Kritik?

Man muss aufpassen, wenn man hier zitiert. Sie sprechen von der Assuas, einer kleinen Westschweizer Gruppe, die sich sehr stark für die Einheitskasse und damit für einen Weg in die Planwirtschaft engagiert hat. Das Schweizer Stimmvolk hat sich jedoch mit überwältigender Mehrheit für ein wettbewerbliches System ausgesprochen. Und dieser Zusammenschluss zeigt ja genau, dass der Wettbewerb funktioniert. Man sucht Lösungen, um die Interessen der Versicherten noch stärker vertreten zu können. Ein Moloch einer Einheitskasse hätte solche Strategien ja gar nicht nötig, weil jeder bei ihm versichert wäre. Also noch einmal: Die Konkurrenz sorgt dafür, dass man sich immer am Kunden ausrichtet und alles daransetzt, ein möglichst gutes Preis-Leistungsverhältnis zu bieten. Und daran ändert auch der Konzentrationsprozess nichts, im Gegenteil. Schauen Sie die Telekommunikation an. Ein paar Anbieter buhlen um die Kunden und versuchen sich mit Dienstleistungen, Professionalität und tiefen Preisen gegenseitig zu übertrumpfen. Das ist Wettbewerb im Sinne der Kunden.

Wie wird Ihrer Meinung nach der Konsolidierungsprozess in der Branche weiter verlaufen?


Wir beurteilen die Situation so, dass der Konzentrationsprozess noch weitergehen wird. Vor rund 40 Jahren gab es 1000 Krankenversicherer, heute sind es noch 90 und in 20 Jahren werden es vielleicht noch 10 bis 20 sein. Die genaue Anzahl spielt allerdings eine untergeordnete Rolle. Wichtig ist, dass es Konkurrenz und Wettbewerb gibt zwischen den Playern. Auch kleinere Kassen können dabei eine wichtige Rolle spielen – indem sie zum Beispiel als Nischenplayer eine Marktlücke füllen. Das hängt alles von der gewählten Strategie ab und davon, ob und in welcher Form die Kunden einen Mehrwert erhalten. Nur das ist entscheidend.


Herr Portmann, besten Dank für das Interview






Zum Unternehmen
Die neue CSS Gruppe wird mit INTRAS annähernd 1,6 Millionen Versicherte zählen. Versichert werden auch mehr als 15’000 Unternehmen mit total 300’000 Versicherten. Die jährlichen Prämieneinnahmen werden sich auf mehr als 4,5 Milliarden Franken belaufen. Mit INTRAS wird die neue CSS Gruppe im Bereich der obligatorischen Krankenversicherung mit 1,34 Millionen Versicherten (Stand 31.12.2006) die neue Nummer 1 im Schweizer Krankenversicherungsmarkt.


Zur Person:
Georg Portmann (52) ist seit sechs Jahren CEO der CSS Gruppe. Der gebürtige Luzerner ist Betriebsökonom HWV, dipl. Non-Profit-Manager (Universität Freiburg) und absolvierte unter anderem auch einen Weiterbildungslehrgang zum Verwaltungsrat. Georg Portmann ist Vater von drei Kindern, passionierter Motrorradfahrer und lebt in Siebnen im Kanton Schwyz.

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