Dies sagte Hans-Peter Münger, Leiter der PWC-Gesundheitsberatung, und beszog sich dabei namentlich auf Dänemark und die Niederlande. Ineffizienz, Kantönligeist und zögerliches Anpacken von Reformen verschlängen jährlich rund ein Prozent des Bruttoinlandprodukts – also etwa 4,5 Mrd CHF.
Nötig wäre eine grossräumigere Planung. Schwerpunktspitäler etwa sollten Regionen über die Kantonsgrenzen hinweg versorgen. Und nicht alle müssten alles anbieten. Dabei gehe es durchaus nicht bloss um die hochspezialisierte Medizin wie etwa Transplantationen. Diese, im Einzelfall zwar teuer, fielen wegen ihrer geringen Anzahl für die Gesamtkosten nicht gross ins Gewicht.
Zu viele Spitäler mit Herzchirurgie
Anderseits böten in der Schweiz mit ihren grade mal 7,5 Mio Einwohnerinnen und Einwohnern 16 Spitäler eine Herzchirurgie an, wo eigentlich acht Standorte durchaus genügten, sagte Münger. Dies treibe die Kosten enorm in die Höhe: «Wir sind zu grosszügig mit uns». Rodolfo Gerber, Partner und Leiter Gesundheitswesen bei PWC, räumte ein, es gebe keine kurzfristig greifenden Patentlösungen, um die ständig steigenden Kosten im Gesundheitswesen in den Griff zu bekommen. Nötig seien «eine Vielzahl einzelner Massnahmen». Vor allem müsse man die «Verkrampfung unter den Playern aufbrechen». An ihre Stelle müsse die Bereitschaft treten, miteinander zu reden. Reformen seien wichtig für Innovation und Wettbewerb.
Kompatible IT-Netzwerke fehlen
Für die Gestaltung eines künftigen Gesundheitswesens schlug Gerber beispielsweise ein Anreizsystem vor, wonach Ärzte und Spitäler mehr «ergebnisorientiert» als «volumenorientiert» entschädigt würden. Auch eine Umverteilung der Mittel zu Gunsten der Prävention wäre ein Ansatzpunkt. Viele Mehrspurigkeiten und Missverständnisse könnten durch die Einführung kompatibler IT-Netzwerke vermieden werden: Sie würden den raschen, unkomplizierten Austausch von Daten unter verschiedenen Leistungserbringern ermöglichen. Auch «Telemedizin» ist laut den PWC-Fachleuten kein Tabu – wenn sie kontrolliert und seriös eingesetzt wird. Gefährlich und kontraproduktiv kann es allerdings werden, wenn Personen mit Beschwerden via Internet auf eigene Faust Diagnosen stellen und sich gleich selbst Medikamente verschreiben und bestellen.
Mehr Eigenverantwortung auf Patientenseite
Laut Wirtschaftsprüferin Petra Borner sind rund 50% der im Internet verkauften Medikamente nicht korrekt zusammengesetzt oder dosiert. Die Patienten riskierten also, erst recht krank zu werden, was wiederum Kosten verursache. Anderseits sei der Patient von heute auch informierter und aktiver an Entscheiden beteiligt. Insgesamt sagen die PWC-Fachleute für die Zukunft ein Gesundheitswesen voraus, das stärker als heute auf die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Patienten ausgerichtet ist. Allerdings müssen diese auch mehr Eigenverantwortung wahrnehmen. Dies geht aus einer PWC-Studie zum Gesundheitswesen im Jahr 2020 hervor. Sie basiert auf Befragungen von Gesundheitsexperten in elf Ländern – ohne die Schweiz. (awp/mc/ps/21)