Von Helmuth Fuchs
Wahrscheinlich nicht viel. Für die Frauen ist es ein guter Tag. Erstmals stellen sie die Mehrheit im Bundesrat. Würden einfach die Besten gewählt, wäre das Faktum der Frauenmehrheit kaum der Rede wert. Zwar betonten alle Befragten im Vorfeld immer fleissig, dass die Geschlechterfrage natürlich überhaupt kein Thema sei. Nur schon die angestrengte Betonung zeugt vom Gegenteil. Nachdem über Jahrzehnte die Frauen von der Wahl ausgeschlossen waren, haben Sie sich Schritt für Schritt ins Zentrum der Macht bewegt und ernten jetzt zu Recht die Früchte harter und ausdauernder Arbeit.
Die Besten, aber wofür?
Das Grundproblem mit der Bundesratswahl wurde aber auch bei dieser Wahl noch nicht angegangen. Es werden nicht die Besten gewählt, da dies vom System her gar nicht möglich ist. Die Mitglieder der beiden Kammern wählen Bundesräte, welche dem kleinsten Nenner der Wählbarkeit aller Wählenden entsprechen, Bundesräte, welche die parteipolitischen Ränkespiele überleben, in die Planspiele der Parteistrategen passen und in ihrer Karriere nicht zu viel Geschirr zerschlagen haben. Und das Fatalste: Es werden Vertreterinnen und Vertreter in ein Amt gewählt, das zum Zeitpunkt der Wahl noch gar nicht bekannt ist. Jede Führungsperson würde ein solches Vorgehen im Privatbereich als absolut absurd abtun.
Folkloremässiges Wahlverfahren
Niemand stellt im Berufsleben einfach mal jemanden ein und sucht im Unternehmen dann eine Aufgabe für die Person. Im Mittelpunkt sollten die kurz- und mittelfristig wichtigsten Aufgaben stehen, die Liste der zu lösenden Probleme. Dann sucht man sich diejenige Person, welche die besten Fähigkeiten, den passendsten Erfahrungshintergrund und die für das Unternehmen wichtigen Werte und menschlichen Eigenschaften mitbringt. Bei bedeutenden Aufgaben nimmt man anerkannte Assessment Methoden zu Hilfe, lässt die Kandidatin mit entscheidenden Vertretern des Unternehmens Gespräche führen. Wieso fallen wir bei der Besetzung der bedeutendsten Positionen, welche unser Land zu vergeben hat, in ein schon fast folkloremässiges Verhalten und wählen Personen, ohne nur schon ihre zukünftigen Aufgaben zu kennen? Da nützen dann auch die gebetsmühleartigen Bescheinigungen nichts, dass man jetzt absolute Spitzenkandidaten gewählt habe. Spitze wofür? Eine Konsumentenschützerin und Pianistin als Vorsteherin des Amtes für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport? Einen Dichter und Denker haben wir jetzt nach langer Leidenszeit gerade im UVEK überstanden.
Arroganz der Alleskönner
Es zeugt auch von einer ziemlichen Arroganz der Räte und Kandidaten, dass sie glauben, sie könnten alle Alles. In der Privatwirtschaft muss man sich über gezielte Ausbildung, langjährige Arbeit im Themengebiet und Bestätigungen und Prüfungen auf eine höhere Aufgabe vorbereiten. Finanzminister soll man dann aber ohne spezielle Ausbildung werden können, Wirtschaftsministerin über die richtige Mischung von Geschlecht, Muttersprache und Parteizugehörigkeit? Die Schweiz steht vor enormen Aufgaben in der Behauptung ihrer Rolle in Europa und der Welt, im Umgang mit seinen tradierten Werten, in der Eingliederung von Einwanderern oder in der Definition des Werk- Denk- und Arbeitsplatzes. Die Wahl der wichtigsten Vertreter der Schweiz, unserer führenden Köpfe, sollte der Bedeutung dieser Aufgaben entsprechen. Mit dem heutigen System werden wir diesem Anspruch nicht gerecht und ob es die Kandidaten werden ist mehr ein Zufallsergebnis als ein ernsthaft gestalteter Prozess.
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