Google geht im Zensur-Streit auf Konfrontation mit Peking

Mit einem Trick will Google einen Fuss im Markt behalten: Nutzer von Google.cn werden seit Montagabend auf die Google-Server in Hongkong umgeleitet. Die chinesische Regierung sprach von «unerhörten Anschuldigungen und Verhalten». Google habe «seine schriftlich gegebenen Zusagen» nicht eingehalten, zitierte die amtliche Nachrichtenagentur am Dienstagmorgen (Ortszeit) einen für das Internet zuständigen Behördenvertreter. «Das ist vollkommen falsch», fügte der namentlich nicht genannte Sprecher hinzu.


Google will Rückzug in Kauf nehmen
Der US-Konzern hatte im Januar nach einem breit angelegten Hacker-Angriff angekündigt, Pekings Zensur-Anforderungen nicht mehr befolgen zu wollen und notfalls auch einen Rückzug aus China in Kauf zu nehmen.


Unzensierte Seite auf google.com.hk
Wer in China die Seite google.cn besucht, wird nun auf die nicht von den chinesischen Zensur-Vorgaben betroffenen Seiten von google.com.hk in Hongkong umgeleitet. Hier will der Suchmaschinen-Gigant Nutzern auf dem Festland eine speziell für sie gestaltete und unzensierte Suche bieten. Da das Angebot für Hongkong-Chinesen wie gehabt weiter läuft, könne es aber zu Leistungseinbussen kommen, teilte Google mit.


Für die chinesischen Behörden dürfte dieser Umzug allerdings keine grosse Herausforderung bedeuten. Wie auch über die amerikanische Site google.com werden von China aus über die Adresse google.com.hk zwar Trefferlisten in einer Übersicht angezeigt, missliebige Inhalte werden aber auch hier unverändert gesperrt. Google hoffe, dass Chinas Regierung den Schritt respektieren werde. «Obwohl wir uns bewusst sind, dass sie den Zugang zu unseren Diensten jederzeit blockieren kann», schrieb Chefjustiziar David Drummond.


Keine Informationen zu Tibet oder dem Tianmen-Massaker
Die kommunistische Regierung verlangt von westlichen Internet-Unternehmen, dass sie zum Beispiel Informationen über Tibet oder die blutige Niederschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 herausfiltern. Sites wie Wikipedia oder von Menschenrechtsorganisationen sind generell gesperrt. Die chinesische Regierung hatte unmissverständlich gewarnt, dass Google mit Konsequenzen rechnen müsse, falls der Konzern auf die vorgeschriebene Zensur verzichtet.


Regierung streitet Beteiligung an Hacker-Attacke ab
Google hatte seine Haltung zu der von Peking verordneten Zensur nach dem Hackerangriff auf seinen Email-Dienst GMail Ende vergangenen Jahres überdacht. Die Attacken waren nach China zurückverfolgt worden, die chinesische Regierung hatte allerdings stets eine Beteiligung daran abgestritten. Ziel der Attacken waren vor allem Menschenrechts-Aktivisten, die den Mail- Dienst von Google nutzten. Das Unternehmen beharrt nun auf seinem neuen Kurs, weltweit entschiedener gegen Zensur vorgehen zu wollen. China hatte Google zuletzt vorgeworfen, den Streit zu politisieren.


Lukrativer Markt
Der chinesische Internet-Markt gilt als äusserst lukrativ. Google, mit Abstand der weltweite Marktführer, hat dort jedoch einen schweren Stand. Das Unternehmen startete in China relativ spät und liegt deutlich hinter dem chinesischen Konkurrenten Baidu.com zurück. Google wolle andere Aktivitäten in China wie sein Forschungszentrum weiterbetreiben, schrieb Drummond. Schon in den vergangenen Wochen waren aus dem Unternehmen jedoch Zweifel laut geworden, ob die chinesischen Behörden das zulassen werden. ( awp/mc/pg/35)

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