Greg Conley, CEO Odyssey Financial Technologies

Von Helmuth Fuchs


Moneycab: Herr Conley, Sie haben eine beeindruckende Karriere im IT- und Outsourcing-Bereich (unter anderen bei Verio, Tanning Technology und IBM) aufzuweisen. Weshalb haben Sie sich entschlossen zur in Lausanne beheimateten Odyssey zu wechseln, die mit ihrer Bankensoftware wahrscheinlich eine andere Kundschaft als die von Ihnen bis anhin geführten Unternehmen bedient?


Greg Conley: Odyssey ist ein Software- und Dienstleistungsunternehmen, das im Grunde vor ähnlichen Herausforderungen steht, wie die Unternehmen, die ich in der Vergangenheit als CEO führte. Zudem haben mich Odysseys beeindruckende Kundenbasis, die Qualität seiner Produkte, seine hervorragende Reputation sowie die beträchtliche Wachstumsperspektive überzeugt.


Welche Werte sind nach Ihrem Dafürhalten für Odyssey unerlässlich und welches sind die Dinge, die Sie im ersten Jahr als CEO ändern möchten?


Ich möchte den Fokus auf das Erbringen eines echten Mehrwertes und den damit verbundenen Marktvorteilen für unsere Kunden legen. Jetzt und in der Zukunft. Zusätzlich möchte ich unsere Fähigkeit verbessern, neue Marktchancen zu erkennen und zu nutzen – durch die Erweiterung des Partnernetzes und die Erschließung neuer Vertriebskanäle und -modelle.



«Als Folge der Finanzkrise erwarten die vermögenden Kunden heute mehr von ihren Beratern, sie nehmen mehr Zeit in Anspruch und wollen die möglichen Risiken besser verstehen. Sie wollen mehr echte Beratung und weniger Produktwerbung.» Greg Conley, CEO Odyssey Financial Technologies


So haben wir zum Beispiel eine Initiative für die unabhängige Tier  3 und Tier 4 der Anlageberatung gestartet. Bisher waren wir in diesem Marktbereich nicht tätig, haben aber Anfragen bekommen, unsere Software als Dienstleistung (Software as a Service, SaaS) mit Partnern zusammen anzubieten. Dieses Modell hat den Vorteil, dass es einfach genutzt und schnell beim Kunden eingeführt werden kann, da es nur geringe Anfangsinvestitionen bezüglich Kapital und Mitarbeiter erfordert. Odyssey hat zudem Ende des Jahres mit IBM eine weitgehende Vereinbarung zur Implementation seiner WealthManager?-Lösung auf den IBM-Produkten unterzeichnet. Damit wird Odyssey neben der gegenwärtigen Oracle-Datenbank auch IBMs DB2-Datenbank im WealthManager? unterstützen.


Odyssey hat für die erste Jahreshälfte die Eröffnung eines neuen Kompetenzzentrums für Softwareentwicklung mit zu Beginn 20 Softwareentwicklern in Glasgow bekannt gegeben. Weshalb Glasgow und was bedeutet das für die Zukunft von Lausanne als Entwicklungshauptsitz?


Mit der Niederlassung in Glasgow optimieren wir unsere Anzahl an hoch qualifizierten Entwicklern, die wir mit unseren Investitionen in Forschung und Entwicklung einstellen können. Das hilft uns, die Markteinführung unserer Produktneuerungen zu verkürzen und somit unsere Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Ich erwarte dadurch für Lausanne als Hauptsitz keine Veränderungen. Die Entwicklungstätigkeiten in Lausanne werden wie gehabt weitergeführt.


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Im letzten Jahr haben viele Banken neue Investitionen auf Eis gelegt oder die Budgets für bestehende Projekte gekürzt. Einige sind jetzt zur Normalität wie vor der Krise zurückgekehrt. Wie beurteilen Sie den Markt, welche Ziele haben Sie sich mit Odyssey für dieses Jahr gesetzt, wo sehen Sie Wachstumschancen, wo werden Sie Kürzungen vornehmen?


2009 war weltweit ein erschütterndes Jahr für die Finanzindustrie, aber jetzt werden uns die vielfältigen Herausforderungen und Chancen helfen. Es sind bedeutende Konsolidierungen und Übernahmen im Gange und es gibt eine Verschärfung der regulatorischen Bestimmungen. All dies fordert von den Unternehmen genau in die Bereiche zu investieren, in denen wir aktiv sind.


Eine der größten Wachstumschancen sehe ich jedoch in der Unterstützung der Vermögensverwalter, so dass sie ihre Effizienz und Kundenbezogenheit verbessern können. Als Folge der Finanzkrise erwarten die vermögenden Kunden heute mehr von ihren Beratern, sie nehmen mehr Zeit in Anspruch und wollen die möglichen Risiken besser verstehen. Sie wollen mehr echte Beratung und weniger Produktwerbung. Gleichzeitig sind die Vermögensverwalter mit mehr Bestimmungen und gesetzlichen Vorschriften konfrontiert, was die Zeit, die sie mit nicht direkt kundenorientierten Tätigkeiten verbringen, noch verlängert.



«Basierend auf der momentanen Entwicklung erwarte ich für Odyssey ein Wachstum in allen Regionen, angeführt von Nordamerika und Asien.»


Für diese Herausforderungen sind Vermögensverwalter meist nur schlecht gerüstet. Sie benutzen viel zu viele nicht integrierte Anwendungen, um ihre unterschiedlichen Aktivitäten zu erledigen und haben meist keinen direkten Zugang zu den Informationen, die sie benötigen, um ihre Kunden zu betreuen und beraten. Sie müssen sich die Informationen erst mühsam an verschiedenen Stellen zusammensuchen und entsprechend aufbereiten. Wir sehen daher einen Bedarf für eine gut integrierte, einheitliche  Plattform, die sämtliche Aktivitäten in der Vermögensverwaltung unterstützt, das heisst in der Kundenverwaltung, Beratung, im Portfoliomanagement als auch hinsichtlich Compliance, Risikomanagement und Reporting. Eine solche Plattform sollte eine 360 Grad Ansicht auf den Kunden und dessen Investments bieten und alle relevanten Informationen unmittelbar zur Verfügung stellen. Dann können Kundenberater im Kontakt mit Kunden und Interessenten jederzeit fachkundig und effizient auftreten, ihre Produktivität steigern und ihnen verbleibt wieder mehr Zeit für den direkten Kundenkontakt.


Risikomanagement ist auch ein wichtiger Trend. Bei der Auswahl an Finanzprodukten ist konsequentes Risikomanagement wichtig, um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen oder zurück zu gewinnen. Entsprechende IT-Lösungen können Vermögensverwaltern helfen, ihren Anlegern eine detaillierte Risikodarstellung ihrer Investmentstrategien und der darin vorgeschlagenen Instrumente zu geben. Wir werden in den kommenden Wochen ein neues Risikomanagement-Modul auf den Markt bringen, welches mit allen unterstützten Versionen unseres Triple’A Plus?-Systems kompatibel ist.


Im letzten Jahr machten Sie in etwa 60% des Umsatzes in Europa, 20% in Asien, 20% in den USA. Sehen Sie hier eine regionale Verschiebung und wie wird dies Ihre Entwicklungspläne für Odyssey beeinflussen?


Basierend auf der momentanen Entwicklung erwarte ich für Odyssey ein Wachstum in allen Regionen, angeführt von Nordamerika und Asien. Die meisten nordamerikanischen Vermögensverwalter leiden unter einer sehr zersplitterten Softwarelandschaft, was die Effizienz ihrer Berater mindert. Asien steht in den Startblöcken, um einer neuen Generation von vermögenden Privatpersonen Dienstleistungen im Bereich der Vermögensverwaltung anzubieten.


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Wie teilen sich die Einnahmen unter ihren drei Produkten Triple’A Plus? – Portfolio-Management-System für vermögende Privatkunden (HNWI/ UHNWI), WealthManager?- integrierte Vermögensmanagement-Plattform für HNWI und Mass-Affluent-Privatkunden –  und InvestmentManager? – Entscheidungsunterstützung für Assetmanager – auf und gibt es hier eine Veränderung in der Aufteilung in den kommenden zwei Jahren?


Triple’A Plus? stellt heute den größten Teil unseres Geschäftes dar. Unser Investment-Management-Geschäft ist relativ klein, ist aber mit bedeutenden Wachstumsmöglichkeiten für 2010 gut positioniert. InvestmentManager? hat in den letzten 24 Monaten von beträchtlichen Investitionen profitiert und wir haben gerade die erste Installation in Australien abgeschlossen. Von den drei Produkten hat WealthManager? die höchsten Zuwachsraten. Das bestätigt meine vorherige Aussage, wonach wir im Markt den Bedarf sehen, dass die Vermögensverwalter umfassendere Unterstützung brauchen. Wenn ihnen die nötigen Tools zur Verfügung stehen, können sie ihre Kunden besser beraten und bleiben so dem Unternehmen länger treu.



«Die Verschärfung der gesetzlichen Bestimmungen ist an sich nicht neu. Schon vor zwei Jahren, mit der Einführung von MiFID, haben wir mit der Entwicklung eines intelligenten Konfigurations-Tools, dem Design Studio begonnen.»


Wo sehen Sie die drei Produkte im technischen Lebenszyklus und welche Pläne haben Sie für die nächste Generation (Konsolidierung der Produkte, ASP, Cloud Computing)?


Wir investieren in alle drei Produktlinien sowie in neue Einsatz- und Geschäftsmodelle. Wir haben eine klare Entwicklungsplanung, die sich aus den Bedürfnissen unserer Kunden, strategischen Überlegungen und Wettbewerbsbetrachtungen ableitet.


Einige führende Politiker möchten eine Verschärfung der regulatorischen Bestimmungen im Finanzsektor vornehmen. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung und welchen Einfluss hat das auf die Produkte von Odyssey?


Die Verschärfung der gesetzlichen Bestimmungen ist an sich nicht neu. Schon vor zwei Jahren, mit der Einführung von MiFID, haben wir mit der Entwicklung eines intelligenten Konfigurations-Tools, dem Design Studio begonnen. Dies ermöglicht den Vermögensverwaltern eine schnelle und günstige Anpassung ihrer Anwendungen an sich ändernde oder neue Geschäftsmodelle, neue Prozesse, neue Produkte, lokale Eigenheiten oder Compliance-Regeln. Alles ohne Programmierkenntnisse. Das neue Tool ist jetzt verfügbar und hilft, die Auswirkungen der ständigen Änderungen bei den gesetzlichen Bestimmungen gering zu halten.


Die EU hat die Übernahme von SUN durch Oracle letzthin endgültig genehmigt. Wird dies einen Einfluss auf die Entwicklung Ihrer Produkte haben, die ja auf Java basiert?


In nächster Zukunft sehe ich hier keinen bedeutenden Einfluss auf Odyssey.


Unabhängig vom Mangel an ausgebildeten Informatikern in der Schweiz haben Sie den Hauptsitz und das Entwicklungszentrum von Odyssey immer noch in Lausanne. Welchen Wert messen Sie der «Swissness» bei und was muss die Schweiz tun, um wettbewerbsfähig zu bleiben und Firmen wie Odyssey weiterhin anzuziehen oder zu behalten?


Dass wir in Lausanne sind ist Teil unserer Geschichte und spiegelt unsere Verpflichtung zu hervorragender Qualität wider. Die Schweiz, wie auch Odyssey selbst, stellt sich dem globalen Wettbewerb, der von den Unternehmen gestaltet wird, welche die höchste Wertschöpfung erbringen. Unsere momentanen Vorteile müssen immer wieder neu errungen und ständig verbessert werden, wenn wir uns an der Spitze halten wollen.


Am Ende des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei. Wie sehen die aus?


Von jedem möglichen Kunden weltweit zum strategischen Anbieter für Vermögensverwaltungs-Lösungen gewählt zu werden und all ihre Erwartungen zu übertreffen, indem wir Wettbewerbsvorteile und Erfolg für alle schaffen.





Der Gesprächspartner
Greg Conley ist seit November 2009 CEO der Odyssey Financial Technologies. Er folgte in dieser Funktion auf den Gründer und CEO Antoine Duchateau, der das VR-Präsidium übernommen hat. Greg Conley arbeitete zuvor bei IBM, Galileo und Tanning. Zuletzt war er Chef des Webhosting-Providers Verio.


Das Unternehmen
Odyssey Financial Technologies ist ein führender Anbieter von Front- und Middle-Office-Software für Vermögens- und Asset Management. Weltweit setzen über 200 Finanzinstitute in mehr als 30 Ländern Lösungen von Odyssey ein, um ihr Dienstleistungsniveau zu steigern, ihre Kosten zu senken und zusätzliche Erträge zu generieren. Odyssey wurde 1995 in Luxemburg gegründet und ist weltweit in allen wichtigen Finanzzentren präsent – einschließlich New York, Singapur, Zürich, Frankfurt, Brüssel, Genf, Tokio und Sydney. Der Hauptsitz des Unternehmens liegt in Lausanne in der Schweiz. Die Entwicklungszentren befinden sich in Toronto, Lausanne, London und Glasgow.

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