Härteres Kartellrecht bringt längere Verfahren – Mehr Formalismus

Die Rekurskommission wende derzeit einen strengeren Massstab an, sagte Weko-Präsident Walter Stoffel am Mittwoch vor den Medien in Bern. Sie stelle heute Verfahrensmängel fest, die früher nie geltend gemacht worden seien.


An formellen Mängeln gescheitert


Zuletzt mussten die Kartellwächter im Fall Ticketcorner einen Rückschlag hinnehmen. Die Weko stellte zwar den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung fest. Die Rekurskommission (Reko) des Eidg. Volkswirtschaftsdepartements (EVD) machte jedoch bei diesem Entscheid formelle Mängel geltend.

Zankapfel Gehörsanspruch

Die Weko soll demnach den Anspruch auf rechtliches Gehör der betroffenen Parteien verletzt haben. Denn die Parteien müssten laut Reko auch zu den Änderungen Stellung nehmen können, die später an der Verfügung der Weko angebracht wurden. Der Fall ging deshalb an die Weko zurück.

Gefahr des Dauerlaufens


Dieses Hin und Her kann dazu führen, dass ein Verfahren zum Dauerläufer wird. Problematisch ist etwa, dass die Weko wie im Fall Ticketcorner Ende 2003 einen Entscheid gefällt hat, der erst knapp zwei Jahre später von der Reko umgestossen wurde. Die beiden Behörden haben dann eine unterschiedliche Ausgangsbasis zur Beurteilung der Marktsituation gehabt.

Fokus auf verfahrensrechtliche Aspekte


Die schärfere Gangart der Reko hat die Weko allerdings nicht überrascht, wie Weko-Sprecher Patrik Ducrey sagte. Die Anwälte der betroffenen Parteien fokussierten sich seit der Verschärfung des Kartellrechts auf verfahrensrechtliche Aspekte, wenn sie bei der Reko intervenieren. Die Weko habe nun Sofortmassnahmen ergriffen und zum Beispiel die interne Verfahrenskontrolle verstärkt, wie Stoffel anfügte. Zwar sei die Anwendung des Kartellgesetzes nicht gefährdet, die Dauer der Verfahren dürften sich aber verlängern, bis die Prinzipien feststehen. Allerdings kann die Weko derzeit nicht mit zusätzlichen Ressourcen rechnen. Sie bekommt die Entlastungsprogramme zu spüren und muss wie die Behörden des Bundes auch Kosten einsparen. Zudem müsse die Weko eine noch strengere Auswahl der Fälle treffen, sagte Stoffel. Er wies deshalb auf die Zivilgerichte als Alternative hin, um das Kartellrecht durchzusetzen. Für die Weko bedeute diese Alternative eine grosse Zeitersparnis, weil sie die Vorabklärung nicht selber durchführen müsse.

Weko kann selbst sanktionieren


Dieser Weg werde etwa in den USA oft gewählt. In der Schweiz sei er etwa für Fälle geeignet, die nicht von gesamtwirtschaftlichem Interesse sind.Durch die Revision des Kartellgesetzes kann die Weko seit dem Ablauf der Übergangsfrist Ende März nun auch selbst Sanktionen verhängen. Das ist bisher aber noch nicht geschehen. (awp/mc/th)
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