Hans F. Vögeli: «Die ZKB will im Anlagegeschäft wachsen»
Die Zürcher Kantonalbank dringt weiter in das Anlagegeschäft vor. CEO Hans F. Vögeli erläutert im Interview mit Moneycab die Wachstumspläne der drittgrössten Schweizer Bank und zieht eine erste Bilanz des Geschäftsjahres 2003.
Von David Strohm
Hans F. Vögeli, CEO der Zürcher Kantonalbank (pd)
Moneycab: Herr Vögeli, die ZKB stösst an Wachstumsgrenzen. Mit welchen Geschäftszweigen wollen Sie die Zürcher Kantonalbank voranbringen?
Hans F. Vögeli: Ihre Beobachtung ist richtig, die ZKB stösst tatsächlich an die Grenzen ihres Wachstums. Der Wirtschaftsraum Zürich hat sich für uns als zu klein erwiesen, um in diesem Markt weiter zu wachsen und dabei ertragreich zu arbeiten. Aus diesem Grund haben wir bereits im Herbst 2002, also noch mitten in einer Rezessionsphase, beschlossen, dass wir als grosse Schweizer Bank über die Kantonsgrenzen hinaus expandieren wollen. Es ist unser erklärtes Ziel, zur dritten Kraft in der Branche zu werden. Anders als im Kanton Zürich haben wir jenseits unseres Rayons keinen politisch definierten Leistungsauftrag zu erfüllen und können daher freier agieren.
Die anderen Kantonalbanken beobachten genau, was die ZKB tut. Ihre Expansionsgelüste sind nicht überall gerne gesehen. Wo sehen Sie das grösste Potenzial?
Die ZKB will in klar definierten Segmenten wachsen, allen voran im Anlagegeschäft. Hier wollen wir uns auf die grösseren institutionellen Kunden, aber auch auf wohlhabende Privatkunden und deren Anlagebedürfnisse konzentrieren. Auch das angestammte Kreditgeschäft betrachten wir als Wachstumspfeiler. Hier peilen wir vor allem mittlere Unternehmen und Grosskunden an. Wir werden uns folglich ausserhalb der Kantonsgrenzen weder ins Retailgeschäft anderer Kantonalbanken noch ins Segment der kleinen Gewerbebetriebe einmischen. Die Reibungsflächen gegenüber unseren Schwesterbanken sind daher nicht so gross, wie man das von aussen vermuten könnte.
Die engere Zusammenarbeit zwischen den Kantonalbanken stockt aber, nicht zuletzt auch aufgrund von Futterneid. Wie ist das Verhältnis zu den Schwesterinstituten?
Im operativen Geschäft haben wir eine ganze Reihe von sehr gut funktionierenden Kooperationen, die Viseca bei den Kreditkarten etwa, die Swissca bei den Anlagefonds oder die Pfandbriefzentrale. Auch im Online-Banking besteht eine Kooperation mit elf Kantonalbanken. Trotzdem haben Sie recht: Auf strategischer Ebene sind wir von echten Kooperationen immer noch weit entfernt. Seit zwanzig Jahren versucht man das bisher ohne Erfolg. Wir stehen uns daher sowohl innerhalb wie auch ausserhalb des Kantons Zürich immer wieder auch als Konkurrenten gegenüber.
Gerade in der Informatik böte sich ja das vermehrte Ausnützen von Synergien an. Die ZKB beziffert ihren eigenen Investitionsbedarf in diesem Bereich auf rund 300 Millionen Franken jährlich – eine stolze Summe. Wie hoch ist der IT-Nachholbedarf tatsächlich?
Die ZKB arbeitet in einigen Bereichen eng mit anderen Kantonalbanken zusammen, und zwar schon seit geraumer Zeit. Die Informatik-Materie ist aber sehr komplex. Dazu kommt, dass die Bedürfnisse der einzelnen Instituten unterschiedlich sind. Eine Zusammenarbeit, bei der jeweils nur der kleinste gemeinsame Nenner angestrebt wird, ist für uns nicht interessant.
Unser Nachholbedarf ist jedoch nicht grösser als anderswo. Im Gegenteil: Wir sind in der glücklichen Lage, dass der Lebenszyklus einiger grosser Applikationen abgeschlossen ist und die Investitionen vollständig abgeschrieben sind. Wir konnten uns deshalb für neue IT-Lösungen entscheiden: Gegenwärtig führen wir SAP AM für Buchungen und Avaloq für die Wertschriftenadministration ein beides marktführende Standardsoftware-Pakete. Dass sich der ZKB-Bankrat bei Investitionen von 250 bis 300 Millionen Franken pro Jahr genauer informieren will, was mit dem Geld geschieht und zu diesem Zweck einen Ausschuss ins Leben ruft, ist sinnvoll.
Die Staatsgarantie der Kantonalbanken gilt bei der Konkurrenz als ein wettbewerbsverzerrendes Merkmal. Zwar wurde der Einfluss der Politik bei der ZKB etwa beim Bankrat ein wenig zurückgebunden, verschwunden ist er aber nicht. Die Rolle dieses Bankrats ist für Aussenstehende nicht voll ersichtlich. Ist die ZKB mit ihren Strukturen gerüstet für die Zukunft?
Unbestritten ist die Staatsgarantie den Kantonalbanken von Nutzen. Auch das Triple-A der ZKB ist ein Ausfluss dieser Garantie. Man vergisst allerdings dabei immer wieder den siamesischen Zwilling zur Staatsgarantie, den Leistungsauftrag. Dieser verlangt von uns, gewisse Leistungen zu erbringen, die aus rein betriebswirtschaftlicher Optik nicht oder zumindest in anderer Form angeboten würden. Sollte die Staatsgarantie wegfallen, ist auch der Leistungsauftrag, wie wir ihn heute kennen, in Frage gestellt.
Unseren Bankrat habe ich in den letzten fünf Jahren als ein sehr kompetentes Gremium erlebt. Die Qualität seiner Arbeit steht derjenigen eines privatrechtlichen Verwaltungsrates in nichts nach. Im Übrigen finde ich es einleuchtend, dass ein Grossaktionär, in unserem Fall der Kanton Zürich, entsprechende Vertreter in das Aufsichtsgremium entsendet. Gemäss dem neuen ZKB-Gesetz dürfen Bankratsmitglieder dem Kantonsrat inskünftig nicht mehr angehören. Die Zusammensetzung des Bankrats soll aber die politische Kräfteverhältnisse im Parlament widerspiegeln. Im Übrigen agiert der Bankrat der ZKB wie der Verwaltungsrat einer anderen Bank.
Kann denn ein politisch zusammengesetztes Gremium die heutigen Anforderungen an die Corporate Governance erfüllen?
Selbstverständlich. Obwohl die ZKB nicht börsenkotiert ist, erfüllt sie bereits jetzt sämtliche Corporate-Governance-Vorgaben der Schweizer Börse SWX sowie den Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance der Economiesuisse. Auch das neue ZKB-Präsidium unter Urs Oberholzer hat deutlich gemacht, dass die ZKB den börsenkotierten Unternehmen bezüglich Corporate Governance in nichts nachstehen will.
Im zurückliegenden Jahr ist die ZKB in Bezug auf den Geschäftserfolg wieder auf die Überholspur zurückgekehrt, nachdem der Motor im 2002 etwas stotterte. Ohne den Abschluss vorwegnehmen zu wollen: Wie ist das Geschäftsjahr 2003 ausgefallen?
Wir rechneten schon am Anfang des letzten Jahres damit, dass das Geschäftsjahr 2003 besser sein wird als das Vorjahr. Dafür sprachen zwei Gründe: Erstens hatten wir unsere Hausaufgaben, etwa beim Geschäftsaufwand, gemacht. Und zweitens ging der grosse Abschreiber auf der Beteiligung an der Swiss Life noch zulasten des Jahresergebnisses 2002. Wir starteteten also unbelastet in das letzte Jahr. Unsere Prognose für 2003 war also nicht allzu gewagt.
Spätestens Ende November 2003 war sodann absehbar, dass das Jahresergebnis für 2003 sehr gut ausfallen würde. Einzig das Zinsergebnis wird angesichts der sehr engen Margen schlechter ausfallen als im Vorjahr. Das Kommissionsgeschäft wird sich andererseits sehr erfreulich präsentieren. Auch die Visionen schlagen sich sehr positiv im Abschluss nieder. Aber warten Sie es doch ab: Am 22. Januar werden wir erste Zahlen für 2003 vorlegen.
Wohin wird Ihrer Meinung nach die Börse im 2004 tendieren?
Das hinter uns liegende Jahr war zweigeteilt: Mitte März stand der SMI noch bei 3600 Punkten, Ende Jahr war der Index bei 5400 Punkten angelangt. Innerhalb von gut neun Monaten hat sich die Börse um beachtliche 50 Prozent gesteigert. Eine solch stürmische Entwicklung werden wir 2004 nicht mehr erleben. Die realen Wirtschaftsdaten werden die vorauseilenden Finanzmärkte einholen.
Ich bin jedoch überzeugt, dass wir mit der konjunkturellen Erholung, die ich persönlich erst in der zweiten Jahreshälfte erwarte, auch an den Finanzmärkten eine positive Entwicklung erleben werden. Die Erfahrung lehrt aber, dass es auch wieder Rückschläge geben wird. Gegenwärtig sind die Prognostiker euphorisch – zu euphorisch vielleicht. Meine Prognose lautet: Es wird ein befriedigendes Börsenjahr 2004 geben.
Der 2. Teil: «Ich bin zufrieden mit den Visionen»
Im zweiten Teil des Moneycab-Interviews spricht der CEO der Zürcher Kantonalbank, Hans F. Vögeli, über den Kauf von Martin Ebners Beteiligungsgesellschaften, den Visionen, sowie über die gegenläufigen Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt. weiter…
Der Gesprächspartner
Der 1948 geborene Hans F. Vögeli wuchs in Schaffhausen auf, wo er die Matura ablegte. Nach einem Jusstudium, das er 1974 mit der Promotion zjm Dr. Jur. abschloss, begann er seine Karriere bei der Schweizerische Kreditanstalt in Zürich.
Von dort wechselte er nach London und New York als Mitglied der Direktion verantwortlich für alle internationalen Steuerangelegenheiten und Erbschaftssachen war. Von 19983 bis 1994 war Vögeli im Dienst der Bank J. Vontobel & Co. AG, Zürich, zuletzt als Mitglied der Geschäftsleitung und Delegierter des Verwaltungsrates der Vontobel EC Consulting Holding. Es folgte der Ruf der Erb-Gruppe in Winterthur, wo er als Mitglied der Konzernleitung unter anderem zuständig für Finanzen war.
1998 begann Vögeli bei der Zürcher Kantonalbank, wo er zunächst die Geschäftseinheit Logistik leitete. Als Mitglied der Generaldirektion stieg er Anfang 2002 zum Vorsitzenden der Geschäftsleitung (CEO) auf.
Im Militär bekleidet der ehemalige Kommandant des Inf Rgt 32 den Rang eines Obersten im Generalstab. Vögeli ist verheiratet und hat drei erwachsene Söhne. Zu seinen Hobbies zählen der Orientierungslauf und klassische Musik. (mc/dst)