Hans Lerch: «Kuoni wird den Krieg überstehen»


Kuoni CEO Hans Lerch hat keinen einfachen Job. Sein Unternehmen leidet wie die gesamte Tourismusbranche. Im Interview spricht er über die Angst vor dem Irakkrieg und die Überlebensstrategie des Reiseanbieters.

Von Lukas Schweizer


Hans Lerch: «Kuoni findet auf den Erfolgspfad zurück.» (keystone)
Moneycab: Hans Lerch, der Angriff der USA auf den Irak scheint unmittelbar bevorzustehen. Haben Sie Angst vor dem Irak-Krieg?
Hans Lerch: Ja und nein. Als CEO habe ich keine Angst davor. Aber natürlich wird unser Geschäft durch einen Krieg beeinträchtigt. Im Golfkrieg 1990/91 brachen die Buchungen in den mittleren und fernen Osten wegen der Flugverbotszone dramatisch ein. Das wird diesmal ähnlich sein. Aber als der Krieg vorbei war, zog das Geschäft dafür mit einer ungeheuren Dynamik wieder an. 1991 waren in gewissen Gesellschaften sogar noch Rekordergebnisse möglich… Die Angst ist eine persönliche, wie sie wahrscheinlich jeder hat. Niemand weiss, was dieser Krieg für Auswirkungen hat und wie sie uns betreffen könnten.


Welche Massnahmen hat Kuoni für den Kriegsfall getroffen?
Wenn die Leute Angst vor dem Reisen haben, reisen sie nicht. Das ist das Problem. Da könnten sie Ferien verschenken, es würde niemand buchen. Es muss zuerst wieder ein Sicherheitsgefühl zurückkehren. Alternative Destinationen können wir auch nicht anbieten, denn wir haben schon fast alles was es auf der Welt gibt im Programm. Westliche Destinationen oder die Karibik werden sicher weiter bereist, wenn auch auf dem gleichen Niveau wie zuvor. In diesem Sinne können wir nur abwarten, wie sich die Lage entwickelt. Aber wir haben uns auch abgesichert; näher möchte ich dies jedoch nicht erläutern.Die Menschheit will diesen Krieg nicht. Spüren Sie bei Kuoni eine ablehnende Haltung der Kunden gegenüber der Administration Bush? Werden weniger Reisen in die USA gebucht?
Ich möchte dies deutlich so festhalten: Wir spüren die Ablehnung gegen die Regierung Bush und zum Teil leidet die Popularität der USA darunter. Weil das USA-Geschäft nach dem 11. September 2001 so schlecht war, hat man jetzt zwar das Gefühl, es gehe wieder etwas aufwärts. Es wird aber noch etliche Jahre gehen bis die Destination USA wieder so beliebt ist wie vor drei, vier Jahren. Und das Gebaren von George W. Bush trägt sicher nicht dazu bei.Kommen wir auf das Geschäftsjahr 2002 zu sprechen: Noch bei der Präsentation der 9-Monatszahlen gingen Sie von einem Umsatzrückgang von fünf Prozent aus. Jetzt sind es acht. Warum?
Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens haben wir das vierte Quartal zu optimistisch eingeschätzt. Vor allem das Weihnachtsgeschäft ist schlecht gelaufen. Und was wir im September noch nicht sehen konnten, war das Ausmass der Währungsverschiebung. Der Schweizer Franken ist sehr stark geworden. Gerade gegenüber dem britischen Pfund und dem US-Dollar. 2,3 Prozent des Umsatzrückgangs sind alleine auf die Währungseffekte zurückzuführen. Aber Kuoni konnte sich in turbulenten Zeiten behaupten.Kuoni vollzieht eine Strategieänderung. Weg vom Massengeschäft hin zu Spezialreisen. Was muss man sich darunter vorstellen?
Wenn man im Massengeschäft mithalten will, muss man gewisse Regeln befolgen. Man muss über eigene Flieger, Schiffe und Hotels (vertikale Integrierung, Anm. d. Red.) verfügen. In solche Geschäfte wollen wir nicht mehr investieren, sondern uns auf spezielle Angebote konzentrieren. Vergleichbar mit Railtour, Manta-Reisen (Maledivenreisen) oder Rotunda (Südafrikareisen). Dazu braucht es keine oder nur eine sehr kleine vertikale Integrierung. Das birgt weniger Risiken und belastet die Bilanz weniger stark.Zieht die Neuausrichtung einen Stellenabbau nach sich?
Wir haben verschiedene Szenarien, wie wir auf die schwierige wirtschaftlich und geopolitische Situation reagieren können. Das schlimmste Szenario beinhaltet auch einen Stellenabbau. Ich hoffe aber nicht, dass es soweit kommt. Eine Schwachstelle ist immer noch das Skandinaviengeschäft. Stossen Sie dieses im Rahmen der Umstrukturierung ab?
Diese Spekulationen sind zum jetzigen Zeitpunkt falsch. Denn selbst wenn wir es verkaufen wollten, müssten wir zuerst einen Käufer finden. Und dies ist gar nicht einfach. Es ist noch nicht entschieden, in welche Richtung es mit dem Skandinaviengeschäft geht. Die operativen Fortschritte sind beachtlich. Deshalb sind wir nicht darauf angewiesen, in aller Eile etwas zu beschliessen, was wir später bereuen.Interview: Lukas Schweizer (swisscontent)

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