von Patrick Gunti
Herr Aebi, swissgrid ist seit 15. Dezember 2006 als Nationale Netzgesellschaft operativ tätig. Wie ist die Startphase verlaufen?
Der operative Start von swissgrid wurde von allen involvierten Parteien und den Mitarbeitenden gut vorbereitet und ist deshalb problemlos verlaufen.
Wie wichtig ist der Start von swissgrid pünktlich zur vollständigen Öffnung des europäischen Strommarkts und noch vor Verabschiedung des neuen Stromversorgungs- sowie des Elektrizitätsgesetzes?
Die horizontale Öffnung, das heisst der diskriminierungsfreie Stromtransit auf dem Höchstspannungsnetz durch die Schweiz, war für unsere Partner im europäischen Raum äusserst wichtig, weil damit wichtige Grundlagen für die grenzüberschreitenden Stromtransporte geschaffen wurden.
Was beinhaltet das Verantwortungs- und Kompetenzgebiet von swissgrid?
swissgrid trägt als schweizerische Übertragungsnetzbetreiberin die Verantwortung für den sicheren, zuverlässigen und wirtschaftlichen Netzbetrieb und wird die erforderlichen Massnahmen zur Vermeidung und Überwindung von Engpässen im Stromübertragungsnetz ergreifen. Unsere Aufgabe ist es, ein stabiles und leistungsfähiges Unternehmen in der europäischen Elektrizitätswirtschaft aufzubauen.
Die Funktion als Stromdrehscheibe ist für die schweizerische Stromwirtschaft von erheblicher Bedeutung. (Hans-Peter Aebi, CEO swissgrid)
Per 15. Dezember 2006 hat swissgrid auch Aufgaben übernommen, welche bisher von der ETRANS AG, der schweizerischen Koordinationsstelle für das Höchstpannungsnetz, wahrgenommen wurden. Wo liegen die Unterschiede zwischen ETRANS und swissgrid?
Strom kann man nicht auf Vorrat produzieren und lagern. Deshalb überwacht swissgrid, als alleinige Ansprechpartnerin für den Betrieb des Hochspannungsnetzes, die Netznutzung in der Kette «Produktion – Verteilung – Verbrauch» und hat neu klare Weisungsrechte um bei auftretenden Störfällen zeitgerecht und situativ einzugreifen.
Welche Rolle spielt die Schweiz und damit swissgrid in Europa?
Aufgrund der zentralen Lage in Europa und der flexiblen Produktionsmöglichkeiten – zum Beispiel durch Wasserkraft um Bedarfsspitzen zu decken – hat die Schweiz eine bedeutendere Funktion, als ihr sonst aufgrund ihres Bedarfs (2,5% des europäischen Stromverbrauchs) in Europa zukäme. Die Funktion als Stromdrehscheibe ist für die schweizerische Stromwirtschaft von erheblicher Bedeutung.
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Wie ist swissgrid in das europäische Verbundssystem UCTE eingebunden?
swissgrid als Vertreterin der Schweiz ist ein vollwertiges Mitglied im Verband UCTE und hat somit gleiche Rechte und Pflichten. Im europäischen Stromaustausch vollzieht swissgrid wichtige Aufgaben und nimmt mit modernen Instrumenten in der Entwicklung, Automatisierung und Anwendung von Früherkennungs- und Überwachungssystemen eine führende Rolle ein.
«Grundsätzlich ist die Vereinigung von Netz und Betreiber für kurze Entscheidungswege und klare Kompetenzenzuweisung optimal.» (Hans-Peter Aebi, CEO swissgrid)
swissgrid erfüllt auf dem Weg zum neuen Stromversorgungsgesetz nur einen Teil der voraussichtlichen Vorstellungen. Umstritten ist vor allem die Trennung des Netzes von den Stromproduzenten. Gemäss diesen Forderungen soll das Netzeigentum an swissgrid übergehen. Wie stellen Sie sich dazu?
Die EU beobachtet die Liberalisierung in Europa und greift ein, wo Handlungsbedarf besteht. Für ein besseres Funktionieren vertritt die EU die Meinung, dass eine Trennung von Netz und Betreiber gut ist. Ob diese Forderung umgesetzt werden kann, wird sich zeigen. Grundsätzlich ist die Vereinigung von Netz und Betreiber für kurze Entscheidungswege und klare Kompetenzenzuweisung optimal.
Wie beurteilen Sie die politische Entwicklung in der Schweiz seit dem «Nein» des Schweizer Stimmvolks 2002 zum Elektrizitätsmarktgesetz?
Trotz gesteigertem Interesse und erhöhter Sensibilisierung der Öffentlichkeit für energiepolitische Anliegen ist das Stimmvolk gegenüber einer Marktöffnung nach wie vor kritisch eingestellt. Darum erachte ich den vorliegenden Entwurf als angemessen, weil die Öffnung in zwei Etappen und mit fakultativem Referendum vorgesehen ist.
Herr Aebi, wir bedanken uns für das Interview.
Zur Person:
Name: Hans-Peter Aebi
Funktion: CEO swissgrid
Alter: 59
Wohnort: Luzern
Familie: Verheiratet, zwei Töchter, 26 und 27 Jahre alt
Ausbildung: Dipl. El.-Ing. der ETH Zürich
Karriere
Seit 2005 CEO ETRANS / swissgrid
2001 – 2005 Mitglied verschiedener Verwaltungsräte
1997 – 2001 Präsident von diAx
1994 – 1999 CEO EGL
1979 – 1993 CKW, zuletzt Mitglied der Geschäftleitung
Zu swissgrid
swissgrid ist die Nationale Netzgesellschaft und gewährleistet als Übertragungsnetzbetreiberin den sicheren, zuverlässigen
und wirtschaftlichen Betrieb des Schweizer Höchstspannungsnetzes. Mit Hauptsitz in Laufenburg beschäftigt swissgrid rund 130 qualifizierte Mitarbeitende. Die sieben Schweizer Verbundunternehmen Atel, BKW, CKW, EGL, EOS, EWZ und NOK halten 100% des swissgrid Aktienkapitals.