Hans Peter Wehrli, Verwaltungsratspräsident Belimo: «Retrofit ist für uns sehr interessant und wir sehen grosse Chancen, dieses Segment weiter auszubauen»
Von André Schäppi Herr Wehrli, momentan ist Belimo ohne CEO. Wie lange kann das Unternehmen noch ohne Geschäftsführer funktionieren? Hans Peter Wehrli
Gib es bereits Kandidaten, wäre auch eine Frau denkbar?
Ja, es gibt sehr gute Kandidaten und auch eine Frau wäre denkbar.
In welche Richtung sucht man? Das heisst, muss/soll die neue Person zum Beispiel aus dem HLK-Bereich kommen?
Wir sind grundsätzlich nach allen Seiten offen. Aber ist sicher von einem gewissen Vorteil, wenn jemand aus der Branche kommt. Trotzdem ist das nicht das einzige Kriterium, das bei der Auswahl zum Zug kommen darf.
Sie sagen, Belimo funktioniere bestens. Wie hat sich 2007 bis jetzt entwickelt?
Das Jahr hat unseren Erwartungen entsprechend begonnen, und das Geschäft entwickelt sich sehr zufriedenstellend.
Aufteilung der Märkte: Die prozentuale Aufteilung der Märkte hat sich in den letzten zwei Jahren nicht wesentlich geändert. So verharrt die Region Asien auf etwa 7% des Umsatzes, hätte vermutlich aber wesentlich mehr Potenzial. Wie beurteilen Sie diese Situation?
Europa und speziell Osteuropa ist überdurchschnittlich gewachsen. Amerika hingegen ist zyklischer. Der asiatische Markt ist zwar sehr gross, aber man darf diese Region nicht überbewerten. Der Aufbau der zusätzlichen Vertriebskanäle mit eigenen Gesellschaften in China und Indien beansprucht für Unternehmung unserer Grössenordnung relativ viel Zeit. Belimo ist in diesen Märkten ein Anbieter unter vielen und wir bewegen uns mit den Belimo-Produkten in einem anspruchsvollen Segment. Trotzdem sind wir mit unserer Marktbearbeitung erfolgreich und gewinnen immer wieder wichtige Referenzprojekte.
Werden Veränderungen / Verstärkungen angestrebt, um die regionale Ausrichtung anzupassen?
Grundsätzlich nicht, da wir als globale Unternehmung agieren. Die regionale Ausrichtung (Kundennähe) bei gleichzeitiger Nutzung globaler Ressourcen ist Kern unserer Strategie. Wir sehen daher geografische Marktpotentiale und auch Potentiale in einer stärkeren Durchdringung bestehender Märkte.
Zusätzlich können wir weitere Anwendungsbereiche erschliessen, wie wir sie beispielsweise mit Belimo-Produkten im Schienenfahrzeug-Bereich bereits haben. Aber es sollten immer HLK-Anwendungen sein, denn der Heizungs- Lüftungs- und Klima-Bereich bietet noch genug Möglichkeiten für uns.
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Es sind weitere Neueröffnungen von Gesellschaften in Aussicht gestellt worden. Wo und in welchem Umfang?
Vor kurzem wurde die Vertriebsgesellschaft in Dubai für die Middle-East-Region operativ tätig. Ebenfalls neu in diesem Jahr sind die Tochtergesellschaften in Italien und Norwegen. Wir werden die Vertriebskanäle weiter stärken. Durch diese Schritte können wir diese Märkte noch besser bearbeiten.
Stichwort Innovationen: Belimo gibt einen relativ hohen Anteil für F&E aus. Bleibt dies weiterhin so?
Ja, wir investierten letztes Jahr rund 20 Millionen Franken in F&E. Diese Aufwendungen werden tendenziell eher noch zunehmen, wenn auch nicht überdurchschnittlich. Allerdings sind nicht nur Innovationen wichtig, sondern auch ihre erfolgreiche Markteinführung. Erst wenn wir die angestrebte Rendite erwirtschaftet ist, sind wir erfolgreich.
Welchen Stellenwert hat Retrofit für Belimo und könnte man den bestehenden Anteil noch erhöhen?
Retrofit ist für uns sehr interessant und wir sehen grosse Chancen, dieses Segment weiter auszubauen. Wir haben mit Retrofit die Möglichkeit, neue Kunden zu gewinnen, aber auch bestehenden Kunden im Rahmen dieser Aufträge neue Lösungen anzubieten um damit den Gesamtnutzen der Anlage, auch unter dem Aspekt «Nachhaltigkeit», zu optimieren.
Belimo steht finanziell auf soliden Füssen. Aber gerade das macht die Firma interessant und könnte Übernahme-Investoren anlocken. Ein Szenario, das Sie beunruhigt?
Als börsenkotierte Firma müssen wir jederzeit mit einer derartigen Möglichkeit rechnen. Dessen sind wir uns bei Belimo klar und davor wäre auch unser Unternehmen nicht gefeit. Jedoch unabhängig davon, ob es jetzt Belimo betrifft oder ein anderes Unternehmen, sind es die Folgen einer Übernahme, die mich als Verwaltungsratspräsident beschäftigen. Speziell dann, wenn Investoren andere Zielsetzungen verfolgen: Oft sind diese nicht oder wenig mit der industriellen Leistungen verbunden und stehen auch nicht im Zusammenhang mit einer eindeutigen Wertschöpfung. Dass dabei zum Beispiel auch die Verantwortlichkeit gegenüber Mitarbeitern verloren geht, finde ich persönlich sehr bedauerlich.
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Wie beurteilen Sie die Möglichkeit, dass ein Mitbewerber Belimo übernehmen könnte?
Belimo wäre sicher für einen Mitbewerber interessant. Aber ich glaube, dass die Unternehmung in einem anderen Kontext, zum Beispiel aufgrund ihrer klaren Fokussierung, an Wert und Dynamik verlieren würde.
Auf der anderen Seite bietet eine gefüllte Kriegskasse die Möglichkeit für Akquisitionen. Gibt es aktuelle Pläne?
Für uns stehen in Bezug auf Akquisitionen zwei Aspekte im Vordergrund: Können wir durch eine Übernahme schneller werden ( Faktor Zeit) oder die Ziele sicherer erreichen (Faktor Risiko) erreichen. Und in beiden Bereichen sind wir derzeit gut positioniert. Deshalb stehen für Belimo aktuell keine Akquisitionen zur Debatte.
Viele Unternehmen betreiben wenig Markenpflege und positionieren die Marke nicht so klar. Kein Thema für Belimo?
Nein, wir haben bei Belimo einen klaren Marktauftritt und verwenden zum Beispiel nur die Farbe «orange». Insofern ist Belimo in der HLK-Branche eine starke Marke.
Zur Person
Hans Peter Wehrli wurde 1952 geboren und ist Schweizer. Seit 1995 ist Wehrli im Verwaltungsrat der Belimo, seit 1997 Präsident des Verwaltungsrats. Hans Peter Wehrli ist Ordentlicher Professor für Betriebswirtschaftslehre und Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Zürich.
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