von Patrick Gunti
Herr Schönfeld, neue Märkte und neue Managementstrukturen sorgen für einen Boom im Interim Management. Wie lautet ihre Definition von Interim Management?
Interim Management ist die zeitlich befristete Übernahme von operativen Managementaufgaben. Interim Manager sind umsetzungsorientierte «Macher». Gerade in Zeiten von nicht besetzten Kaderstellen wird Interim Management zum ganz normalen Instrument im Rahmen der Personalbeschaffung: So überbrücken Interim Manager Vakanzen, bringen schnell frisches Know-how ins Unternehmen oder leiten zeitlich begrenzte Projekte. Moderne Unternehmen, die schnell und innovativ am Markt reagieren müssen, sichern sich damit Flexibilität und schnellen Zugriff auf personelle Ressourcen.
«Nomade der Arbeitswelt», «Samurai der Chefetage» – Bezeichnungen für Interim Manager gibt es viele. Wie charakterisieren Sie den Interim Manager?
Diese Bezeichnungen erwecken den Eindruck, dass ein Interim Manager «etwas ganz Besonderes» oder «Exotisches» ist. Das war sicherlich in den Anfängen, die in der Schweiz inzwischen schon mehr als 30 Jahre zurück liegen, der Fall. In der Zwischenzeit zeigt sich, dass Interim Management etwas ganz Normales ist. Auch in der Gesellschaft zeigen sich ja Megatrends in Richtung «Mobilität», «Flexibilität» und «Schnelligkeit». Dies spiegelt sich im Arbeitsleben wieder. Es wäre zwar sehr mutig, den Interim Manager als Avantgarde oder Idealbild des zukünftigen Managers zu bezeichnen. In der Realität zeigt aber die schon die aktuelle Studie des Branchenverbandes AIMP, dass Interim Manager «breiter, bunter, jünger und weiblicher» sind als noch vor wenigen Jahren. Auch die Einsatzfelder finden sind nicht mehr nur in der Chefetage, sondern immer mehr im mittleren Management.
Sanierungsfälle, Durchsetzung strategischer Änderungen? Wann kommt der Interim Manager zum Einsatz?
Nach der aktuellen Studie des Branchenverbandes AIMP bildet die Überbrückung von Vakanzen mit 35% aller Fälle den häufigsten Anlass für Interim-Einsätze. Interessant ist, dass 17% der Einsätze im Projektmanagement stattfinden. Themen wie umfassendes Change Management sowie Restrukturierung/Sanierung spielten eine etwas geringere Rolle. Bei 8% der Kundenanfragen gaben Veränderungen rund um einen Eigentumswechsel den Anlass, einen Interim Manager einzusetzen.
Bei den betrieblichen Funktionen dominieren nach wie vor kaufmännische Aufgaben wie Rechnungswesen und Finanzen (mit 28%). Ähnlich sieht es auch mit dem General Management aus, welches 24% der Einsätze ausmacht. Den deutlichsten Nachfrageschub verzeichnen Einkauf und Beschaffung von 5% auf 8% in 2007, Qualitätsmanagement von 1% auf 4%, und IT/Organisation von 1% auf 7%: Das Wissen hoch qualifizierter Spezialisten ist über Interim Management offenbar am einfachsten und schnellsten zu generieren.
In welchen Branchen und auf welcher Managementstufe kommen heute am häufigsten Interim Manager zum Einsatz?
Interim Manager werden in 55% der Fälle auf der ersten und zweiten Unternehmensebene eingesetzt. Gern stellen Firmen auch externe Experten als Projektleiter ein. Aber auch in der dritten und vierten Ebene sowie als begleitender Coach und Projektmitarbeiter werden Interim Manager stärker genutzt. Die Nachfrage nach Interim Managern ist unverändert hoch in der Automobil- und Zulieferindustrie mit 19%, gefolgt von Telekommunikation mit 16% und der Chemie-, Pharma- und Biotech-Industrie, deren Anteil am Interim-Geschäft von 9% (2006) 2007 auf 15% stieg. Der Trend geht zu längerfristigen Einsätzen. Mit 45% dominieren Projekte, die 7 bis 12 Monate dauern (2006 erst 39%). Immerhin 20% der Projekte erstrecken sich über mehr als 13 Monate.
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Welchen Nutzen und welche Vorteile hat ein Unternehmen, wenn es auf Interim Management setzt?
Interim Manager sind flexibel und kurzfristig einsetzbar. Dringende oder heikle Managementaufgaben werden schnell und mit viel Praxiserfahrung angegangen und gelöst. Interim Manager bieten die sofortige Entlastung der Unternehmensleitung und anderer Kader bei dringenden Projekten oder Vakanzen. Ihre Praxiserfahrung und Ihr Know-how aus vergleichbaren Situationen, die bereits erfolgreich gelöst wurden führt zu einem Transfer von Know-how. Interim Manager sind zudem nicht «politisch», sondern konzentrieren sich auf Ihre Aufgabe. Und das zu klar kalkulierbaren Kosten.
Was sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren, für den Kunden, für den Manager und natürlich auch für Sie als Provider?
Grundvoraussetzung für alle Beteiligten ist die Fähigkeit, die Situation des anfragenden Unternehmens und die anstehende Aufgabenstellung zu definieren und zu verstehen. Das Einverständnis zwischen Kunden und uns als Provider über Ausgangs- und Zielsituation schafft Vertrauen und gibt Sicherheit. Gleichzeit müssen wir in der Lage sein, sehr schnell den «Richtigen» zu identifizieren. Bei uns besteht der Pool z.B. aus 1500 vorselektierten und qualifizierten Profilen. Das hat Auswirkungen auf die bei uns mitarbeitenden Menschen, unsere Prozesse und die eingesetzte (Datenbank-) Technik. Bei den zu vermittelnden Interim Managern schauen wir nicht nur auf die fachliche Qualifikation und die erforderliche Erfahrung. Wir legen besonderen Wert auf die soziale Kompetenz («Personal Excellence»). Denn dass ein Interim Manager mit Menschen umgehen kann und kulturell zum Unternehmen passt, sind die beiden wichtigsten Erfolgsfaktoren im Interim Management.
Zu den am häufigsten genannten Nachteilen gehören fehlende Unternehmenskenntnisse des kurzfristig eingesetzten Managers. Wie schätzen Sie diesen Faktor ein?
Ein Interim Manager wird nur dann mit einer Aufgabe betraut, wenn er bereits nachweislich über Erfahrung aus vergleichbaren Situationen verfügt. Somit ist seine Lernkurve üblicherweise erstaunlich kurz. Zudem verfügt ein guter Interim Manager über einen methodischen «Instrumentenkoffer», schnell wirksam werden zu können.
«Bei den zu vermittelnden Interim Managern schauen wir nicht nur auf die fachliche Qualifikation und die erforderliche Erfahrung. Wir legen besonderen Wert auf die soziale Kompetenz («Personal Excellence»).» (Harald Schönfeld, Geschäftsführer butterflymanager GmbH)
Wie sieht es mit der Akzeptanz des Interim Managers bei den Mitarbeitern des Unternehmens aus?
Akzeptanz ist ein heikles Thema und wichtig, damit der Interim Manager seine Aufgabe auch erfüllen kann. Definieren wir ‹Akzeptanz› als «die Eigenschaft des Interim Managers, bei Umsetzung seiner Aufgabe positive Reaktionen der davon Betroffenen zu erreichen», kommt es darauf an, worin die Aufgabe des Interim Managers besteht. Das ist bei einer Sanierung und dem damit verbundenen Personalabbau (der üblicherweise gegen Widerstände durchgesetzt werden muss) verständlicherweise anders, als wenn es z.B. um die Überbrückung einer Vakanz oder Schwangerschaftsvertretung im Controlling geht. In allen Fällen ist es sehr hilfreich, wenn wir als Interim-Provider dieses Thema im Vorfeld mit dem Auftraggeber und dem Interim Manager aktiv ansprechen, damit gleich vom ersten Tag an die Weichen richtig gestellt werden. Wichtig ist in dem Zusammenhang auch, dass der Interim Manager eine klare Aufgabenbeschreibung erhält, mit den notwendigen Kompetenzen ausgestattet wird und die volle Rückendeckung des Auftraggebers besitzt.&
Können die befristeten Arbeitsverhältnisse nicht zu einer «nach mir die Sintflut»-Mentalität führen?
Ganz im Gegenteil: Interim Manager wollen eine Referenz und einen Folgeauftrag. Wenn sie für uns als Provider einmal erfolgreich gearbeitet haben, vergrössern sich die Chancen, wieder eingesetzt zu werden. Gute Arbeit führt letztlich auch zu einem guten Image.
Interim Management hat den Ruf, teuer zu sein. Was kostet Interim Management?
Die Kosten sind abhängig von der anstehenden Aufgabe, dem «Kaliber» des Interim Managers und der geplanten Dauer des Einsatzes. Nach der aktuellen Studie des Branchenverbandes AIMP lagen im Jahr 2007 die durchschnittlichen Kosten eines Interim Managers in Deutschland bei circa 1.500.- CHF/Tag. In der Schweiz liegen sie nach unserer Erfahrung im Durchschnitt etwa bei 2.000.- CHF/Tag. Eine normale Bandbreite liegt zwischen 1.500.- und 2.500.-. CHF. Ein Zeitmanager ist im Jahr dafür an durch¬schnitt¬lich 145 bezahlten Arbeitstagen beschäftigt. Aus Sicht der nachfragenden Unternehmen ist zu berücksichtigen, dass bei den Interim Managern nur die tatsächlich gearbeiteten Tage bezahlt werden müssen. Krankheits-, Weiterbildungs- und Ferientage werden ebenso wie Feiertage oder «Leerzeiten» nicht bezahlt. Zudem sind keine weiteren Personalzusatzkosten oder sogar anteilige Abfindungskosten zu kalkulieren. Insgesamt sind die Kosten eines Interim Managers mit denen eines Managers in Festanstellung (bei Vollkostenrechnung) vergleichbar.
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Wie präsentiert sich die Branche in der Schweiz und im deutschsprachigen Raum?
Die Branche entwickelt sich rasant. Aktuelle Studien gehen von jährlichen Wachstumsraten zwischen 20 und 30% aus. Insgesamt bedienen im deutschsprachigen Bereich etwa 15 marktrelevante Provider diesen sensiblen Personal- und Beratungsbereich. Über 10.000 Interim Manager stehen für Kundeneinsätze zur Verfügung.
Wie ist die butterflymanager GmbH als Provider für Interim Management positioniert?
Für uns ist Qualität ganz wichtig, was auch im letzten Jahr wieder durch eine unabhängige Untersuchung bestätigt wurde. Diese Qualität sichern wir durch eine sehr detaillierte und prozessorientierte Vorgehensweise, zu der sich alle unsere Mitarbeiter verpflichtet haben. Ansonsten ist es eine Frage der beteiligten Menschen, dass Vertrauen gelebt wird. Inhaltlich positionieren wir uns als führender Provider für Interim Management in den deutschsprachigen Ländern Europas. Wir sind Spezialist für Interim-Positionen auf der ersten und zweiten Führungsebene sowie nicht alltägliche, qualifizierte Projektarbeit: Alle Branchen, alle Funktionen, national und international. Wenn Kunden letztlich doch eine Festanstellung bevorzugen, können sie gerne unser Modell «TRY & HIRE ®» wählen. Dabei kann im Anschluss an einen Interim-Einsatz eine Festanstellung folgen. Wenn gewünscht, auch sofort. Viele der bei uns registrierten Manager sind offen für eine solche Lösung und kurzfristig verfügbar.
«Die Branche entwickelt sich rasant. Aktuelle Studien gehen von jährlichen Wachstumsraten zwischen 20 und 30% aus.» (Harald Schönfeld)
Sie wollen nur die besten Führungskräfte vermitteln. Nach welchen Kriterien suchen Sie die Personen aus?
Unsere Kriterien umfassen folgende Kompetenzbereiche: (1) Fachlich/funktional, (2) Methodik, (3) Menschlich/kulturell, (4) Situation. Hinzu kommen ausführliche persönliche Gespräche sowie ein sorgfältiger Check der einzelnen Stationen im Lebenslauf, der Referenzen und der vorher gelösten Aufgaben als Interim Manager.
Wir haben jetzt immer vom Interim Manager gesprochen. Wie gross ist heute der Anteil der Interim Managerinnen?
Der Anteil der Interim Managerinnen entwickelt sich wie die Branche und ist mit 16% noch relativ klein. Er hat sich nach der aktuellen Studie des AIMP jedoch im Vergleich mit dem Jahr 2006 schon verdoppelt. Ich gehe von einer weiteren Steigerung aus.
Welche Entwicklungen erwarten Sie für das Interim Management in der Zukunft?
Unternehmen werden auch in Zukunft verstärkt und immer schneller neue Produkte und Dienstleistungen anbieten und neue Märkte angehen müssen. Dazu bedarf es neuer Vorgehensweisen und der Fähigkeit, sich immer wieder in Frage zu stellen und neu zu erfinden. Dabei muss bislang nicht vorhandenes, externes Wissen in das Unternehmen transferiert werden – und das möglichst schnell und flexibel in der erforderlichen Menge (Kapazität). Somit sind es also weniger die unerwünschten und unangenehmen Anlässe, die zu einem verstärkten Einsatz von Interim Management führen. Ich erwarte vielmehr, dass Interim Management in einem gezielt verschlankten Unternehmen als effizienzorientiertes Instrument zur Ergänzung der Kompetenz und Leistungsfähigkeit der internen Kapazitäten zukünftig noch mehr genutzt wird. Somit wird Interim Management in modernen Unternehmen ein ganz normales Instrument des Personalmanagements.
Herr Schönfeld, herzlichen Dank für das Interview.
Zum Unternehmen:
butterflymanager® ist ein führender Provider für Interim Management in den deutschsprachigen Ländern Europas. Das Unternehmen ist Spezialist für Interim-Positionen auf der ersten und zweiten Führungsebene sowie für qualifizierte Projektarbeit in allen Branchen. Mehr als 1500 Interim Manager stehen, z.B. als Vorstand oder Geschäftsführer (CEO), Leiter Finanzen (CFO), Werksleiter, Produktionsleiter, QM-Leiter, HR-Leiter national und international bereit. Kunden finden regionale Ansprechpartner in Büros des Unternehmens in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Zur Person:
Dr. Harald Schönfeld ist Geschäftsführender Gesellschafter der butterflymanager GmbH. Schönfeld ist Diplom-Volkswirt und ergänzte dies durch ein Postgraduiertenstudium «Innovationsmanagement» an der Technischen Universität Berlin sowie eine Promotion in Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien. Seine berufliche Laufbahn vor butterflymanager® war marketing- und vertriebsorientiert mit Stationen als Produktmanager, Marketing Director Europa und als Geschäftsführer; vor allem für grössere, international agierende Unternehmen. Schönfeld selbst ist seit Januar 2008 Vorstandsmitglied und Stellvertretender Vorsitzender des Branchenverbandes «Arbeitskreis Interim Management Provider». Neben dem Beruf engagiert er sich in der Schweiz im Vorstand des Serviceclubs «Fifty-One International» und ist aktives Mitglied in der Young Presidents´ Organization (YPO), Chapter Greater Europe. Schönfeld, Jahrgang 1962, ist verheiratet und Vater zweier Söhne.