Hari Bhambra, Gründerin und Managing Partner der Praesidium Consulting in Dubai: «Kulturelle Hürden im Mittelost-Business werden oft unterschätzt.»

Hari Bhambra, Gründerin und Managing Partner der Praesidium Consulting in Dubai: «Kulturelle Hürden im Mittelost-Business werden oft unterschätzt.»

von Gérard Al-Fil


 


Frau Bhambra, Sie waren bei der Dubai Financial Services Authority (DFSA) seit deren Gründung in 2003 dabei. Was hat Sie dazu bewegt, nunmehr ihre eigene Beratungsfirma «Praesidium» aufzubauen?


 


Hari Bhambra: Die letzten viereinhalb Jahre bei der DFSA waren für mich eine grosse Herausforderung und bereichernde Erfahrung. Der Bereich wuchs von 18 Leuten zu Beginn auf über 100 Mitarbeiter. Ich hatte das Glück, im Gründungsteam die Philosophie der DFSA-Regulationen und insbesondere das Systems Regulatory Model für islamisches Recht, der Scharia, mitzuentwickeln. Mit der von mir neu gegründeten Beratungsfirma Praesidium bieten meine Geschäftspartner und ich einen Service für Unternehmen, die sich im DIFC niederlassen wollen, jedoch keine Kenntnis über die Regularien und die Compliance verfügen. Diesen Service können wir sowohl für konventionelle Finanzdienstleister als auch für islamische Banken leisten. Die Idee hinter Praesidium ist es, dem Kunden neben den regulatorischen Aspekten des DIFC ebenso die kulturellen Besonderheiten des Mittleren Ostens zu vermitteln. Es ist zwar wichtig, das Konzept des DIFC und dessen rechtlich internationale Kompatibilität genau zu verstehen,  doch muss dies immer in einem regionalen Kontext gesehen werden. Ich habe während meiner Zeit bei der DFSA beobachtet, dass diese kulturelle Hürde of übersehen und unterschätzt wurde. Diese Nische möchte mit Praesidium als unabhängige Consulting-Firma besetzen.


 


Bitte erläutern Sie die Grundidee des DIFC und der Dubai Financial Services Authority (DFSA).


 


Das DIFC ist eine Onshore-Finanzplatz, eine 436 Quadratkilometer grosse Free Zone im Zentrum von Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Hinter dem DIFC steht Dubais Regent, Seine Hoheit Scheich Mohammed Bin Raschid Al Maktoum, der mit der Free Zone die geografische Lücke im globalen Finanzsystem zwischen dem Fernen Osten und den etablierten Finanzzentren London und New York schliessen will. Gedanklich entworfen wurde das DIFC 2002, eröffnet wurde es im Jahr 2004. Seitdem haben sich 436 Finanzdienstleister für eine Branch im DIFC entschieden. Der rechtliche Rahmen im DIFC orientiert sich am Common Law, die Gesetze in den VAE dagegen am Civil Law. Beaufsichtigt wird das DIFC von der Dubai Financial Services Authority (DFSA). Die Statuten der DFSA basieren auf internationalen Standards, vergleichbar mit denen der britischen Financial Services Authority (FSA). Ausserdem gelten die Standards der International Organization of Securities Commissions (IOSCO), Basel II und, im Hinblick auf das Islamic Finance, die Bilanzierungsvorschriften der Accounting and Auditing Organization for Islamic Financial Institutions (AAOIFI).


 



«Firmen aus der Schweiz sollten das DIFC als strategische Ausgangsbasis für eine sehr wohlhabende Region in Betracht ziehen.»
Hari Bhambra


 


Aus der Schweiz sind die Grossbanken UBS und Credit Suisse sowie einige Privatbanken im DIFC bereits ansässig. Warum sollten Banken, Vermögensverwalter und IT-Dienstleister,die noch nicht im DIFC sind, dort Fuss fassen?


 


Firmen aus der Schweiz sollten das DIFC als strategische Ausgangsbasis für eine sehr wohlhabende Region in Betracht ziehen. Der Mittlere Osten ist eine Region, in der das Geschäftsleben stark auf persönliche Beziehungen aufbaut. Im DIFC lizenzierte Firmen finden hier nicht nur 436 Finanzdienstleister und potenzielle Geschäftspartner vor, sondern haben von Dubai aus Zugang zur wachsenden Gemeinde der High Net Worth Individuals (HNWI) und der Ultra-HNWI quer über den Mittleren Osten hinweg.


 


Welchen Service können Sie also mit Praesidium für DIFC-Anwärter erbringen?


 


Praesidium kann Firmen in allen Aspekten der Compliance helfen, einen reibungslosen Start im DIFC zu vollziehen. Um eine DIFC-Lizenz zu bekommen, müssen Firmen einen regulatorischen Businessplan vorlegen und ein internes Compliance-System konzipiert haben. Wir zählen zu unserem Service-Paket die folgenden Dienstleistungen:


 


– Formulierung des Antragsgesuchs für die DFSA


– Entwicklung von Standards für die Compliance-Dokumentationen


– Implementierung eines Compliance-Systems


– Im Islamic Finance: Implementierung einer Scharia-Compliance


– Besorgung von Rechtsgutachten («Fatwas») für Scharia-konforme Produkte


– Entwicklung von Scharia-konformen Prozeduren im Unternehmen


– Assistierung bei der Auflegung von im DIFC domizilierten konventionellen und islamischen Fonds


– Compliance-Training für Mitarbeiter


 


Weitere Informationen und unsere Koordinaten sind auf unserer Webseite www.praesidium.ae einsehbar.


 


Wie lange dauert es in der Regel, bis die DFSA eine Lizenz erteilt?


 


Die Zusammenstellung und Formulierung des Gesuchs nimmt in der Regel 4 bis 6 Wochen in Anspruch. Die DFSA hat in einigen Fällen das Gesuch nach 2 Monaten gutgeheissen. Manchmal kann dies bis zu vier Monate dauern, doch hängt dieser Prozess sehr von der Vollständigkeit der Antragsunterlagen ab, und davon, ob es sich um eine in ihrem Heimatmarkt etablierte Firma oder um eine Neugründung handelt.


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Zielen sie auf eine langfristige Geschäftsbeziehung zu ihren Kunden ab?


 


Ja, wie im Mittleren Osten üblich, streben auch wir dauerhafte Beziehungen zu unseren Kunden an. Wir können den Unternehmen helfen, ihre Compliance-Standards wie es die DFSA verlangt, permanent aufrecht zu erhalten und die Mitarbeiter dahingehend zu schulen. Die DFSA führt ein strenges Regime, so dass die Erfüllung der regulatorischen Standards nicht lästige Pflicht sondern «second nature» werden muss.


 


Die Strenge der DFSA hat der britische Asset Manager Forsyth ja am 28. August zu spüren bekommen, als ihm die DIFC-Lizenz wegen Kapitalunterdeckung entzogen wurde. Können Sie etwas zu den genauen Hintergründen sagen?


 


Ich kann den Fall Forsyth nicht speziell kommentieren, doch verdeutlich das Vorgehen der DFSA, dass es dem Regulator obliegt, nicht nur Standards zu implementieren, sondern diese auch, falls notwendig, konsequent auszuführen. Das Beispiel Forsyth hat allen Teilnehmern im DIFC vor Augen geführt, dass sie das Regelwerk der DFSA ernst nehmen müssen.


 


Das DIFC konkurriert mit Finanzplätzen anderer Golfstaaten, wie etwa mit dem Bahrain Financial Harbour (BFH) und dem Qatar Financial Centre (QFC). Ist Dubai im Vergleich zu den beiden genannten Zentren nicht ein teures Pflaster?


 


Jeder Standort wird seine Stärken entwickeln. Das DIFC ist momentan der beste Standort. Allein die Tatsache, dass sich unter den 436 Firmen die global führenden Banken der Welt befinden, bestätigt das DFIC in seiner Konzeption. Das Regelwerk der DFSA wurde gestestet, angewandt und bei Bedarf verfeinert. Dass die Kosten in Dubai rapide steigen, ist eine Tatsache, die sich gar nicht bestreiten lässt. Allerdings ist dies an allen Finanzplätzen von Weltgeltung der Fall.


Dennoch sprechen zwei Faktoren für Dubai: erstens reagiert das Golfemirat nicht auf Veränderungen in Mittelost, sondern umgekehrt: Dubai ist schon seit Jahren Zugpferd in der Golfregion wenn es um Innovation und Diversifikation der Wirtschaft geht. Zweitens ist es der Faktor Mensch, den das «Tor zum Golf» so attraktiv macht: Hochqualifizierte Menschen aus aller Welt entscheiden sich in erster Linie für Dubai, um Mittelost-Erfahrung zu sammeln.


 


 


Sind Ihnen im DIFC Fälle bekannt, bei denen aufgrund falscher Vorstellungen der Geschäftserfolg ausblieb?


 


Ja, wobei ich dies nicht speziell am DIFC festmachen will. Vielmehr werden immer wieder Firmen oder Mitarbeiter auf dem falschen Fuss erwischt, weil sie mit falschen Vorstellungen über den Mittleren Osten nach Dubai übersiedelten. Das DIFC mag ein internationaler Finanzplatz sein, doch ist die persönliche Beziehung in Dubai wie überall im Mittleren Osten das A und O. Immer wieder ziehen Banker hierher, die dies aus ihren Ländern nicht kennen. Die Beziehungsebene umfasst ale Bereiche des täglichen Lebens am Golf, nicht nur das Business. Einige Finanzdienstleister tun sich in Dubai recht schwer, weil sie die kulturellen und religiösen Aspekte des Business am Golf einfach ignorieren. Diese Firmen können sich im DIFC nur dann langfristig  etablieren, wenn sie ihr operatives Geschäft und ihre Strategie neu adjustieren. Auch hier kann Praesidium wertvolle Dienste leisten.


 


Wie stark möchten Sie in den ersten zwei Jahren wachsen?


 


So Gott will, werden wir mit unseren Kunden wachsen, das hängt ganz von der Nachfrage ab. Die ersten Anfragen liegen uns bereits vor. Obgleich wir zunächst organisch wachsen wollen, haben wir auch einen Plan für allfällige Akquisitionen ausgearbeitet. Ausserdem sind Niederlassungen in anderen Finanzzentren fest vorgesehen.


 


Was wollen Sie persönlich mit Praesidium erreichen?


 


Es ist mir – neben dem geschäftlichen Erfolg – ein grosses Anliegen, mit Praesidium einen Bewusstseinswandel herbeizuführen. Als islamisches Land sind die VAE extrem tolerant und Dubai zeigt das Gesicht des wahren Islam: es schliesst alle ein, Einheimische wie Gastarbeiter, die am Erfolg der Golfmetropole mitwirken wollen. Ich möchte helfen, Klischees über Frauen im Mittreren Osten zu widerlegen, denn gerade Dubai beweist, wie ungehindert Frauen im Business ihre Chancen wahrnehmen können. Ich selber hatte während meiner bisherigen Laufbahn in Dubai viel Unterstützung erhalten. Die meisten meiner Geschäftspartner aus Europa sind immer wieder hochüberrascht, wie stark Frauen in die Arbeitswelt des Mittleren Ostens integriert sind und wie erfolgreich sie sein können.


 


Sie werden am 30. Oktober 2007 im Zürich auf dem International Islamic Finance Forum (IIFF) referieren. Worum wird es genau in Ihrem Vortrag gehen?


 


In meinem Referat werde ich die Themen Regulierung im Islamic Finance und deren Auswirkung auf die Zukunft der Branche behandeln. Dies wird auch eine unserer Kerndienstleistungen bei Praesidium sein. Dieses Gebiet ist noch jung und zugleich sehr komplez, da der Emittent eines korankonformen Finanzprodukts nicht nur dessen Austattungsmerkmale im Hinblick auf den Kapitalmarkt stichhaltig formulieren muss, sondern zugleich die strengen Anforderungen der Scharia zu beachten hat, auch nachdem das Produkt für den  Markt zugelassen wurde. Die DFSA hat hier klare Zulassungskritierien formuliert. Praesidium kann die Emission islamischer Fonds und Finanzierungslösungen begleiten helfen und der auftraggebenden Bank die Dokumentation abnehmen.


 







Zur Person:

Hari Bhambra startete ihre Karriere 1998 bei der Financial Services Authority (FSA) in London, wo sie das Regelhandbuch mitformulierte. Sie ging später zu Goldman Sachs wo sie für die Implementierung von bankinternen Standards half, die vom (FSA) vorgeschrieben sind. Hari Bhambra stiess 2003 zum Gründungsteam der Dubai Financial Services Authority (DFSA) im Dubai International Financial Centre (DIFC) hinzu. Dort oblag ihr insbesondere die Formulierung des regulatorischen Rahmen für islamische Finanzdienstleister im DIFC. Im Juli 2007 verliess sie die DFSA und gründete mit zwei strategischen Geschäftspartnern die Beratungsfirma Praesidium LLP im DIFC. Frau Bhambra hat einen Bachelor of Laws (LLB) und einen Master of Laws (LLM) vom University College London (UCL) sowie ein Diploma in Legal Practice vom Londonder College of Law.

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