Von Martin Vetterli
Die emotionale Bindung ans Elternhaus stehe einer nüchternen Kostenanalyse oft im Weg. Das sagen Immobilienspezialisten nicht leichtfertig, sondern mit der Erfahrung aus Hunderten von Beratungsgesprächen. Wenn man den Erben dann aber vorrechne, wie schlecht Einfamilienhäusern rentieren, falle der Entscheid zugunsten eines Verkaufs vielen Erben leicht. Denn die von Experten geforderte Rendite von mindestens 6 Prozent lässt sich nur in Ausnahmefällen erwirtschaften.
Ausrechnen, wie viel ein Einfamilienhaus einbringt und wie viel es kostet, ist keine Hexerei, verlangt aber einiges an Geduld und Zeit. Es empfiehlt sich, dabei systematisch vorzugehen:
Das Haus einschätzen lassen
Den Verkehrswert – das heisst: der wahrscheinliche Verkaufspreis – ermittelt am besten mit Hilfe eines unabhängigen Schätzers. Die Kosten von 1500 bis 2000 Franken pro Schätzung sind gut investiertes Geld. Wenn die Erben uneinig sind und unterschiedliche Interessen verfolgen, lohnen sich womöglich auch verschiedene Expertisen. Sie verhindern später gehässige Dauerdiskussionen über den wahren Wert der verkauften Liegenschaft.
Die Mieteinnahmen berechnen
Herausfinden, wie viel Miete man für ein Einfamilienhaus verlangen kann, lässt sich auf unterschiedliche Weise. Am einfachsten ist, man fragt den Schätzer. Er ist der Experte für solche Fragen und er kennt den lokalen Immobilienmarkt aus dem Effeff. Nützlich sein können auch Umfragen bei Freunden vor Ort und das Studium von Inseraten vergleichbarer Objekte.
Die Unterhaltskosten ermitteln
Dann lassen sich die Kosten ermitteln, die das Haus verursacht. Am besten berechnet man jeden Kostenpunkt einzeln:
- Hypothekarkosten: Sie lassen sich mit Hilfe des konkreten Hypozinssatzes berechnen.
- Unterhaltskosten: Sie machen erfahrungsgemäss rund 1 Prozent des Hauswerts (den Wert des Grundstück nicht einrechnen!) aus.
- Verwaltungskosten: Sie belaufen sich auf durchschnittlich 5 Prozent der Mietzinseinnahmen.
- Steuern: Die Nettoeinnahmen (Mietzinseinnahmen minus Unterhaltskosten minus Verwaltungskosten) müssen als Einkommen versteuert werden.
- Abschreiber für das Gebäude: Bei älteren Liegenschaften beläuft er sich auf 1,2 bis 1,5% des Hauswerts.
Wenn man von den Mieteinnahmen alle Ausgaben abgezählt hat, weiss man, wie viel ein Haus pro Jahr einbringt.
Die Rendite ausrechnen
Jetzt lässt sich in einem letzten Schritt die Rendite berechnen. Das ist der einfachste Teil des Analyse: Dazu rechnet man aus, wie gross der Anteil der Nettoeinnahmen zum Vermögen ist, das im Haus investiert ist. Die so berechnete Nettorendite sollte sich auf mindestens 5 Prozent belaufen. Wenn nicht, ist ein Verkauf die bessere Lösung.
Bei Mehrfamilienhäuser zählt nur die Mieten
Die Rechnung lässt sich problemlos auch auf Mehrfamilienhäuser übertragen. Grundlage dabei die Analyse ist aber nicht der Verkehrswert wie bei Einfamilienhäusern, sondern die Mieteinnahmen. Das ist ein gewichtiger Unterschied.
Erben, die über Mietzinserhöhungen die Rendite aufbessern wollen, machen die Rechnung aber ohne ihre Mieter. Die können sich nämlich gegen ungerechtfertigte Mietzinsaufschläge zur Wehr setzen. Und ein Besitzerwechsel, das zeigt die Gerichtspraxis, rechtfertigt keine höheren Mieten.