Heinz Köhli, CEO Jet Aviation: «Für die Jet Aviation Gruppe ist der Ausbau von Basel von grösster Bedeutung»
von Patrick Gunti
Moneycab: Herr Köhli, nach der Zusage des Euroairports Basel zum Ausbau der Zone Süd kann Jet Aviation seinen Betrieb deutlich ausbauen. Was beinhaltet dieser Ausbau und in welchen Etappen wird er erfolgen?
Heinz Köhli: Der Ausbau in Basel erfolgt in zwei Etappen. Ende November beginnen wir mit einem Hangaranbau von einer Fläche von 3’320 m² und erwarten die Fertigstellung Ende Januar 2007. In der Zone Süd wird dann ein Grossraumhangar von 7’760 m² errichtet, in den wir rund 30 Millionen Franken investieren. Zusätzlich zur Hangarfläche entstehen ein Gebäude mit Werkstätten und technischen Büros von 4’000 m² sowie ein Vorfeld von 16’000 m². Baubeginn ist auf Mitte 2007 vorgesehen und wir rechnen mit der Inbetriebnahme im Frühling 2008.
Wie wichtig ist dieser Ausbau für Ihr Unternehmen?
Für die Jet Aviation Gruppe ist der Ausbau von Basel von grösster Bedeutung. Täglich befinden sich durchschnittlich mehr als 60 Regierungs- oder Geschäftsflugzeuge für Arbeiten wie Innenausbau und ?umbau sowie Wartung in Basel. Während der letzten zwei Jahre ist der Betrieb stark gewachsen und hat in den vergangenen Monaten bedeutende Aufträge für den Innenausbau und ?umbau mehrerer grosser Flugzeuge akquiriert. Um diese Arbeiten, sowie weitere Aufträge, künftig bearbeiten zu können brauchen wir dringend mehr Arbeitsfläche. Zusätzlich werden wir in den nächsten 18 Monaten 400 neue Stellen in Basel schaffen, was auch eine positive Auswirkung auf die Wirtschaft der umgebenden Regionen in Frankreich, Deutschland und der Schweiz hat.
Am Euroairport in Basel ist Jet Aviation bereits heute der grösste Arbeitgeber. Nun kommen 400 neue Stellen dazu. In welchen Bereichen?
Wir suchen Fachkräfte insbesondere für die Wartung, Avionik, Engineering, Schreinerei und anderen Bereichen, die speziell für die Innenausstattung und Bemalung von Bedeutung sind. Bei Jet Aviation Basel beschäftigen wir eine Vielzahl von hoch qualifizierten und spezialisierten Arbeitskräften, wie Flugzeugmechaniker, Spengler oder Sattler und bilden in diesen Fachgebieten auch Lehrlinge aus.
«Wir werden in den nächsten 18 Monaten 400 neue Stellen in Basel schaffen, was auch eine positive Auswirkung auf die Wirtschaft der umgebenden Regionen in Frankreich, Deutschland und der Schweiz hat.» Heinz Köhli, CEO Jet Aviation
Der Grosshangar ist für Flugzeuge bis zur Grösse eines Airbus A380 oder einer Boeing 747-8 ausgelegt. Haben die Verzögerungen bei der Auslieferung des A380 Aufwirkungen auf Ihre Planung?
Nein, eigentlich nicht. Die derzeitige Auftragssituation ist so, dass wir den Hangar sofort mit anderen Flugzeugtypen, zum Beispiel der Boeing 747-400, belegen können. Der neue Hangar hilft uns bei der Akquirierung von künftigen Grossaufträgen gegenüber unserer starken Konkurrenz in den USA sowie Europa.
Aus einem Wartungsunternehmen für die Geschäftsluftfahrt in Europa ist in knapp vier Jahrzehnten ein global tätiges Unternehmen mit zahlreichen Dienstleistungen und über 4500 Mitarbeitenden geworden. Wenn wir uns die einzelnen Geschäftsbereiche ansehen: Wie entwickelt sich der Bereich Flugzeug-Management?
Der Bereich Flugzeug-Management spielt für unsere Gruppe eine zentrale Rolle. Zurzeit operieren wir weltweit rund 200 Flugzeuge im Auftrag von Flugzeugeigentümern. Für diese wickeln wir die ganze Operation ab, d.h. wir stellen die Flugzeugbesatzung ein, organisieren die Flugplanung und kümmern uns um die Wartung. Da die Jet Aviation Gruppe insbesondere auch Wartung anbietet, werden die meisten dieser Flugzeuge auch in unseren Betrieben unterhalten.
In einer Managementvereinbarung profitieren Kunden von günstigeren Versicherungsleistungen und Betankung, da Jet Aviation dank ihrer Grösse weltweit Flottenrabatte erhält und diese an ihre Kunden weitergibt. Dank innovativen Dienstleistungen, wie dem Flight Support, wo Kunden spezifische Dienstleistungen aus einem umfassenden Angebot auswählen können, sind wir überzeugt, dass dieser Bereich in den kommenden Jahren beträchtlich wachsen wird.
Gleichzeitig ist Jet Aviation einer der weltweit grössten Anbieter von Airtaxi-Flügen. Wo wird dieses Geschäft besonders erfolgreich betrieben?
In Europa und Nordamerika offerieren wir Airtaxi-Flüge von unseren zwei Zentren in Zürich und Teterboro, New Jersey. In diesen zwei wichtigsten Märkten verzeichnen wir gegenwärtig Zuwachsraten von bis zu 15 Prozent und wir sind zuversichtlich, dass dieser Trend in den kommenden Jahren anhalten wird. In Europa unterhalten wir vier eigene Maschinen, drei Citation Bravos und eine Citation Excel, mit einer Reichweite von 3’600 Kilometern mit maximal acht Passagierplätzen. Weltweit haben wir Zugriff auf einen Teil unserer Management Flugzeuge, im Einverständnis mit den Eigentümern, und arbeiten mit vielen Flugzeugbetreiben zusammen. In den letzten Jahren haben wir zudem unsere Präsenz in Asien stark ausgebaut und unterhalten in Hong Kong ein Zentrum für Flugzeug Management und Airtaxi. Demnächst werden wir auch unsere Airtaxi Dienstleistungen direkt aus dem arabischen Raum anbieten können.
Welchen Stellenwert nimmt heute bei Jet Aviation der Bereich Abfertigung und Bodendienste / Fixed Base Operations FBO ein?
Wir unterhalten in Nordamerika, Europa, dem Mittleren Osten sowie in Asien verschiedene FBO Betriebe, welche Abfertigungsdienstleistungen sowie Wartung anbieten. Das FBO Geschäft ist für uns sehr wichtig, auch für die Kundenbindung. Es ist für uns von Vorteil, wenn ein Jet Aviation Kunde, z.B. aus Nordamerika auf seinen Flügen jeweils an einem Jet Aviation FBO in Europa, dem Mittleren Osten oder in Asien abgefertigt werden kann. Zudem ist es oftmals so, dass ein Flugzeugeigentümer Jet Aviation erstmals bei einem seiner Besuche bei einem unserer FBOs kennen- und schätzen lernt und uns dann auch für weitere Dienstleistungen in Betracht zieht.
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Nach 38 Jahren als Familienunternehmen ist Jet Aviation nun seit etwas mehr als einem Jahr im Besitz von Permira Fonds, einem der grössten Private-Equity-Spezialisten in Europa. Sie sind selber seit über drei Jahrzehnten im Unternehmen. Wie hat sich die Unternehmenskultur verändert?
Eigentlich muss ich feststellen, dass kein prinzipieller Unterschied zwischen einem Private-Equity-Spezialisten und einem verantwortlichen Familienunternehmen besteht. Beide sind an langfristiger Wertsteigerung interessiert. Was Permira mitbringt, ist zusätzlich der Blick von aussen und die Erfahrung von vielen anderen Investments, die uns zugute kommt. Ausserdem hat das Unternehmen mit dem neuen Gesellschafter ambitionierte Expansionspläne entwickelt und bereits mit der Umsetzung begonnen. Der Ausbau in Basel ist ein massives Investitionsprogramm, das nicht nur neue Arbeitsplätze in der Region schafft, sondern auch klar die Bedeutung der Schweiz als Standort sichert. Darüber sind wir sehr froh. In den USA haben wir zur Stärkung des Unternehmens eine Akquisition getätigt, die wir zügig durchführen konnten. Und weitere Ausbauschritte bei bestehenden Jet Aviation Standorten und zusätzliche potentielle Akquisitionen in anderen Ländern werden aktiv vorangetrieben, nicht zuletzt dank der Unterstützung durch Permira.
In den Anfängen, direkt nach der Übernahme der Jet Aviation Gruppe durch Permira, ging es auch darum sich gegenseitig noch besser kennen- und in der Arbeit verstehen zu lernen. Dieser Prozess ist aber schon lange abgeschlossen. Es ist eine gute Vertrauensbasis zwischen Permira, Verwaltungsrat und Konzernleitung entstanden und die Zusammenarbeit ist ausgezeichnet.
Eines der Hauptziele der neuen Besitzer ist der Ausbau des Nordamerika-Geschäfts. Ein Schritt dazu war die von Ihnen angesprochene Übernahme von Midcoast Aviation in diesem Jahr. Wie ergänzen sich diese beiden Unternehmen?
Die Akquisition von Midcoast Aviation war ein erster Meilenstein in der Expansionspolitik der Jet Aviation Gruppe. Für Jet Aviation war diese Akquisition eine wichtige Basis, um den weltweit bedeutendsten Markt für Geschäftsflugzeuge (10’000 der weltweit 14’000 Businessjets sind in den USA immatrikuliert) offensiv auszubauen. Midcoast Aviation beschäftigt gegen 1?000 Mitarbeitende und geniesst in Nord-Amerika einen hervorragenden Ruf in den Bereichen Flugzeugwartung- und Innenausbau.
Seit dem Kauf von Midcoast hat die Jet Aviation Gruppe in den USA auch erfolgreich eine Transformation durchgeführt. Aufgrund des ausgezeichneten Rufs von Midcoast als Wartungs- und Innenausstattungsbetrieb in den USA werden die Jet Aviation Wartungsbetriebe in Boston, Chicago, Palm Beach und Teterboro neu unter dem Namen Midcoast geführt. Andererseits hat Jet Aviation, welche in den USA ein führendes FBO Unternehmen ist, bezüglich der Namensbezeichnung den FBO von Midcoast in St. Louis übernommen. Jet Aviation und Midcoast Aviation ergänzen sich ausgezeichnet und die Integration beider Unternehmen ist in der Zwischenzeit erfolgreich abgeschlossen worden.
Welchen Stellenwert hat Jet Aviation nach dieser Akquisition im US-Markt?
Die Jet Aviation gehört in den USA in den Bereichen FBO, Flugzeug Management und Airtaxi Dienstleistungen zu einem der führenden Unternehmen in der Geschäftsluftfahrt. Zusätzlich ist Jet Aviation nun zusammen mit Midcoast Aviation einer der grossen Player im Wartungsgeschäft und im Bereich Innenausbau in Nordamerika, was die Position der Jet Aviation Gruppe in diesem wichtigen und grossen Markt erheblich verstärkt.
«Die Akquisition von Midcoast Aviation war ein erster Meilenstein in der Expansionspolitik der Jet Aviation Gruppe.» (Heinz Köhli)
Welche weiteren internationalen Ausbauschritte sind geplant?
Die Jet Aviation Gruppe wird weiterhin organisch und durch Zukäufe wachsen. Das Management prüft verschiedene weitere Akquisitionen von Firmen oder den Bau von neuen Betrieben in strategisch wichtigen Regionen und Zukunftsmärkten, wie z.B. in den USA, Russland, Süd Amerika, Indien und China. Ausschlaggebend ist jedoch, dass Zukäufe strategisch sinnvoll sind. Das Ziel ist ganz klar, Jet Aviation noch stärker als weltweit führenden Anbieter von Business Aviation mit höchsten Ansprüchen an Service und Qualität zu positionieren. Dazu prüfen wir potentielle Zukäufe sehr sorgfältig. Zusätzlich wird in den Ausbau bestehender Jet Aviation Betriebe massiv investiert (siehe Basel) um die steigende Nachfrage nach Dienstleistungen auch künftig befriedigen zu können.
Jet Aviation hat 2005 einen Umsatz von 830 Mio. Franken und ein Wachstum von 15 Prozent ausgewiesen. Welches Wachstum streben Sie in den kommenden Jahren an?
Dank der verschiedenen eingeleiteten Massnahmen seit der Übernahme durch Permira, den Kauf von Midcoast Aviation in den USA sowie die gute Auftragslage in allen Betrieben insbesondere in der Wartung, der Innenausstattung, dem Charter und FBO Business wird die Gruppe in 2006 erstmals den Umsatz auf über CHF 1 Milliarde steigern. In 2006 wurde auch die Anzahl der Mitarbeitenden von 3’500 auf über 4’500 erhöht mit steigender Tendenz. Für die kommenden Jahre streben wir ein überdurchschnittliches Wachstum an und unser Ziel ist es, in Zusammenarbeit mit Permira und dem Verwaltungsrat die Jet Aviation Gruppe als führendes Unternehmen in der Geschäftsluftfahrt weiter zu etablieren.
Ist der Börsengang ein Thema?
Bei einem Finanzinvestor als Gesellschafter geht es klar um eine Partnerschaft auf Zeit, in der sich das Unternehmen nachhaltig entwickelt. Wann und wie Permira aussteigt ist vor allem die Entscheidung von Permira und hängt auch sicher von externen Faktoren wie der zu gegebener Zeit bestehenden Marktsituation ab. Je nach Situation auf dem Kapitalmarkt kann ein Börsengang sicherlich in Betracht gezogen werden. Klar ist, dass Management und Gesellschafter in dieser Frage Hand in Hand arbeiten werden.
Zur Person:
Heinz Köhli, geboren 1951 in Zürich, ist seit Mai 2003 Chief Executive Officer am Sitz der Jet Aviation Gruppe in Zürich. Köhli trat dem Unternehmen 1974 bei und leitete bis 1992 die europäische Executive Charter Abteilung. Im gleichen Jahr wurde er zum President und COO von Jet Aviation Europa, Mittlerer und Ferner Osten befördert. Heinz Köhli hat einen Abschluss der KV Business School in Zürich. Er verfügt über breite Erfahrung in der Tourismusindustrie. In der Schweizer Armee diente er bei der Infanterie im Rang eines Mayors.
Zum Unternehmen:
Jet Aviation wurde 1967 in der Schweiz gegründet und ist eines der weltweit führenden Dienstleistungsunternehmen in der Geschäfts- und Privatluftfahrt. An rund 60 Standorten in Europa, dem Mittleren und Fernen Osten (EMEA) sowie in Nord- und Südamerika werden Kunden von über 4’500 Mitarbeitenden bedient. Mehr als 50% der Geschäftsaktivität entfallen auf Europa, gefolgt von Nordamerika, dem Mittleren und Fernen Osten. Mit dem stetigen und weltweiten Wachstum der Firma durch Übernahmen von Unternehmen oder den Ausbau bestehender Betriebe verpflichtet sich Jet Aviation, das Angebot für Kunden weiterhin mit ergänzenden Dienstleistungen zu erweitern, kombiniert mit der bestmöglichen Kundenpflege.