Heinz Leuthold, HLM Mechanik AG: «Wichtig ist, dass jeder verdiente Franken in das Unternehmen (re-)investiert wird und wir gegenüber Shareholder keine Verpflichtungen eingegangen sind»

Heinz Leuthold, HLM Mechanik AG: «Wichtig ist, dass jeder verdiente Franken in das Unternehmen (re-)investiert wird und wir gegenüber Shareholder keine Verpflichtungen eingegangen sind»

Von Helmuth Fuchs

Herr Leuthold, wer seine Katze mit Sheba Tiernahrung aus Alu-Behälter füttert oder sich eine Tasse Nespresso zubereitet, ist Ihrer Firma schon sehr nahe gekommen. Die Aluverpackung dieser und vieler weiterer Produkte werden auf Ihren Maschinen hergestellt. Wie ist Ihre kleine Firma aus Samstagern an die Weltspitze bei den Maschinen für die Aluminium-Verpackungs-Industrie gekommen?


Heinz Leuthold: Ursprünglich bearbeiteten wir in unserer kleinen mechanischen Werkstätte ausschliesslich kundenspezifische Aufträge als Zulieferfirma von namhaften Unternehmen aus unserer Region. Einer dieser damaligen Kunden beauftragte uns verschiedene Teile für Werkzeuge von Verpackungsmaschinen zu bearbeiten. Dank dieser Zusammenarbeit konnten wir kontinuierlich unsere Kompetenzen in der Tiefziehtechnologie und im Werkzeugbau weiter ausbauen und Erfahrungen sammeln. Aus dem damaligen Auftragsverhältnis entstand aufgrund strategischer Neuausrichtungsentscheiden ein Kooperationsverhältnis. Ab diesem Zeitpunkt waren wir für den Werkzeugbau vollumfänglich selbst verantwortlich. Diese Selbstverantwortung war schlussendlich dafür verantwortlich, dass wir unser Know-how in der Entwicklung, Konstruktion und im Werkzeugbau ausbauen und professionalisieren konnten.


«Als Schweizer Unternehmer wollen wir am Produktionsstandort Schweiz unter allen Umständen festhalten. Was wäre, wenn alle Industriebetriebe die Schweiz verlassen würden?» Heinz Leuthold, CEO HLM Mechik AG


Schon 1974 haben Sie und Ihr damaliger Unterstift, Urs Forrer, während der Ausbildungszeit zum Werkzeugmacher den Grundstein für die Leuthold Mechanik AG (HLM) gelegt. Was waren in diesen 30 Jahren die wichtigsten Entscheide, die Sie als Unternehmer gefällt haben?


Wir mussten in dieser Zeit zwangsläufig viele Unternehmensentscheide fällen. Jeder einzelne dieser Entscheide war wichtig und oftmals mit viel Risiko behaftet. Wichtig und zukunftsweisend war aber, dass jeder verdiente Franken in das Unternehmen (re-)investiert wird und wir gegenüber Shareholder keine Verpflichtungen eingegangen sind. Von grosser Bedeutung war zweifellos der Entscheid für den Neubau unseres Fabrikgebäudes an der Fälmisstrasse 20 in Samstagern. Wichtig für uns war auch, dass wir uns Diversifizierten und einen Teil unserer finanziellen Mittel in den Kauf von Liegenschaften investierten. Heute vermieten wir zahlreichen KMU’s zu attraktiven Konditionen Büro- und Gewerberäume in unseren betriebseigenen Liegenschaften in Samstagern.


Während sich viele Unternehmer über die hohen Produktionskosten in der Schweiz beklagen, halten Sie am Produktionsstandort in Samstagern (am linken Zürichseeufer an der Grenze zum Kanton Schwyz) fest. Was hält Sie in der Schweiz?


Über Mehr- oder Mindererfolg entscheiden nicht nur die reinen Produktionskosten. Als Schweizer Unternehmer wollen wir am Produktionsstandort Schweiz unter allen Umständen festhalten. Was wäre, wenn alle Industriebetriebe die Schweiz verlassen würden? Wir wollen und werden uns auch in Zukunft dem europäischen und globalen Wettbewerb mit dem Standort in Samstagern stellen. Wir wollen unsere Verantwortung als Arbeitgeber und verlässlicher Sozialpartner gegenüber unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wahrnehmen.


Die Pisa Studie hat für den Ausbildungsstand der Schweizer Schüler teilweise ernüchternde Resultate gebracht. In Ihrem Betrieb sind von den fast 60 MitarbeiterInnen 9 Lehrlinge. Wie beurteilen Sie das Schulsystem und die Leistungsfähigkeit der Lehrlinge?


Die 4-jährige Ausbildung zum Polymechaniker verlangt nebst handwerklichem Geschick vor allem gutes Wissen und Lernbereitschaft in den mathematischen Fä-chern. Lehrlinge mit Sekundarschulabschluss Niveau A haben in der Regel weniger Probleme die Vorgaben der Gewerbeschule zu erfüllen. Hingegen stellen wir fest, dass Sekundarschüler mit Niveau B oftmals Mühe bekunden. Wir verlangen von ei-nem professionellen Schulsystem, dass die Schülerinnen und Schüler ihren effektiven Fähigkeiten und Leistungsvermögen beurteilt und sie auf die reale Wirklichkeit des beruflichen Umfeldes nach der «geschützten» Schulzeit vorbereitet werden. Die Schule muss in erster Linie dafür besorgt sein, dass die Fächer Deutsch und Mathematik intensiv beschult werden.


Um sich in der technisch anspruchsvollen Welt der Aluverpackung an der Spitze halten zu können, müssen Sie die Standards setzen oder zumindest mitgestalten. Wie viel des jährlichen Umsatzes fliesst in die Forschung und Entwicklung?


Die Optimierung unserer Produkte erfolgt in einem eigentlichen Working-Progress zusammen mit allen Beteiligten bis hin zu den Behälterproduzenten. Einen eigentlichen Geldbetrag für Forschung und Entwicklung budgetieren wir nicht.


Eine Eigenheit in Ihrem Betrieb ist das Fehlen einer Verkaufs- und Marketingabteilung. Wie verkaufen und bewerben Sie Ihre Produkte ohne Verkäufer?


Diese Aussage ist ein wenig zu relativieren. Es ist zwar richtig, dass wir keine eigentliche Marketing- und Verkaufsabteilung haben, aber bei uns sind der Verkauf und das Marketing Chef-Sache. Selbstverständlich gilt auch bei uns, ohne verkäuferische Aktivitäten und einem zu pflegenden Beziehungsnetz würden wir keine Aufträge erhalten.


$$PAGE$$


Die HLM plant und erstellt für die Kunden von einzelnen Werkzeugen bis zu vollständigen Produktionsanlagen mit integrierten Kontrollmodulen alles für die Aluminiumverpackung. Wäre es nicht nahe liegend, die Alu-Verpackungen auch gleich selbst herzustellen und die Endprodukte auf dem Markt anzubieten?


Ein noch so perfekt hergestelltes Werkzeug ist nur so gut, wie die Gesamtanlage in die es eingebaut wird. Der Behälterproduzent möchte eine im 3-Schichtbetrieb 100%-ig funktionierende Gesamtanlage, mit welcher er störungsfrei Millionen von Behälter produzieren kann. Die im Gesamtprozess eingesetzten Komponenten müssen optimale Ergebnisse liefern. Damit wir die zukünftigen Kundenbedürfnisse vollumfänglich erfüllen können, wird es in Zukunft möglich sein, dass der Produzent nicht nur das Werkzeug von uns erhält, sondern dass er auch eine ausgetestete Gesamtanlage bei uns kaufen kann.


Nebst der Herstellung von Tiefziehwerkzeugen für die Aluverpackungsindustrie übernehmen Sie in Lohnarbeit auch die Produktion von anderen Maschinen. Welchen Anteil am Umsatz macht dieser Bereich aus und welche weiteren Standbeine können Sie sich in Zukunft noch vorstellen?


Mit der Lohnfertigung generieren wir ca. 40% des Gesamtumsatzes. Wir könnten uns sehr gut vorstellen, dass wir vermehrt Aufträge für die Montage von ganzen Baugruppen oder einzelnen Komponenten davon (zum Beispiel für die Elektro-, Apparate- oder Elektronikindustrie) übernehmen würden.


Verpackungen aus Aluminium dürften wegen den hohen Erdölpreisen (steigende Preise bei den Plastikprodukten) und wegen der hohen Wiederverwertungsziffer in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Wie wollen Sie sich gegen die damit auch wachsende Konkurrenz bei den Werkzeugherstellern durchsetzen?


Die Massenproduktion von Alu-Behältern erfordert für den damit verbundenen Umformungsprozess eine extreme Präzision der Werkzeuge. So müssen die einzelnen Tools im Bereich weniger tausendstel Millimeter genau gefertigt werden. Schon die kleinste Abweichung würde beim Tiefziehprozess zu einem (Mikro-) Reissen des Materials führen. Dabei gilt prinzipiell je höher der Behälter in Relation zum Durchmesser, desto anspruchsvoller die Aufgabenstellung. Zurzeit erreichen wir in dieser Relation bei einem normalen Prozess einen Wert von 58%. Darüber hinaus haben wir ein Doppelzug-Verfahren entwickelt, mit dem es sogar möglich ist, in einem Hub ein Verhältnis von 1:1 zu erreichen. Das sind Prozesse, bei denen uns wenige bis gar keiner mehr das Wasser reichen kann.


Wir wollen unsere aktuelle Leaderstellung nicht gefährden und deshalb beobachten wir die aktuellen Trendentwicklungen sehr genau, um auf veränderte Marktbedingungen vorbereitet zu sein und entsprechend reagieren zu können.


Die HLM ist eine für die Schweiz typische Erfolgsgeschichte. Vom Gründer geführt und zum Erfolg gebracht. Sehr oft gelingt es den Gründern dann aber nicht, das Unternehmen der nächsten Generation zu übergeben und so ein anhaltendes Wachstum zu sichern. Wie sieht Ihre Planung für die Weiterführung Ihrer Firma durch die nächste Generation aus?


Die Nachfolgeregelung ist zweifellos ein sehr wichtiges Thema. Unsere Kunden, Geschäftspartner und die Finanzinstitute wollen erkennen, wie die Verantwortungen und die Verbindlichkeiten in einem Unternehmen längerfristig geregelt sind. Diese Problemstellungen nehmen auch wir in unserem Unternehmen sehr ernst. Auch der Verwaltungsrat der Leuthold Mechanik AG möchte auf diese zentralen strategischen Fragen Antworten haben. Eine definitive Entscheidungsfindung ist aber noch nicht beschlossen worden.


In der Schweiz fehlt eine durch die Banken gestützte Kultur der Risiko-Kapitalisierung von kleinen Unternehmen. Wie haben Sie das Wachstum Ihrer Firma finanziert und welche Rolle haben die Banken dabei gespielt?


Fremdmittel zu bekommen, ist in der Tat nicht immer einfach gewesen. Heute haben wir es viel leichter als früher. Wir haben aber die Erfahrung gemacht, je transparenter und mit umfassenden Angaben die Verantwortlichen der Bankinstitute mit Unternehmensdaten beliefert werden und bei den Verhandlungen der partnerschaftliche Dialog gesucht und angestrebt wird, sind die Banken durchaus bereit Kredite zu gewähren. Aber auch hier gilt, auf Treibsand lässt sich nur schwer bauen.


Zum Schluss des Interviews haben Sie noch zwei Wünsche frei, wie sehen diese aus?


Ich wünsche mir, dass das freie Unternehmertum nicht noch mehr mit zusätzlichen (gesetzlichen) Vorschriften und einem überbordenden Bürokratismus eingeschränkt und schikaniert wird. Ich wünsche mir, dass sich die Schweiz zu ihrem Wirtschaftsstandort Schweiz bekennt und die notwendigen Rahmenbedingungen für eine prosperierende Wirtschaft zur Verfügung stellen.





Heinz Leuthold
geboren 4. Mai 1954

Zivilstand:nbsp;
geschieden, 2 Söhne


Ausbildungen:&
– 4 Jahre Lehre als Werkzeugmacher bei der Firma Landis und Gyr AG
– Lehrbegleitend Berufsmittelschule in Zürich


Arbeitgeber in der CH: 
– Mumenthaler & Gienger GmbH, Wädenswil
– Faes AG, Richterswil

Selbständigkeit:&
– seit 1980 Aufbau der Leuthold Mechanik AG
– aktueller Personalbestand 55 MiterbeiterInnen


Weiterbildungen:&
– 1974: 4 Monate Ingenieurschule, Rapperswil/SG
– 1975: Handelsschule Burgdorf, Rapperswil/SG mit Abschluss
 – 1976:&4 Monate Sprachaufenthalt in London
– 1976 – 1977: Besuch Abendtechnikum Zürich als Hospitant mit Abschluss in Konstruktionslehre, Mathematik/Algebra, darstellende Geometrie
– 1978: 4 Monate Ausland Aufenthalt, Alcan in Chesham GB, 2 Monate Ausland Aufenthalt, Metal Closures St. Albans GB
– 1979: 2 Monate Ausland Aufenthalt, Ardal & Sundal Werke Hoyanger Norwegen, 1 Monat Sprachaufenthalt, Chicago USA


Ausserberufliche Tätigkeiten:&
– Verwaltungsratsmitglied TUWAG, Wädenswil ZH
– Verwaltungsratsmitglied Restaurant Sternen, Hoch-Ybrig SZ

Sport und Hobby:&
– Wandern, Skifahren, Jassen, gutes Essen


Leuthold Mechanik AG (HLM) 

Firmengründung 1978. Von Beginn an hat HLM auf anspruchsvollste Zerspanungs- und Fertigungstechnologien gesetzt. Als Resultat davon ist das Unternehmen weltweit bekannt für höchste Präzision im Bereiche Maschinen-, Apparate- und Werkzeugbau. Modernste Anlagen und Verfahren in den Fertigungsbetrieben und hochspezialisiertes Know-how sind Garant für hohe Qualität und für absolute Betriebssicherheit.

Die Ergebnisse der Forschungs- und Entwicklungsarbeit fliessen permanent in die Produkte ein. Die HLM beschäftig 55 Mitarbeiter, davon 9 Lehrlinge.
http://www.hlm-ag.ch

Schreibe einen Kommentar