von Patrick Gunti
Herr Bolliger, während Ihr grosser Konkurrent Coop 2005 einen Gewinneinbruch hinnehmen musste, kann die Migros einen um 28 % höheren Reingewinn und einen um 12 % höheren Betriebsgewinn ausweisen. Was hat die Migros besser gemacht als Coop?
Ich kann natürlich nur für die Migros sprechen. Wir haben auch letztes Jahr konsequent unsere Strategie verfolgt, der beste Detailhändler mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis zu sein. Weil wir vor Jahren schon Optimierungsprogramme eingeleitet haben, konnten wir erneut die Preise um 1,2 Prozent senken. Zudem ist es gelungen, die Globus-Gruppe wieder fit zu trimmen und die Migrosbank arbeitete ausgezeichnet – um nur ein paar Erfolgsfaktoren zu nennen.
Der Konzern konnte den Umsatz zwar leicht steigern, die Genossenschaften bekommen den Preiskampf im Detailhandel aber zunehmend zu spüren. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein, aus Sicht der Migros und aus Sicht des Marktes?
Der Preiskampf wird in einem stagnierenden Markt weitergehen. Wir haben eine klare Preis-Strategie, die einen deutlichen Abstand zu unserem Hauptkonkurrenten vorsieht. So werden wir das Migros-Sortiment auch dieses Jahr mit über 100 Millionen Franken verbilligen. Das können wir, weil wir laufend unsere Kostenstruktur überprüfen und daran sind, die Effizient zu steigern, indem wir Abläufe vereinfachen und verbessern.
«Wenn das Wachstum niedriger ist als die Löhnerhöhungen, müssen wir die Differenz mit Stellenabbau kompensieren.»
(Herbert Bolliger, Präsident der Generaldirektion Migros)
Die Migros hat die Anzahl der Beschäftigten 2005 um 1,5 % oder 1223 Personen reduziert. Kann man sagen, dass sie ein Opfer des Preiskampfes im Detailhandel geworden sind?
Die Formel im Detailhandel ist relativ einfach: Wenn das Wachstum niedriger ist als die Löhnerhöhungen, müssen wir die Differenz mit Stellenabbau kompensieren. Das war leider im vergangenen Jahr so und könnte auch im laufenden Jahr zum Abbau von 400 bis 500 Stellen führen.
In der ganzen Preisdiskussion richten Sie auch Forderungen an die Politik. Wie sehen diese aus?
Wir sind nicht mehr bereit, für internationale Marken höhere Preise als im Ausland zu zahlen. Deshalb fordern wir, dass Parallelimporte zugelassen werden. Für die Landwirtschaft erwarten wir von der Politik klare Reformvorgaben mit einem vernünftigen Fahrplan, so dass sich die Bauern und unsere Verarbeitungsindustrie darauf einstellen können.
Der Preiskampf, Linien wie M-Budget bei der Migros, Prix Garantie bei Coop etc. sind das grosse Thema. Kommen Ihnen in der ganzen Diskussion die Qualität der Produkte und die negativen Folgen dieses Preiskampfs nicht zu kurz?
Die Migros hat das beste Preis-Leistungs-Verhältnis. Das belegen viele Umfragen bei Tausenden von Konsumenten. Diese Auszeichnung bekommen wir, weil wir stets bestrebt sind ? auch bei M-Budget-Produkten ? gute Qualität zu günstigen Preisen anzubieten.
$$PAGE$$
Ein positive Entwicklung war bei der Globus-Gruppe zu verzeichnen. Worauf ist das ausgezeichnete Resultat zurückzuführen?
Die Restrukturierungen sind abgeschlossen. Zudem schätzen die Kundinnen und Kunden das Konzept «Globus to the top» sowie die konsequente Positionierung von Interio und Office World.
Im Internet-Geschäft übernimmt die Migros 80 % des Aktienkapitals an LeShop.ch, mit dem Sie bereits seit zwei Jahren zusammenarbeiten. Welche Erwartungen hegen Sie in diesem Geschäftsbereich in den nächsten Jahren?
Das Online-Geschäft wird zunehmend wichtig. So macht Ex Libris bereits zehn Prozent des Umsatzes über diesen Vertriebskanal. Auch bei Office World und Hotelplan gewinnt das Internetgeschäft an Bedeutung. Deshalb haben wir letztes Jahr Travelwindow.ch gekauft. LeShop.ch hat die letzten Jahre sehr erfolgreich gearbeitet und wird dieses Jahr erstmals schwarze Zahlen schreiben.
«Mit der «Frische» werden wir uns entscheidend von den kargen Lagerhallen der Hard-Discountern unterscheiden.»
(Herbert Bolliger zur Expansion der Migros in Süddeutschland)
Wie ist der Start ins neue Geschäftsjahr geglückt und wie sieht der Ausblick für das Gesamtjahr aus?
Die Globus-Gruppe konnte den Schwung des Weihnachtsgeschäftes beibehalten. Sie verzeichnete in den ersten drei Monaten ein Wachstum von fast sieben Prozent. Hotelplan hat ebenfalls einen guten Buchungsstand. Nur beim orangen M liegen wir auf Vorjahr. Das hat hauptsächlich mit den Preissenkungen, dem noch stärker ausgebauten M-Budget-Sortiment aber auch mit dem späten Osterdatum zu tun.
Sie treiben Ihre Expansionspläne in Deutschland voran. Wie sieht der Zeitplan aus, welche Standorte sind vorgesehen und welche Erwartungen knüpfen sich an die Erweiterung des Deutschland-Engagements?
Wir werden in den nächsten Jahren in Süddeutschland zusätzlich acht bis zehn Migros-Märkte bauen. Die Standorte müssen sich durch hohe Frequenzen auszeichnen, das heisst in Innenstädten und Einkaufscentren liegen. Unsere Stärke ist die «Frische». Damit werden wir uns entscheidend von den kargen Lagerhallen der Hard-Discountern unterscheiden.
Nach der Übernahme von Pick Pay durch Denner hat die Migros nun an vielen Orten einen neuen «Untermieter». Wie hat sich die Zusammenarbeit mit Denner angelassen?
Sehr gut.
Letzte Frage: Ab Ende Mai werden sämtliche Migros-Restaurants rauchfrei sein. Wie werden die Kunden Ihrer Meinung nach diesen Entscheid aufnehmen?
Nur Stunden nachdem wir den Entscheid kommuniziert hatten, haben wir via M-Infoline oder das Migros-Magazin Hunderte von Reaktionen bekommen. Die meisten waren positiv.
Herr Bolliger, wir bedanken uns für das Interview.
Zur Person
Herbert Bolliger ist mit einem kurzen Unterbruch seit 1983 in verschiedensten Funktionen für die Migros tätig. Vor seiner Wahl zum Präsident der Migros-Generaldirektion war er Geschäftsleiter der Genossenschaft Migros Aare. Bolliger ist 52 Jahre alt, verheiratet und Vater zweier Kinder.