Herbert Hainer, Vorstandsvorsitzender adidas AG: «Wir werden die EURO 2008 erneut nutzen, um die Marke adidas spektakulär in Szene zu setzen»

von Patrick Gunti


Moneycab: Herr Hainer, die FIFA WM 2006 ist Geschichte ? Zeit eine Bilanz zu ziehen. Kann sich adidas ? abseits des Geschehens auf dem Rasen ? als Sieger dieser WM fühlen?


Herbert Hainer: Wir fühlen uns ganz sicher als Gewinner der WM. Wir haben all unsere Ziele, die mit der WM verknüpft waren, nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen, und zwar sowohl was das Image als auch was den kommerziellen Erfolg angeht. Wir steigern unsere Fussballumsätze um mehr als 30% im Vergleich zum Vorjahr. Alle Auswertungen belegen, dass adidas mit Abstand der erfolgreichste Sponsor der WM war.


Wurden Sie vom immensen Erfolg selber etwas überrascht?


Ich denke, niemand hat wirklich damit gerechnet, welche Euphorie diese WM gerade in Deutschland auslösen würde. Ein Beispiel: wir hatten im Jahr der WM 2002, als Deutschland immerhin Vize-Weltmeister wurde, 250.000 Trikots der Deutschen Nationalmannschaft verkauft. In diesem Jahr waren es mehr als 1,5 Millionen.


Sie rechnen für 2006 mit einem Umsatz von mehr als 1,2 Mrd. Euro mit Fussball-Produkten. Ist dieses Resultat im Hinblick auf die WM 2010 in Südafrika zu übertreffen?


Das wird auf jeden Fall unser Ziel sein. Der globale Fussball-Markt wächst, da Fussball in Asien und Nordamerika an Bedeutung gewinnt.



Wir sind momentan sicher das Unternehmen, das es am Besten versteht, solche Grossereignisse umzusetzen.  Herbert Hainer, Vorstandsvorsitzender adidas AG


Wie wichtig ist in diesem Zusammenhang der Sponsoring-Vertrag mit der FIFA?


Die FIFA ist die erste Adresse im Weltfussball, adidas ist die Nummer 1 im Fussball. Daher ist unsere Partnerschaft nur logisch. Wir arbeiten seit 1970 eng mit der FIFA zusammen und haben unseren Vertrag im vergangenen Jahr bis ins Jahr 2014 verlängert. Damit ist sichergestellt, dass wir alle FIFA World Cups ? und dazu zählen ja auch alle Frauen – und Jugend-Weltmeisterschaften als Plattform für unsere Marke nutzen können. Auch hier ein Beispiel: wir verkaufen in diesem Jahr den WM-Ball +Teamgeist mehr als 15 Millionen Mal. Auch dies ist neuer Rekord. Den WM-Ball können Sie aber nur entwickeln und vermarkten, wenn sie Partner der FIFA sind.


Die grossen Ausrüster buhlen um Ausrüster-Verträge mit den Nationalteams. Wie schwierig ist es bei Topteams wie Deutschland, Frankreich oder Argentinien zum «Handkuss» zu kommen?


Wir haben mit all unseren Verbänden langfristige Partnerschaften, die oft schon vor 30, 40 oder 50 Jahren geschlossen wurden. Daher erwarte ich gerade bei den grossen Fussballverbänden keine Verschiebungen.


Nach welchen Kriterien werden die Teams ausgesucht? adidas hat an dieser WM mit sechs Teams verhältnismässig wenige Mannschaften ausgerüstet.


Das ist richtig. Wir haben aber bereits vor der WM gesagt, dass es für uns um Klasse geht, nicht um Masse. Daher arbeiten wir mit grossen Fussballnationen wie Deutschland, Frankreich, Argentinien oder Spanien zusammen. Ab dem Viertelfinale war adidas die Mannschaft mit den meisten Teams.


Nach der WM ist vor der EM, die 2008 in der Schweiz und Österreich stattfindet. Wie wichtig ist die Euro 2008 für adidas im Vergleich zu einem weltumspannenden Event wie der WM?


Enorm wichtig, denn letztlich ist auch die EURO ein Weltereignis, dass sowohl in Asien als auch in Amerika verfolgt wird. Nach den Olympischen Spielen ist die Fussball-EM in punkto weltweiter Zuschauerzahlen das drittgrösste Sportereignis der Welt. Daher werden wir die EURO in Österreich und der Schweiz erneut nutzen, um die Marke adidas spektakulär in Szene zu setzen. Wir sind momentan sicher das Unternehmen, das es am Besten versteht, solche Grossereignisse umzusetzen. Unsere Vorbereitungen für die EURO haben längst begonnen. Unsere Ausgangsposition ist dabei ähnlich gut wie bei der WM in Deutschland in diesem Jahr: adidas ist Offizieller Sponsor, Ausrüster und Lizenznehmer der WM, wir stellen den offiziellen Spielball und wir arbeiten mit Nationalteams und Einzelspielern zusammen.


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Im kommenden Jahr fehlen die grossen sportlichen Höhepunkte. Kann adidas da die Umsatzzahlen halten und in welchen anderen Sportarten werden Sie die Schwerpunkte setzen?


Wir wären schlechte Manager, wenn wir nicht über ein Event wie die WM hinaus planen könnten. Wir sind auch in den Jahren 2003 und 2005 gewachsen, und wollen auch 2007 sowohl im Umsatz als auch im Gewinn weiter zulegen. Dazu werden wir grosse Kategorien in den Mittelpunkt unserer Marketingaktivitäten stellen wie Running und Basketball.



Der neue Vertrag mit der NBA erhöht schlagartig die Sichtbarkeit der Marke adidas in den USA.  Herbert Hainer


Stichwort Basketball: adidas hat vor der Haustüre von Konkurrent Nike einen Ausrüster-Vertrag über elf Jahre mit der US-Basketball-Liga NBA abgeschlossen. Wie wichtig ist dieser Deal im Hinblick darauf, Weltmarktführer Nike näher zu kommen?


Der neue Vertrag mit der NBA erhöht schlagartig die Sichtbarkeit der Marke adidas in den USA, weil sie ab Start der neuen NBA-Saison im November alle Teams und alle Spieler in adidas Textilien sehen werden. Gleichzeitig ist Basketball ein globaler Sport mit immenser Popularität in Asien. Allein in China spielen 300 Millionen Menschen Basketball. Wir sind die Nummer 1 im Fussball, wie diese WM eindrucksvoll belegt hat. Nun wird es unser Ziel sein, auch in den Kategorien führend zu werden, wo wir momentan noch nicht an der Spitze stehen, zum Beispiel im Basketball.


Anfang Jahr hat adidas Reebok übernommen, eine Marke, die sich seit einiger Zeit nicht mehr so gut verkauft wie adidas, Nike oder Puma. Was wurde bei Reebok falsch gemacht?


Ihre Einschätzung ist so nicht richtig. Reebok hat sich in den vergangenen Jahren hervorragend entwickelt, ist die drittgrösste Sportartikelmarke der Welt und wird schon in diesem Jahr einen positiven Beitrag zu unserem Ergebnis leisten. Reebok hat es allerdings versäumt, auch auf den Märkten ausserhalb der USA zu expandieren. Aber das ändern wir gerade und haben zum Beispiel bereits die Distributionsrechte für die Marke Reebok in Russland oder China zurückgekauft.


Wie beabsichtigen Sie Reebok längerfristig zu positionieren?


Wir werden Reebok als vom US-Sport inspirierte Marke für Individualisten positionieren.


Wenn überhaupt ? in welchen Bereichen könnten Sie sich weitere Zukäufe vorstellen?


Mit adidas, Reebok, unserer Golfmarke TaylorMade ? adidas Golf und der Schuhmarke Rockport haben wir das beste Markenportfolio in unserer Industrie. Ich sehe bei all diesen Marken noch Wachstumspotential auf allen Märkten. Weitere Zukäufe stehen daher momentan nicht zur Diskussion.


Herr Hainer, wir bedanken uns für das Interview.






Zur Person:
Der 1954 in Dingolfing/Bayern geborene Herbert Hainer ist seit 2001 Vorstandsvorsitzender der adidas AG. Der gelernte Diplom-Betriebswirt war zwischen 1979 und 1987 Verkaufsmanager Deutschland bei der Procter & Gamble GmbH. Zu adidas kam er 1987 als Vertriebsdirektor Deutschland für Hartware (Taschen, Schläger, Bälle). Zwischen 1989 und 1991 war er als Vertriebsdirektor Feld (Schuhe, Textil, Hartware) tätig, ehe er 1991 zum Gesamt-Vertriebsdirektor für adidas Deutschland aufstieg. 1993 folgte der nächste Schritt als Geschäftsführer (Verkauf + Logistik) adidas Deutschland, 1996 wurde Hainer zum Senior Vice President Europa, Afrika, Mittlerer Osten (Verkauf + Logistik) ernannt. Seit März 1997 ist er Mitglied des Vorstands der adidas AG, ab November 1999 bis März 2001 stellvertretender Vorstandsvorsitzender und seither Vorstandsvorsitzender. (12/1997-05/2006 – adidas-Salomon AG).

Hainer ist ausserdem Mitglied des Aufsichtsrats, Bayerische Versicherungsbank AG, München, Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der FC Bayern München AG und Mitglied des Aufsichtsrats, Engelhorn KGaA in Mannheim.


Zum Unternehmen:
adidas ist seit über 80 Jahren ein Teil der Welt des Sports auf allen Ebenen. Das Produktsortiment umfasst Sportschuhe, Bekleidung und Zubehör auf dem neuesten Stand der Technik. Die adidas Gruppe ist heute ein weltweit führendes Unternehmen in der Sportartikelindustrie und bietet ein umfassendes Produktportfolio an. Produkte der adidas Gruppe sind in nahezu jedem Land der Welt erhältlich. Die adidas Gruppe hat ihren Sitz in Herzogenaurach, Deutschland. Von dort aus wird das Unternehmen mit seinen mehr als 80 Tochterunternehmen weltweit geführt. In Herzogenaurach sind die strategischen Geschäftseinheiten Running, Fussball und Tennis angesiedelt, ebenso das Zentrum für Forschung und Entwicklung. Wesentliche Unternehmensteile befinden sich darüber hinaus in Portland, Oregon, USA, dem Sitz der adidas America Inc. und der strategischen Geschäftseinheiten Basketball, Adventure und Alternative Sports. Reebok hat den Hauptsitz in Canton, Massachussets. In Kalifornien ist die strategische Geschäftseinheit Golf zu Hause. Das Unternehmen unterhält zudem Designstudios und Entwicklungsabteilungen an verschiedenen, für die jeweilige Tätigkeit besonders geeigneten Orten der Welt. Die weltweite Beschaffung wird von der hundertprozentigen Tochtergesellschaft adidas Sourcing Ltd. mit Sitz in Hongkong verantwortet. Zum 31. März 2006 beschäftigte die adidas Gruppe 24.558 Mitarbeiter.

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