Hermann Bader, CEO Traitafina AG
von Radovan Milanovic
Traitafina ist seinerzeit als Teil des ehemaligen Schweizer Traditionsunternehmens Hero hervorgegangen. Welche Ziele verfolgen Sie primär? Was unterscheidet Sie von Hero?s Aktivitäten?
Die Traitafina ist aus der ehemaligen Hero-Fleischwaren hervorgegangen. Nach der Übernahme der Hero durch die Schwartau-Gruppe passte der Fleischbetrieb nicht mehr in die strategische Ausrichtung der Unternehmung. Hero steht heute vor allem für Frucht- und Baby-Nahrung, während sich die nunmehr selbständige und unabhängige Traitafina voll auf Frischprodukte konzentriert.
Hero arbeitet als eigenständige Gesellschaft weiter. Traitafina und Hero haben fast die gleiche Adresse und bieten ähnliche Produkte an. In welchem Zusammenhang stehen die beiden Unternehmen?
Traitafina hat heute nichts mehr mit Hero zu tun. Der einzige Berührungspunkt ist der gutnachbarliche Kontakt.
Könnte in Zukunft eine Kotierung von Traitafina ein Thema sein?
Die Traitafina gehört heute in einer qualifizierten Mehrheit der Heba Food Holding an, welche ihrerseits zu 100 % in privatem Familienbesitz steht. An dieser Konstellation soll sich nichts ändern. In diesem Sinne macht der Gang an die Börse keinen Sinn.
Im vergangenen Jahr konnte Traitafina sein 10-jähriges Jubiläum feiern. Dabei gaben Sie bekannt, bereits 142 Mio. Umsatz zu erreichen, rund 300 Mitarbeiter zu beschäftigen und über 17.000 Tonnen Rohmaterial pro Jahr zu verarbeiten?Mit welchen Zahlen rechnen Sie in diesem Jahr?
Die Traitafina konzentriert sich im Geschäftsjahr 09/10 auf die Konsolidierung. Nach jahrelangem starkem Umsatzwachstum rechnen wir mit einem stagnierenden Umsatz. Die andauernde unsichere Wirtschaftslage wird auch bei uns Spuren hinterlassen.
«Wir befürworten ein bilaterales Abkommen mit der EU und wünschen uns so schnell wie möglich ein Agrarabkommmen mit unseren Nachbaren. Der freie Handel wird aber keine Einbahnstrasse sein.»
Im Januar 2009 hat Traitafina bereits zum dritten Mal an der Internationalen Grünen Woche in Berlin teilgenommen. Im rezessiven Umfeld in Deutschland ist das Kostenbewusstsein grösser als in der Schweiz. Ihre Qualitätsprodukte weisen jedoch moderate Preise auf. Werden Sie auch in Zukunft nicht gezwungen sein, im Ausland zu produzieren?
Im Moment besteht keine unmittelbare Absicht, Produktionsteile in das Ausland zu verlegen. Ausgeschlossen ist so ein Schritt im Zeithorizont von 5 Jahren aber keineswegs. Vorerst kümmern wir uns aber primär um den Binnenmarkt. In Anbetracht der 500 Mio Konsumenten im EU-Raum muss uns aber auch das Exportgeschäft interessieren. Deshalb nehmen wir an internationalen Messen teil. Die dabei gemachten Erfahrungen zeigen uns, dass Schweizer-Produkte mit deutlichem Mehrwert auch bei den preisbewussten ausländischen Konsumenten auf Interesse stossen.
Die Schweiz und die EU arbeiten hinsichtlich der Liberalisierung des Agrarhandels. Wie sehen Sie die Entwicklung des Preisgefüges für Schweizer Landwirtschaftsprodukte? Wird die Schweiz von billigen Landwirtschaftsprodukten überflutet werden?
Wir befürworten ein bilaterales Abkommen mit der EU und wünschen uns so schnell wie möglich ein Agrarabkommmen mit unseren Nachbaren. Der freie Handel wird aber keine Einbahnstrasse sein. Die Produzenten der ersten Verarbeitungsstufe und auch wir im Veredelungsbereich werden unter Druck geraten. Andererseits eröffnen sich uns neue Möglichkeiten und dabei denke ich wieder an die 500 Mio Konsumenten im EU Raum. Entscheidend wird das Produkte-Portfolio sein. Wir dürfen nur nicht glauben, dass wir uns mit «My-too-Produkten» in einen Preiskampf einlassen können. Unser Ziel muss auf allen Verarbeitungsstufen die Qualitätsführerschaft sein.
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Sie erwähnen, dass ein Schwein in der Schweiz CHF 400.00, in Deutschland jedoch nur CHF 220.00 kostet. Wie kann die Schweizerische Landwirtschaft diese Entwicklung überleben?nbsp;
Mit einer Marktöffnung im Agrarsektor bekommt auch unsere Landwirtschaft bessere Voraussetzungen. Die Produktion von Mastschweinen z. B. ist im wesentlichen von den Futtermittelkosten abhängig. Wenn der Schweizer-Bauer mit Futtermittelpreisen auf europäischem Niveau kalkulieren kann, dann sind die Preisdifferenzen pro Tier viel geringer. Ganz grundsätzlich sind wir der Meinung, dass sich die Preise tierischer Proteine europa- und sogar weltweit immer näher aufeinander zu bewegen. Fleisch und Fisch werden mittelfristig viel teurer werden. Der Bedarf dieser Lebensmittel wird einerseits speziell im asiatischen Raum signifikant ansteigen, während die Produktions-kapazitäten weltweit zurückgehen werden.
Von Egliswil aus beliefern Sie Ihre Kunden in der Schweiz und im Ausland mit Convenience Food, die Rind, Kalb, Schwein, Geflügel oder Lamm beinhalten. Aber auch fleischlose Menüs wie Bami Goreng und Suppen sowie Saucen. Was sind die Gründe für die Erfolge von Traitafina-Produkten?
Seit Jahren konzentriert sich die Traitafina auf die Nachhaltigkeit ihrer Produkte. Mit unserem Brand «SwissPrim Gourmet» sind wir seit vielen Jahren erfolgreich am Markt. «SwissPrim Gourmet» steht für artgerechte Ernährung und Haltung der Tiere und für höchste Qualität des Fleisches. Über das Internet kann jedes Stück Fleisch von der Küche bis in den Stall zurückverfolgt werden. Die Traitafina ist Trendsetter in der Herstellung von Produkten ohne Additive, also E-Stoffe und wir befassen uns intensiv mit Produkten, die Fett und Salz reduziert sind. Unser Schweinefleisch ist über die Tierernährung natürlich mit essenziellen Omega 3 Fettsäuren angereichert. Diese für den Verbraucher und Endkonsumenten sichtbaren Mehrwerte sichern den Erfolg unserer Produkte.
Ihr aktueller Umsatz besteht zur Zeit zu 70% aus Fleischprodukten und 30% aus Convenience Food. Wie haben sich diese Grössen in der Vergangenheit entwickelt und mit welcher Umsatzaufteilung rechnen Sie in der Zukunft?
Die Traitafina wandelt sich immer deutlich vom ehemaligen Fleischbetrieb zum Hersteller allgemeiner Lebensmittel. Heute schon haben über 40 % unseres Mengen-Ausstosses nichts mehr oder nur noch am Rande etwas mit Fleisch zu tun. In naher Zukunft wird diese Marke 50 zu 50 % erreicht haben. Der Trend zu Convenience Produkte geht ungehindert weiter. Ein klasssisches Beispiel ist die Versorgung älterer Menschen mit vollwertiger Nahrung in den eigenen vier Wänden. In unmittelbarer Zukunft wird auch die entsprechende Versorgung der Schulkinder in den Tagesschulen eine wichtige Rolle spielen. Mit unserem Programm «Menue mobile» werden wir dieser Entwicklung gerecht.
«Die Traitafina ist Trendsetter in der Herstellung von Produkten ohne Additive, also E-Stoffe und wir befassen uns intensiv mit Produkten, die Fett und Salz reduziert sind. Unser Schweinefleisch ist über die Tierernährung natürlich mit essenziellen Omega 3 Fettsäuren angereichert.»
Vorgängig zur Eröffnung der Lidl-Märkte in der Schweiz wurde bekannt, dass Sie als einer der wenigen Schweizer Zulieferer den deutschen Discounter beliefern können. Wie hat sich die bisherige Zusammenarbeit entwickelt?
Die neuen Detailhändler in der Schweiz sind preis- aber ebenso auch qualitätsbewusst. Wir sind mit einigen unserer Spezialitäten dabei und haben mit beiden Discounter und ihren Bezugspersonen nur die besten Erfahrungen gemacht.
Welches sind Ihre grössten Konkurrenten im Convenience Food Bereich in der Schweiz? Wie sind die Marktanteile aufgeteilt?
Über die Marktanteile im Convenience-Geschäft gibt es in der Schweiz keine zuverlässigen Vergleichszahlen. Der Begriff Convenience kann ohnehin sehr breit gefasst werden. Die Traitafina befasst sich in diesem Bereich vor allem mit Frischprodukten wie Fertiggerichte, Traiteursalate, Sandwiches, Salatdressings und Dip-Saucen. Convenience ist aber auch, wenn wir für den Grossverbraucher (Gastronomen) eine starke Vorleistung anbieten. In diesem Sinne betrachten wir es als Convenience, wenn der Küchenchef bei uns 555 Schweineschnitzel à 85 Gramm bei einer Toleranzgrenze von +/- 3 Gramm bestellen kann und diese dann auch so geliefert bekommt.
Unter dem rezessiven Umfeld leidet auch die Gastronomie in Ihrem Absatzgebiet. Wie begegnen Sie diesem Umstand?
Tatsächlich hat die unsichere Wirtschaftslage auch die Gastronomie erreicht. Nach dem die Wintersaison 08/09 noch hervorragende Resultate hervorbrachte, zeigt sich der Sommer nicht mehr so euphorisch und wir sehen dem Herbst und Winter eher skeptisch entgegen. Interessant ist die Feststellung, dass die teureren Produkte, z. B. Filets und Entrecôtes eher zurückhaltender bestellt werden, während günstigere Fleischarten wie z. B. Geflügel eher Zuspruch finden. Diesem Umstand tragen wir mit Spezialangeboten im mittleren Preissegment Rechnung.
Der Gesprächspartner
Nach der Metzgerlehre und der kaufmännischen Berufslehre absolvierte Hermann A. Bader-Bachner diverse Auslandsaufenthalte zur Ausbildung in der Lebensmittelindustrie. Dann besuchte er mit Erfolg Schweizerische Kurse für Unternehmensführung (SKU). 1961 trat er in die Bell AG, Basel ein und wurde schliesslich in die Geschäftsleitung befördert, wo er für das Ressort Beschaffung, Produktion, Verkauf (inkl. Filialen), sowie alle produktionsorientierten Beteiligungen verantwortlich war. 1982, nach dem Austritt aus der Bell AG übernahm Bader den kleinen Handelsbetrieb Inter-Carnex AG, Basel. 1994 wurde er in die Geschäftsleitung von Hero CH AG und als Geschäftsführer von Traitafina AG ernannt. 1998 fand das MBO von Traitafina AG statt. In 1999 wurde die ehemalige Divida AG von der Hero übernommen. 2002 wurde die Heba Food Holding gegründet und Bader übernahm die qualifizierte Mehrheit der Traitafina AG. Die Heba Food Holding hält neben der Traitafina 5 weitere Betriebe im Lebensmittelbereich. Bader hat seine Arbeit und alle Dispositionen zur Bewahrung der langfristigen Unabhängigkeit des Unternehmens ausgerichtet.nbsp;
Das Unternehmen
Die Traitafina AG mit Sitz in Lenzburg ist ein moderner, dynamischer Lebensmittelhersteller mit einem breiten Leistungsangebot an Frischfleisch, Wurst- und Fleischwaren, Comestibles, Traiteurspezialitäten, Salatsaucen und Fertiggerichten. National und international bekannt ist das Unternehmen auch durch die sehr erfolgreiche Qualitätsmarke für Schweizer Fleisch «SwissPrimGourmet». Traitafina zählt 300 Mitarbeitende und erzielt einen Umsatz von rund 142 CHF. Der Betrieb verarbeitet jährlich 17’000 t Rohmaterial aus nachhaltiger Schweizer Produktion und beliefert 2’500 Kunden in der ganzen Schweiz während 365 Tagen im Jahr.