Hildebrand: Krise nähert sich dem Wendepunkt
«Das ist zu erwarten, wenn man sieht, was für massive Massnahmen ergriffen wurden, in der Fiskalpolitik und natürlich auch – ganz besonders in der Schweiz – in der Geldpolitik», sagte Hildebrand. Hinsichtlich der Frage, ob es dann wieder aufwärts gehe, meinte der künftige SNB-Präsident: «Ob das diesmal so sein wird, ist die grosse Frage. Es ist gut denkbar, dass sich die Lage nicht weiter verschlechtert, dass es aber noch längere Zeit Nachwirkungen gibt, ehe die Wirtschaft wieder anzieht.»
Kosten des Nichthandelns grösser als die des Handelns
Die gegenwärtige Krise sei so schlimm, dass neben der Geldpolitik auch die Fiskalpolitik gebraucht werde, ergänzte Hildebrand. «Ohne Fiskalimpulse wären wir jetzt in einer viel dramatischeren Lage. Die Kosten des Nichthandelns sind grösser als die des Handelns. Es wäre zu begrüssen, wenn sich die green shoots, von denen jetzt überall die Rede ist, vermehrt zeigen würden.»
Nachhaltige Kehrtwende?
Es sei jedoch noch zu früh, das zu beurteilen, auch wenn die Daten zunehmend in diese Richtung wiesen. Die Frage sei, ob die Stabilisierung, die Kehrtwende, auch wirklich nachhaltig sein werde. Und die zweite Frage sei, was passiere, wenn Ende des Jahres der kurzfristige Teil der Fiskalmassnahmen wieder entfalle. «Ist die Erholung dann selbsttragend, oder gibt es eine erneute Abschwächung? Die US-Programme sind begrüssenswerterweise bewusst so konstruiert, dass ein Teil langfristig wirkt.»
Fiskalpolitische Glaubwürdigkeit darf nicht verloren gehen
Hildebrand betonte, es müsse aufgepasst werden, dass die langfristige fiskalpolitische Glaubwürdigkeit nicht verloren gehe. «Wenn uns das nicht gelingt, besteht gleichzeitig mit dem möglichen Nachlassen der Initialwirkung die Gefahr, dass die langfristigen Zinsen möglicherweise rasch und deutlich steigen. Dann geht die Rechnung nicht auf, denn dies würde restriktiv wirken. Das wäre das Gegenteil von dem, was wir anstreben.»
Devisenmarktinterventionen verteidigt
Des Weiteren verteidigt Hildebrand die Devisenmarktinterventionen der Schweiz. Es handele sich dabei keineswegs um Protektionismus zum Schutz der heimischen Exportindustrie. Im Gegensatz zu Grossbritannien und Schweden, deren Währungen drastisch abgewertet hätten, habe die Schweiz eine reale Aufwertung von 10% erlebt. «Ausserdem haben wir immer wieder gesagt, dass wir unsere Währung nicht schwächen, sondern verhindern wollen, dass es über eine weitere Aufwertung einen zusätzlichen monetären Deflationsschock gibt», sagte der SNB-Vize, der am 1. Januar 2010 die Nachfolge von Jean-Pierre Roth an der Spitze der Zentralbank antritt. (awp/mc/pg/10)