Obwohl der Lebensversicherer Swiss Life einen Rekordverlust von 1,7 Mrd CHF verzeichnete, kam heraus, dass sechs Mitglieder der Konzernleitung in der gleichen Zeit einen persönlichen Gewinn von rund 11,5 Mio CHF eingefahren hatten. Diesen ökonomischen Unsinn hatte erst die Beteiligungsgesellschaft Long Term Strategy (LTS) ermöglicht. Diese Nebenfirma hatte die Swiss Life Ende 1999 gegründet. Sie sollte den Topmanagern der Rentenanstalt eigene Geschäfte und neue Gewinnmöglichkeiten eröffnen.
Mehrere KL-Mitglieder zurückgetreten
Fest steht, dass infolge der Affäre einige Mitglieder der Konzernleitung (KL) den Hut nehmen mussten. Unter anderem Präsident Andres F. Leuenberger, der im November 2002 zurücktrat. Der Fall hatte sogar politische Folgen, da mit Gerold Bührer auch der damalige Präsident der FDP Schweiz im Verwaltungsrat der Swiss Life sass. Bührer gab in der Folge seine politische Funktion auf. Für die Staatsanwaltschaft Zürich stand im Februar 2009 der Hauptschuldige an der Affäre fest. Es handelte sich um den heute 61-jährigen Ex-Finanzchef der Swiss Life. Er galt als geistiger Urheber und eigentlicher Drahtzieher der LTS-Anlagen.
Angeklagter weist Beschuldigungen zurück
Seit Mittwoch muss sich der Angeklagte wegen Veruntreuung sowie ungetreuer Geschäftsbesorgung vor dem Bezirksgericht Zürich verantworten. Ihm wird angelastet, dass er sich in den Jahren 2001 und 2002 aufgrund der LTS-Vehikel mit über 4 Mio CHF unrechtmässig bereichert hatte. Der Beschuldigte wies die Vorwürfe zurück und erklärte, dass alle seine Handlungen von den Organen der Swiss Life abgesegnet worden seien. Allerdings wich der gebürtige Waadtländer mehreren richterlichen Fragen offensichtlich aus. Auch der einfachen Frage des Gerichtsvorsitzenden Sebastian Aeppli, weshalb er mit einem Jahresgehalt von 2 Mio CHF zusätzlich eine Beteiligungsgesellschaft benötigt habe. Zudem machte Morax einige Erinnerungslücken geltend und führte aus, dass er von gewissen Fehlern erst im Nachhinein erfahren habe.
Staatsanwalt fordert viereinhalb Jahre Gefängnis
Der zuständige Staatsanwalt Peter Giger verlangte in einem mehrstündigen Plädoyer eine hohe Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren. Zudem soll der Angeklagte eine Deliktssumme von mindestens 2,4 Mio CHF dem Staat abliefern. Obwohl weitere Strafverfahren eingestellt worden waren, verlangte Giger im Falle eines Schuldspruchs weitere bedeutende Einziehungen. So etwa rund 2,1 Mio CHF bei Roland Chlapowski und hohe Geldbeträge bei drei weiteren Ex-Managern.
«Einmalige Machtstellung als Finanz- und Anlagechef»
In seiner Anklagerede lastete Giger dem Angeschuldigten durchaus «intelligente Verbrechen» und eine einmalige Machtstellung als Finanz- und Anlagechef an. Bei Käufen der LTS-Aktien habe Morax zu tiefe, bei Verkäufen zu hohe Preise angesetzt, umschrieb Giger die Bereicherungsstrategie des Angeklagten. Der Prozess gegen Morax soll zwei Tage beanspruchen. Am Donnerstag wird das Plädoyer des Starverteidigers Lorenz Erni im Mittelpunkt stehen. Er wird sich für einen vollen Freispruch einsetzen und die Vorwürfe der Gegenseite zu entkräften versuchen. Mit einem Urteil ist aufgrund der umfangreichen Vorträge später zu rechnen. (awp/mc/ps/17)