Hotelleriesuisse wird 125 Jahre alt: Das Hotel ist tot – es lebe der Gast

«In der Schweiz sieht die Situation nicht rosig aus», schreibt das Gottlieb Duttweiler Institut (GDI) in seiner Studie zur Zukunft der Schweizer Hotellerie, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Das Institut erstellte die Studie im Auftrag des Branchenverbandes hotelleriesuisse zu dessen 125-Jahre-Jubiläum.


Strukturelle Mängel, fehlende Innovationen
Die Zahl der Hotelübernachtungen in der Schweiz habe in den vergangenen Jahren stagniert oder sei gar rückläufig gewesen, heisst es darin. Die Hauptgründe sieht das GDI in strukturellen Mängeln, fehlenden Innovationen und vernachlässigten Investitionen. «Für eine erfolgreiche Zukunft in diesem weltweit hart umkämpften Markt reicht das Bestehende nicht aus.»


Online-Befragung von 28 Fachleuten und 180 Hoteliers
Was für eine erfolgreiche Zukunft nötig ist, wollte das Institut in drei Experten-Workshops und mit einer Online-Befragung von 28 Fachleuten und 180 Hoteliers herausfinden. Es entstand eine Art «Anleitung» für die Schweizer Hotellerie. Massgebend war laut GDI nicht, was heute machbar ist, sondern was morgen möglich sein wird. Das traditionelle Hotel als Ort des Schlafens, Essens und Trinkens wird längerfristig abgelöst, lautet eine Erkenntnis der Studie. Das Produkt, das verkauft wird, ist nicht mehr ein warmes Bett, sondern «Hospitality – ein Bündel von Angeboten, abgestimmt auf die Bedürfnisse und Wünsche jedes Gastes».


Innovationsdruck bei Hotels der Mittelklasse
Für eine erfolgreiche Zukunft brauchen die Hotels Innovationen. Am höchsten ist der Innovationsdruck bei Hotels der Mittelklasse. Denn: «Mittelmass ist nicht mehr genug.» Es gehe nicht darum, mehr, sondern bessere Leistungen anzubieten. Angebote müssten neu kombiniert werden, beispielsweise Einfachheit mit Exklusivität. Dazu müsse die Hotellerie verstärkt mit Partnern zusammenarbeiten. «Hotels verschmelzen mit Kliniken, Museen, Banken, Mode-Boutiquen, Schulen, Universitäten, Sportarenen.»


Virtuelle Reception
Immer wichtiger wird in der Hotellerie auch das Internet. Nicht nur die Homepage des Hotels sollte über das Minimalangebot hinausgehen. Durch neue Technologien werden laut Studie auch Konzepte wie die virtuelle Reception – das automatische Ein- und Auschecken der Gäste – oder der Service-Roboter immer greifbarer. Auch virtuelle Welten wie Seconde Life rücken in den Vordergrund.


Demographische Entwicklung bedingt Anpassung
Aber auch die demographische Entwicklung bedingt Anpassung: Der Anteil der über 65-jährigen Hotelkunden steigt. Diese seien eine Chance für die Hotellerie, «denn sie haben Zeit und Geld und lieben das Reisen», wie das GDI schreibt. Um diese Chancen zu nutzen, müssten jedoch die Infrastruktur und das Angebot angepasst werden. Dies ist laut GDI bisher kaum geschehen.


Hotel werden stärker zur sozialen Plattform
In Zukunft wird nach Meinung des Instituts das Hotel auch stärker zur sozialen Plattform. Die Gäste wollen spannende Begegnungen machen, miteinander in Kontakt treten. Immer öfter wollen sie auch aus einem sterilen, langweiligen Alltag ausbrechen. Das Potenzial für Hotels, die sich als Ort von Lust und Laster positionieren, wird gemäss Studie deshalb steigen. Den Gegenpol dazu bilden so genannte Wellness-Klöster, wo das Masshalten, die Tugendhaftigkeit und die Selbstbeherrschung im Vordergrund stehen.


«Das Hotel ist tot. Vive l’hôte!»
«Das Hotel ist tot. Vive l’hôte!», schliesst der Branchenverband hotelleriesuisse aus der GDI-Studie. (awp/mc/gh)

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