Hypo Real Estate übernimmt für 5,7 Milliarden Euro Depfa Bank
Dies teilten beide Banken überraschend am Montag in München und Dublin mit. Durch die Verschmelzung entsteht eine der grössten deutschen Banken mit rund 2.000 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von rund 385 Milliarden Euro. Sie würde damit den zur Commerzbank gehörenden Mitbewerber Eurohypo (224 Mrd Euro Bilanzsumme) und die Postbank (185 Mrd Euro) überholen.
Übernahme von beiden Häusern einstimmig unterstützt
Pro DEPFA-Papier offeriert der Münchner DAX-Konzern 0,189 eigene Aktien und 6,80 Euro in bar. Auf Basis des Schlusskurses am Freitag entspricht dies 16,14 Euro pro DEPFA-Aktie. Die Übernahme erfolgt nach irischem Recht und ist an die Bedingung geknüpft, dass 75 Prozent der DEPFA-Aktionäre auf einer noch einzuberufenden ausserordentlichen Hauptversammlung der Fusion zustimmen. HRE-Chef Georg Funke betonte, dass es sich um eine freundliche Übernahme handelt. «Sie wird von den Führungsgremien beider Häuser einstimmig unterstützt.» DEPFA-Chef Gerhard Bruckermann sagte, er rechne nicht mit einer Gegenofferte von einem anderen Interessenten. HRE-Finanzvorstand Markus Fells sagte, es gebe von den DEPFA-Aktionären bereits Signale zur Zustimmung zum Angebot.
Gemischte Reaktionen an der Börse
An der Börse löste die Nachricht gemischte Reaktionen aus. DEPFA-Papiere legten am Vormittag um 13,12 Prozent auf 15,61 Euro zu, blieben damit aber hinter dem rechnerischen Wert der HRE-Offerte zurück. HRE-Papiere gaben dagegen um 4,74 Prozent auf 46,84 Euro nach. Einem Händler zufolge dürfte das Angebot für DEPFA-Aktionäre mit der nur geringen Prämie und der ebenfalls geringen Barkomponente «nur mässig interessant» sein. Er rechnet entsprechend mit einigen Investoren, die auf eine Angebotserhöhung drängen werden. Andreas Weese von der HVB hob unterdessen das DEPFA-Papier von «Hold» auf «Buy» nach oben und schraubte das Kursziel von 14,40 auf 19,00 Euro je Aktie hoch.
Finanzierung durch Kapitalerhöhung und Wandelanleihe
Insgesamt will die Hypo Real Estate 67 Millionen neue Aktien an die DEPFA-Aktionäre ausgeben. Dies entspricht einer Kapitalerhöhung um 50 Prozent. Zur Finanzierung der Barkomponente wird die Hypo Real Estate daneben eine Pflichtwandelanleihe über 450 Millionen Euro ausgeben. Die Anleihe soll an diesem Montag bei institutionellen Anlegern platziert werden und hat eine Laufzeit von einem Jahr. Bei Fälligkeit wird sie in neue Aktien gewandelt. Ihre Dividende will die Hypo Real Estate im laufenden Jahr entgegen früheren Ankündigungen nicht anheben. Um das Eigenkapital der Bank zu stärken, solle die Ausschüttung für 2007 in etwa auf dem Niveau des Vorjahres liegen, als 1,50 Euro pro Aktie ausgezahlt wurde. Bis 2010 wolle man aber wieder die bisher angepeilte Ausschüttungsquote von 40 bis 50 Prozent erreichen, hiess es.
Bestechender strategische Fit
«Der strategische Fit der Transaktion ist bestechend», sagte HRE-Chef Funke. «Durch den Erwerb der DEPFA wären wir in der Lage, unsere wachsenden Aktivitäten bei Public Finance und Infrastrukturfinanzierungen mit einem Schlag auf ein international führendes quantitatives und qualitatives Niveau zu heben, und dies ohne die sonst unvermeidlichen, erheblichen Anlaufinvestitionen.» Der Zusammenschluss biete die Chance, einen weltweit führenden Anbieter von Finanzdienstleistungen für den öffentlichen Sektor, in der gewerblichen Immobilienfinanzierung sowie für die Infrastrukturfinanzierung zu schaffen. Es werde ein «globaler Anbieter mit einer in dieser Form einmaligen strategischen Aufstellung» entstehen. Die kommende Hauptversammlung solle daher der neuen Gruppe auch einen neuen Namen geben. «Es muss ein Name sein, der wirklich Sinn macht», sagte Funke.
Mehr als 150 Mio Euro Synergien ab 2010
Bereits im ersten Jahr will die Gruppe 40 Millionen Euro vor Steuern aus Ertragssynergien erzielen. Ab 2010 sind dann Synergien von mehr als 150 Millionen Euro pro Jahr geplan t. Zusätzlich sind 60 Millionen Euro pro Jahr an Kostensynergien angepeilt, die zu 75 Prozent bereits im zweiten Jahr nach dem Zusammenschluss erreicht werden sollen. Bereits 2008 soll sich der Zusammenschluss positiv auf das Ergebnis pro Aktie auswirken. Die Eigenkapitalrendite der Gruppe soll bis 2010 auf mehr als 15 Prozent steigen. An Integrationskosten rechnet die Hypo Real Estate mit insgesamt 160 Millionen Euro. Diese würden zum grössten Teil bereits im laufenden Jahr ergebniswirksam, sagte Finanzvorstand Markus Fell. Ein Stellenabbau sei nicht geplant. Der Personalbestand beider Häuser solle nach der Transaktion zunächst stabil bleiben und langfristig entsprechend dem Wachstum steigen, sagte Vorstandschef Funke.
Geschäftszahlen zum H1 und Q2 vorgelegt
Beide Banken legten zudem am Vormittag ihre Geschäftszahlen zum ersten Halbjahr und zweiten Quartal vor. Dabei verzeichnete die DEPFA anders als die Hypo Real Estate aber Rückgänge bei Erträgen und Gewinn. Der Überschuss sank im zweiten Quartal von 140 Millionen Euro vor einem Jahr auf 126 Millionen Euro, die Erträge gingen von 230 auf 229 Millionen Euro zurück. Für den Gewinnrückgang war in erster Linie der Einbruch beim Handelsergebnis von 41 auf 8 Millionen Euro verantwortlich. Dagegen verdiente die DEPFA mit Finanzanlagen 111 Millionen Euro nach 67 Millionen Euro vor einem Jahr. Auch Zins- und Provisionsüberschuss legten zu.
HRE bei Erträgen und Gewinn weiter zugelegt
Die Hypo Real Estate steigerte ihre Erträge dagegen um 17 Prozent auf 310 Millionen Euro, der Überschuss legte um 30 Prozent auf 137 Millionen Euro zu. Grund für das deutliche Ertragsplus sei vor allem das starke Neugeschäft gewesen, hiess es. In den Monaten April bis Juni lag das Neugeschäft im Kerngeschäft mit der Immobilienfinanzierung bei 9,4 Milliarden Euro. Hinzu kamen neu akquirierte Finanzierungen ausserhalb des Immobilienbereichs in Höhe von 600 Millionen Euro.
Keine Prognose fürs Gesamtjahr
Für das Gesamtjahr bestätigte die Bank den positiven Trend, gab zunächst aber keine konkrete Prognose ab. Die DEPFA-Übernahme werde noch 2007 «erheblichen Einfluss» auf die Ertragslage des Konzerns haben, hiess es. Eine angepasste Prognose könne zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abgegeben werden. Erst vor zwei Wochen hatte die Hypo Real Estate ihre Prognose für das Gesamtjahr angehoben. Demnach peilte die Bank ohne DEPFA einen Vorsteuergewinn von 710 Millionen Euro an, nach 542 Millionen Euro im Vorjahr. Die Erträge sollten von 1,08 Milliarden Euro im Vorjahr auf 1,2 Milliarden Euro steigen. (awp/mc/ab)