IBM greift angeblich nach Sun – Breitseite gegen HP

Sowohl IBM als auch Sun lehnten auf Nachfrage einen Kommentar ab. Die Börsianer nahmen die Meldung für bare Münze: Während IBM im elektronischen Frankfurter Handel bis zum frühen Nachmittag um 2,56 Prozent auf 68,58 Euro nachgaben, schossen Sun-Papiere um 75,14 Prozent auf 6,41 Euro in die Höhe. Laut «Wall Street Journal» ist IBM bereit, mindestens 6,5 Milliarden Dollar für den Zukauf zu berappen, was rund das Doppelte des derzeitigen Börsenwerts wäre. Allerdings, so schränkte das renommierte US-Blatt ein, könne das Geschäft auch noch in letzter Minute platzen.


Viele Gemeinsamkeiten
Laut der Zeitung hat Sun selbst seit Monaten nach einem Käufer gesucht. IBM biss demnach an. Beide Konzerne stellen Grossrechner und die passende Software her, beide sind beim offenen Betriebssystem Linux engagiert und beide sind wenig abhängig vom Prozessorenprimus Intel . IBM hat allerdings durch sein starkes Dienstleistungsgeschäft die Wirtschaftsflaute wesentlich besser wegstecken können als Sun. IBM bietet unter anderem Technologieberatung und die Auslagerung von IT an. Diese Services versprechen hohe Profite, weshalb IBM in diesem Jahr trotz Rezession mit einem neuerlichen Rekordergebnis rechnet.


Sun streicht nach Verlust von 209 Mio. Dollar stellen
Auch Sun entwickelt sich in Richtung Dienstleister, ist momentan aber noch von seiner Hardware abhängig. Das hat in der Vergangenheit immer wieder zu roten Zahlen geführt, ist der Markt doch heiss umkämpft und darüber hinaus anfällig für konjunkturelle Schwankungen. Alleine im vergangenen Jahr fiel ein Verlust von 209 Millionen Dollar an. Sun streicht deshalb jeden fünften seiner weltweit 33.000 Arbeitsplätze. Bei IBM arbeiten mehr als 400.000 Menschen.


HP ist IBM auf den Fersen
IBM ist nach Angaben des Marktforschers IDC mit gut 30 Prozent der Marktführer bei den sogenannten Servern, ganz dicht gefolgt von HP. Dahinter folgen nahezu gleichauf mit jeweils etwas mehr als 10 Prozent Dell und Sun. Eine Übernahme des kleineren Rivalen würde IBM mit einem Schlag deutlich von HP absetzen. Zum Einsatz kommen die Hochleistungs-Rechner in Computernetzen grosser Unternehmen. Über Server läuft auch der Datenverkehr im Internet.


Die Gewinne in dem Geschäft sind jedoch in den vergangenen Jahren stetig geschrumpft, weil sich die Technik der grossen Computer immer mehr der von Heimrechnern annähert. Das macht es auch Quereinsteigern wie Dell möglich, ein Stück vom Markt abzugreifen. Am Montag hat auch noch der Netzwerkausrüster Cisco Systems bekanntgegeben, künftig Server bauen zu wollen. Cisco hat sich dafür unter anderem mit Intel und dem Windows-Hersteller Microsoft verbündet.


Abweichen vom Kurs
Die neue Allianz werten Branchenexperten als direkten Angriff auf IBM. Die Verstärkung bei Servern brächte für den Computerkoloss allerdings ein schwerwiegendes Problem mit sich: Die Gewinnmarge würde sinken. Wegen des enormen Preisdrucks bei Hardware hatte sich IBM in der Vergangenheit von seinem Geschäft mit Heim-PC sowie mit Festplatten getrennt und dafür Dienstleister hinzugekauft. IBM müsste nach der Sun-Übernahme die Kosten massiv senken, stellte deshalb das «Wall Street Journal» fest. Dies könnte in einem Arbeitsplatz-Abbau münden.  (awp/mc/pg/09)

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