Es sei mit höheren Lohnsteigerungen und einem kräftigen Aufschwung am Bau zu rechnen. Das zeigten neueste Umfragen. Sinn: «Der Auftragsbestand der Architekten ist höher als in den vergangenen 15 Jahren. Daraus werden Bauprojekte. Das ist ein Faktum.» Die deutsche Wirtschaft habe lange Zeit Investitionen im eigenen Land vernachlässigt. «Deutschland hat seit 1995 irrsinnig viel Kapital exportiert, statt es im Inland zu investieren», sagte Sinn.
Amerikanischen Traum mitfinanziert
«Wir hatten in den vergangenen 15 Jahren die niedrigste Netto-Investitionsquote aller OECD-Länder.» Deutsche Banken hätten viel Geld nach Süd- und Westeuropa und in die USA vergeben. «Deutschland war in dieser Zeit zweitgrösster Netto-Kapitalexporteur der Welt, vor Japan, nach China. Wir haben nicht unwesentlich beigetragen zur Finanzierung des amerikanischen Traums», sagte Sinn in Anspielung auf die US-Immobilienblase. Dank Lohnzurückhaltung habe Deutschland dennoch die Exportkraft bewahrt. «Wir haben dadurch real um 18 Prozent abgewertet im Vergleich zu den anderen Euro-Ländern.»
Schalter umgelegt
Der langjährige Trend habe sich mit der jüngsten Wirtschaftskrise geändert, sagte Sinn. «Die gute Nachricht ist: In der Krise wurde der Schalter umgelegt. Über die nächsten 10 bis 15 Jahre läuft es genau umgekehrt.» Ein Boom der Binnenkonjunktur müsse keine Hypothek für die Exportwirtschaft sein. «Statt der Welt Kredite zu geben, damit sie Werkzeugmaschinen kauft – mit ungewisser Rückzahlung – könnten wir sie auch im Inland verkaufen», meinte Sinn. Voraussetzung für eine günstige Entwicklung im Inland sei jedoch, dass es bei den Rettungspaketen für angeschlagene Euro-Staaten einen Teilverzicht der Gläubiger gebe. Eine unveränderte Fortschreibung sei fatal. «Dann lenken wir das Kapital wieder ins Ausland.» (awp/mc/ps/26)