ifo-Stimmungseintrübung kein Warnsignal – Euphorie abgeebbt
Volkswirte hatten im Schnitt nur einen leichten Rückgang auf 98,4 Punkte erwartet. Trotz des Rückgangs liege das Geschäftsklima aber noch deutlich über dem Septemberwert, sagte ifo-Chef Hans-Werner Sinn. Die neuen Daten sprächen «für eine Fortsetzung der moderaten konjunkturellen Aufwärtstendenz».
Skepsis bei den Aussichten
Die befragten Unternehmen schätzten sowohl ihre aktuelle Lage als auch die Aussichten für die kommenden sechs Monate skeptischer ein. Der Indikator für die Lage sank von 98,9 Punkten auf 97,8 Punkte. Analysten hatten 98,8 Punkte erwartet. Weniger aussichtsreich bewerteten sie auch ihre Perspektiven für die nächsten sechs Monate. Dieser Indikator sank von 98,6 Punkte auf 97,7 Punkte. Experten hatten zuvor lediglich einen Rückgang auf 98,0 Punkte prognostiziert.
Spürbare Eintrübung im Einzelhandel
Im Einzelhandel ging das Geschäftsklima «spürbar» zurück. Dabei wurden dem ifo Institut zufolge sowohl die derzeitige Situation als auch die Perspe ktiven skeptischer bewertet. Auch im verarbeitenden Gewerbe schwächte sich das Geschäftsklima leicht ab. Unverändert optimistisch blieben den Forschern zufolge die Erwartungen an das Exportgeschäft. Kaum Veränderungen gab es dagegen im Grosshandel. In der krisengeschüttelten Bauwirtschaft verbesserte sich das Geschäftsklima leicht.
Erholung ist weiter nicht selbstragend
Trotz des Rückgangs des ifo-Geschäftsklimas wird die deutsche Wirtschaft nach Einschätzung von Ökonomen auch 2006 weiter wachsen. «Das sieht alles nicht so schlecht aus», sagte Commerzbank-Volkswirt Matthias Rubisch. Allerdings sei vom privaten Konsum auch 2006 «nicht viel zu erwarten». Die Erholung sei weiter nicht selbstragend. Sie hänge von der Auslandsnachfrage ab, die in den vergangenen Monaten «aussergewöhnliche Schubkraft» entwickelt habe. Nach der kräftigen Stimmungsaufhellung in den Vormonaten sei die nun erfolgte Normalisierung kein Beinbruch.
Kein Warnzeichen
Auch für DekaBank-Ökonom Sebastian Wanke ist der Rückgang des ifo-Index «kein Warnzeichen, dass das kräftige Wachstum abrupt abbrechen wird». Die deutsche Wirtschaft werde auch zu Beginn des kommenden Jahres weiter robust wachsen. Die Wachstumsdynamik werde sich dabei aber allmählich abschwächen. Nach der kräftigen Stimmungsaufhellung in den vorangegangenen zwei Monaten sei die Euphorie nun angesichts von Zinserhöhungsängsten und einer leichten Unzufriedenheit mit den Koalitionsvereinbarungen verf logen.
Europäische Zentralbank in der Zwickmühle
An den Finanzmärkten rutschte der Eurokurs allerdings wieder unter die Marke von 1,18 US-Dollar. Am Rentenmarkt kletterte der Bund-Future über die Marke von 120 Punkten und erreichte mit 120,29 Punkten sein Tageshoch. Der DAX rutschte nach den Daten in die Verlustzone, nachdem er zuvor noch den höchsten Stand seit April 2002 erreicht hatte. Die Europäische Zentralbank befindet sich nach der Veröffentlichung des unerwartet deutlich gesunkenen ifo-Index und einem schwächeren Geschäftsklima in Belgien nach Einschätzung der HVB nun in der Zwickmühle.
Das ifo Institut ermittelt den Geschäftsklimaindex einmal monatlich aus einer Umfrage unter 7.000 Unternehmen. Er gilt als wichtigster deutscher Frühindikator. (awp/mc/ab)