IHAG Kommentar: Die Talfahrt an den Börsen geht weiter

IHAG Kommentar: Die Talfahrt an den Börsen geht weiter

Zürich – Die Ängste um den Euro-Raum bewirkten eine weitere Talfahrt der Börsen. Der S&P 500 verlor über die Woche 4.3%, der Europe Stoxx 50 4.8% und der SMI 2.6%. Unter die Räder kamen Finanzwerte und Zykliker.

Assets wurden in sichere Häfen geleitet. Die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen sanken in den USA auf 1.7%, in Deutschland auf 1.44% und in der Schweiz auf 0.52%. Dagegen stiegen die Referenzzinsen in Spanien und Italien markant, schlossen am Freitag aber unter dem Wochenhöchst. Mit der Sorge um die Stabilität in Europa schwächte sich der Euro zum USD weiter auf 1.27 ab. Umgekehrt war der USD gesucht und erstarkte gegenüber dem CHF 2% auf 0.94. Der EUR/CHF konnte bei 1.2025 verteidigt werden. Trotz Double Dip war auch das GBP als Alternative zum EUR gesucht und stieg gegenüber dem CHF kurz über 1.50, schloss dann bei 1.49. Die Rohstoffpreise waren mit der anhaltenden Konjunktursorge weiter auf Talfahrt, stabilisierten sich aber in der zweiten Wochenhälfte. Der Ölpreis sank nochmals 3% auf USD 109 pro Barrel Brent. Nachdem Gold parallel zu den Börsen und den Rohmaterialien unter Abgabedruck stand, wurde das gelbe Metall seinem Image als sicherer Hort endlich wieder gerecht und setzte vom Fünfmonatstief aus wieder zu einer Erholung bis auf USD 1595 die Unze an.

Griechenland weiterhin Hauptthema
Hauptthema an den Börsen blieb das politische Chaos in Griechenland und mögliche Dominoeffekte auf Europa. Die Neuwahlen finden am 17. Juni statt. Von deren Ausgang hängt es ab, ob Griechenland in der Eurozone verbleibt. Die Anleger fürchten eine Staatspleite der Griechen und „Grexit“, einen Austritt des angeschlagenen Landes aus dem Euro. Es gab zwar keine Panik oder gar einen Crash, aber die Stimmung sank mit den Kursen. Angeheizt wurde die negative Stimmung noch durch die Ratingagenturen. Moody’s Rückstufung der Italienischen Banken wurde im Land mit Entrüstung entgegengenommen, beeindruckte den Markt aber zunächst nicht gross. Berechnungen von Fitch ergaben, dass bei den 29 globalen systemrelevanten Banken eine Aufstockung des Eigenkapitals von 23% oder USD 566 Mrd. benötigt wird, damit die künftigen Kapitalregeln von Basel III erfüllt werden. Auch Angst vor Bankpleiten und die Stabilität des Bankensystems in Spanien breitete sich aus. Belastet von der Schuldenkrise in Europa sank auch die Wall Street jeden Tag. Hinzu kamen Sorgen über den Zustand der US-Konjunktur: Der Index der Notenbank von Philadelphia fiel unerwartet und auch die Leading Indicators kamen schlechter als erwartet. Lichtblicke können beim BIP-Anstieg im 1. Quartal von 0.5% in Deutschland gesehen werden, welche der Eurozone (bei einem Gewicht von 27%) zu einem Nullwachstum, statt einem Abrutschen in die Rezession verhalf. Weniger schlimm als befürchtet schnitt Portugal mit -0.1% ab und Spanien schlug sich mit einem Rückgang von 0.3% auch noch passabel. Allerdings musste Italien eine Kontraktion von 0.8% hinnehmen. Russland meldete ein Wachstum von 4.9%. Insgesamt hat sich das Bild also nicht so stark verdüstert, wie es die Kurse der Aktien und Rohstoffe zeichnen.

Weitere volatile Wochen könnten folgen
Am G8-Gipfel in Camp David wurde die Austeritätspolitik der Europäer aufgeweicht und Gastgeber USA stellte sich als Vorbild hin. Weiter sparen ja, aber es soll auch Förderung von Wachstum und Arbeitsplätzen anvisiert werden. Konkrete und griffige Massnahmen wurden aber nicht präsentiert. Mr. Hollande machte sich für die Ausgabe von Euro-Bonds stark, zur gezielten Förderung von Infrastruktur-Projekten, was Frau Merkel aber immer noch ablehnt. Die Gespräche werden weiter gehen. Dagegen erfreute Wal-Mart mit guten Zahlen in den USA und der Luxusgüterkonzern Richemont berichtete von einem ungebrochenen Konsum-Boom v.a. aus Asien. Für viel Aufsehen sorgte dann der Börsengang von Facebook am Freitag, obwohl das Kursrally allerdings ausblieb. Eine Erholung an den Börsen scheint nicht in Sicht, die Indices verlieren einen Support nach dem anderen und der Abwärtstrend könnte noch etwas anhalten. Allerdings ist die Stimmung bereits sehr negativ und die Korrektur dürfte sich im fortgeschrittenen Stadium sein. Der tradingorientierte Investor könnte kurzfristig einen Rebound bei überverkauften soliden Werten versuchen. Hier erscheinen uns die Versicherer Zurich und auch Allianz (Bericht auf Seite 4) auf kaufenswertem Niveau. Bei Credit Suisse orten wir nach den teils shortbedingten Verkäufen aus der Wahldividende Erholungspotential, da die Bank von den Problemen in der Eurozone weniger betroffen ist als der Sektor, aber unter den Tiefstkursen von zu Beginn der Finanzkrise 2009 notiert, obwohl die Bilanz seither gestärkt wurde. Insgesamt sehen wir aber noch keinen Grund, wieder in den Aktienmarkt einzusteigen und wir erwarten noch ein paar volatile Wochen. (IHAG/mc/hfu)

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