«Mit der Pipeline kann Öl aus der kaspischen Region auf den Weltmarkt gebracht werden, ohne dass der Iran oder Russland Einfluss nehmen können», sagte Adolf Feizlmayr, geschäftsführender Gesellschafter des deutschen Pipelineplaners ILF Beratende Ingenieure GmbH (München), in einem dpa-Gespräch. Die mehr als 2,5 Milliarden Dollar teure Rohölpipeline BTC (Baku-Tiflis-Ceyhan) wurde am Donnerstag an ihrem Endpunkt im türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan offiziell eröffnet.
50 Mio Tonnen Rohöl im Jahr
ILF plante den 1076 Kilometer langen türkischen Abschnitt der insgesamt rund 1770 Kilometer langen Ölleitung, deren Betreiber und wesentlicher Gesellschafter der britische BP-Konzern ist. Die Pipeline soll bei voller Auslastung jeden Tag eine Million Barrel (je 159 Liter) Rohöl transportieren. Aufs Jahr gerechnet sind dies 50 Millionen Tonnen, dies entspricht etwa der Hälfte des jährlichen Rohölverbrauchs Deutschlands. Von Baku am Westufer des Kaspischen Meeres fliesst das Öl durch Aserbaidschan, über die Berge Georgiens und der Türkei, nach Ceyhan an der türkischen Mittelmeerküste. Dort wird das Öl, das aus dem Azeri-Chirag-Gunashli-Ölfeld im aserbaidschanischen Sektor des Kaspischen Meeres stammt, auf Grosstanker verladen. «In dem Ölfeld werden Reserven von mindestens 100 Milliarden Barrel vermutet», sagte Feizlmayr.
Unabhängige und sichere Ölversorgung
Der weltweit wachsende Ölbedarf, der extreme Preisanstieg und die Unsicherheiten in der Versorgungslage drängen die Ölkonzerne zur Erschliessung immer neuer Wege. «Die Trasse war von Anfang an auch ein politisches Projekt», erläuterte Feizlmayr. Mit der Erschliessung neuer Ölfelder und dem Bau neuer Leitungen werde die weltweite Ölversorgung unabhängiger und sicherer. «Die BTC-Pipeline ist die erste grosse Leitung, die den Westen versorgt, ohne durch arabischen Sand und irakisches Gelände, über iranische Küsten oder russische Steppen zu führen», erklärte der 69-Jährige. Die Türkei werde zum bedeutenden Energiekorridor zwischen Asien und Europa. Zudem sei vor allem in Indien und China in den vergangenen Jahren der Bedarf an Öl dramatisch gewachsen.
Grosse technische Herausforderungen
Die Realisierung dieses «Jahrhundertprojekts», wie Feizlmayr die auf ihrer kompletten Länge eingeerdete Pipeline nennt, stellte ihre Erbauer vor grosse technische Herausforderungen. Fünf Jahre plante und begleitete ILF den Bau, bis die Leitung fertig war. «Der höchste Punkt der Pipeline liegt auf mehr als 2800 Meter Höhe, Täler mit einer Höhendifferenz von bis zu 1000 Meter mussten gequert werden, rund 600 Wasserläufe gekreuzt und sechs aktive Erdbebenzonen gequert werden», sagte Feizlmayr. Zwischen den beiden Terminals am Anfang und am Ende der Pipeline liegen 150.000 Rohrsegmente, die mit ebenso vielen Schweissnähten verbunden sind. Acht Pumpstationen, davon vier in der Türkei, befördern das Rohöl. (awp/mc/ar)