Das Projekt müsse bei den Themen Umwelt, Umsiedlungen und Kulturgüter Verzögerungen aufholen. Unabhängige Experten sollen dies überprüfen.
NGOs zeigen sich erfreut
Die Schweizer Nichtregierungsorganisationen Erklärung von Bern (EvB) und die Gesellschaft für bedrohte Völker begrüssten den Entscheid. Christine Eberlein von der EvB geht davon aus, dass dies das Ende des Projektes bedeutet, wie sie auf Anfrage erklärte.
Kosten von 1 Mrd. Euro
Mit dem Staudamm soll das Wasser des Tigris auf einer 300 Quadratkilometer grossen Fläche gestaut werden. Das mehr als eine Milliarde Euro teure Projekt soll ein 1’200-Megawatt-Wasserkraftwerk antreiben. Es soll nach den Plänen der türkischen Regierung eine wichtige Rolle beim wirtschaftlichen Aufbau des verarmten und vom langen Krieg gezeichneten Kurdengebiets spielen.
Zehntausende Menschen sollen umgesiedelt werden
Die Staudammgegner werfen der Türkei vor, das Projekt ohne Rücksicht auf die Menschen in dem Gebiet und auf die Umwelt voranzutreiben. Der Dammbau erfordert die Umsiedlung von mehreren Zehntausend Menschen. Zudem soll die archäologisch wichtige Stadt Hasankeyf am Tigris überflutet werden.
Konsortium kritisiert: «Überzogene» Reaktion – Projekt nicht tot
Die am Ilisu-Projekt beteiligten Firmen aus der Schweiz und Österreich reagieren auf die Sistierung des Baus mit Enttäuschung und Kritik. Der Entscheid der Exportkreditversicherer sei «überzogen» und ein falsches Signal an die Türkei. Das Konsortium sei zuversichtlich, dass das Projekt doch noch durchgeführt werde, erklärte Wolfgang Leitner, Chef des österreichischen Turbinenherstellers Andritz, im Namen des Konsortiums, dem die Schweizer Bau- und Ingenieursfirmen Maggia, Colenco und Stucky sowie der Turbinenbauer Alstom angehören.
Verweis auf Wirtschaftskrise
Ein Scheitern wäre für Leitner «im Hinblick auf die bereits getroffenen Massnahmen und den guten Willen aller Beteiligten ausserordentlich bedauerlich», auch wenn Andritz dadurch keine «substanziellen» finanziellen Nachteile erwüchsen, wie es in einem Communiqué heisst. Angesichts der Wirtschaftskrise sei es völlig unverständlich, dass die Exportkreditversicherer Aufträge für heimische Firmen aufs Spiel setzten. Andritz bedauere, dass die Exportkreditversicherungen den Liefervertrag für das Wasserkraftwerk für 180 Tage suspendiert hätten, obwohl wesentliche Fortschritte bei den vereinbarten Begleitmassnahmen erzielt worden seien.
Auch das unabhängige Expertenkommitee habe die Fortschritte bei Umweltschutz, Umsiedlung und Kultur gewürdigt. Zudem habe die Türkei angeboten, den Bau des Kraftwerks nicht vor 30. April 2009 zu beginnen, um die noch ausstehenden Massnahmen nachzuziehen. (awp/mc/pg/20)