Immer mehr arbeitsrechtliche Streitfälle in Dubai
Die Schweizer Privatbank Julius Bär war das erste Finanzunternehmen überhaupt, dass am 20. September 2004 eine Lizenz mit der Nummer F000001 für das damals neu geschaffene Dubai International Financial Center (DIFC) erhielt. Am Dienstag, 18. August, hatte die Bank einen Gerichtstermin in dem Finanzzentrum, weil sie von einem ihrer ehemaligen Mitarbeiter in Dubai verklagt wurde. Im DIFC, einem Onshore-Bankenhub mit international kompatibler Rechtsprechung im Finanzbereich, sind alle Gesetze des Golf-Emirats ausser Kraft gesetzt, mit Ausnahme des Strafrechts für Kriminalfälle. Aus diesem Grund verfügt das DIFC mit den DIFC Courts über einen eigenen Gerichtshof.
Aktenzeichen CFI 014/2009
Da die Verteidigung, also die Anwälte der Bank Julius Bär, für die Eröffnungsplädoyers aus Gründen der arbeitsvertraglichen Vertraulichkeit den Ausschluss der Öffentlichkeit beantragten, was Richter Sir John Chadwick auch stattgab, blieb der Grund für den Streitfall en détail im Dunkeln. Auch, aus welchem Grund der Kläger die Mittelost-Niederlassung der Julius Bär verliess, ist nicht bekannt. Während der laufenden, dann wieder öffentlichen Aussprache liess der Anwalt des Klägers aber durchblicken, dass dieser u. a. mutmasslich ausstehende Bonuszahlungen von der Privatbank einfordert. Richter Sir John Chadwick vertagte die Verhandlung nach einer Stunde Anhörung auf den 28. November. Die Gegnerparteien wurden aufgefordert, in der Zwischenzeit Zeugen zu benennen. Ein Urteil in dem Disput mit Aktenzeichen CFI 014/2009 wird voraussichtlich erst Anfang 2010 gesprochen.
Am Hauptsitz in Zürich wollte man auf Anfrage von Moneycab zu dem Disput keine Stellung nehmen, «da wir laufende Verfahren grundsätzlich nicht kommentieren», wie Martin Somogyi, Mediensprecher bei der Bank Julius Bär, sagte.
Dubai ? ein Emirat, zwei Jurisdiktionen
In ihrer Urteilsfindung beziehen sich die acht Richter der DIFC Courts auf das im angelsächsichen Sprachraum und in vielen Mitgliedsstaaten des Commonwealth of Nations gebräuchliche Gewohnheitsrecht («Common Law»). Dieses stützt sich nicht auf ein Artikel- oder Paragraphenwerk, sondern auf Präzedenzfälle. Im Gegensatz dazu gilt ausserhalb des 110 Morgen grossen DIFC-Areals in den Golf-Emiraten ein Amalgam aus dem französisch-ägyptischen Zivilrecht und dem islamischen Gesetz, der Scharia. So ist die dritte Gewalt in Dubai de facto zweigeteilt.
Infolge der Finanzkrise landen seit Anfang 2009 immer mehr arbeitsrechtliche Streitfälle auf dem Richterpult der DIFC Courts. Aber auch am lokalen Gerichtshof Dubai Courts ist eine Prozesslawine ins Rollen gekommen. In dem Golf-Emirat gibt es qua Gesetz weder Gewerkschaften noch sonstige Arbeitnehmervereinigungen. Da das DIFC keine Zahlen zu den Beschäftigten bei den 322 ansässigen Firmen veröffentlicht, ist nicht bekannt, in welchem Umfang es in dem Onshore-Zentrum im Zentrum der Golfmetropole zu Entlassungen kam.