Zu schaffen machte den Münchnern die Pleite des bisherigen Grosskunden BenQ Mobile, dem ehemaligen Siemens-Handygeschäft. In den vergangenen sechs Geschäftsjahren erzielte Infineon nur einmal (2003/04) einen Überschuss. Infineon-Chef Wolfgang Ziebart gab sich am Dienstag allerdings betont zuversichtlich.
Spätestens im vierten Quartal 2007 in Gewinnzone
«Wir werden 2007 die wesentlichen Sanierungsarbeiten abgeschlossen haben und die operative Verlustphase hinter uns lassen», sagte Ziebart. «Wir werden uns deshalb mit aller Kraft darauf konzentrieren, alle Geschäftsfelder ausser Wireless spätestens im vierten Geschäftsquartal in die Gewinnzone zu bringen.» Der defizitäre Bereich Drahtlose Kommunikation solle bis Ende des Kalenderjahres 2007 wie geplant die Gewinnschwelle erreichen. Die Infineon-Aktie dämmte bis zum Mittag ihre Verluste teilweise ein. Zuletzt lag sie 1,33 Prozent im Minus auf 9,66 Euro und war damit einer der schwächsten Werte im DAX .
Ziele: Jährliches Wachstum und EBIT von mindestens 10 Prozent
Infineon hat sich zum Ziel gesetzt, den Umbau im Anfang Oktober angelaufenen Geschäftsjahr 2006/07 abzuschliessen. Mittelfristig strebt der nun wesentlich kleinere und auf Logikchips fokussierte Halbleiter-Hersteller ein jährliches Wachstum und eine operative Marge (EBIT) von je mindestens zehn Prozent an. «Das sind aus heutiger Sicht anspruchsvolle Ziele», sagte Ziebart. Infineon wolle sie erreichen, indem sich der Halbleiter-Hersteller mehr an Kundenwünschen und nicht am «anonymen Endkundenmarkt» orientiere.
Senken der Investitionsquote
Die Münchner wollen ausserdem Prozesse im Konzern vereinfachen und die dafür nötigen Schritte im laufenden Geschäftsjahr abschliessen. Daraus erhoffen sie sich jährliche Einsparungen von mindestens 50 Millionen Euro. Infineon senkt auch seine Investitionsquote. «Unser Ziel ist es, die Investitionen mittelfristig in die Grössenordnung von 10 bis 12 Prozent vom Umsatz zu reduzieren», kündigte Ziebart an. Dazu strebt Infineon in der Fertigung und der Entwicklung Partnerschaften an. Bei den Leistungshalbleitern allerdings sollen Prozessentwicklung und Produktion vollständig im Konzern bleiben.
Ausgliederung der Speicherchip-Sparte: «Meilenstein»
Ziebart verteidigte ausserdem die Abspaltung seiner Speicherchip-Sparte, an der die Münchner noch knapp 86 Prozent halten. Die seit August an der New Yorker Börse gelistete Qimonda hatte Infineons Ergebnisse 2005/06 kräftig beflügelt. «Ein ganz wichtiger Meilenstein war die Ausgliederung und der Börsengang des Speichergeschäfts», sagte der Manager. Der weltweit zweitgrösste DRAM-Speicherhersteller hatte am Dienstagabend unerwartet starke Quartalszuwächse veröffentlicht.
Konzentration auf Automobil- und Industrieelektronik
Infineon konzentriert sich nun auf zwei Geschäftsfelder: die Automobil- und Industrieelektronik sowie das kleinere Segment Kommunikation. Der für Infineon wichtige Logikchip-Markt wachse über die nächsten Jahre mit durchschnittlich zehn Prozent im Jahr. «An diesem Wachstum wollen wir überdurchschnittlich teilhaben», sagte der Konzernchef. Im Berichtsquartal verdoppelte das Segment Kommunikationslösungen (Com) seinen Betriebsverlust bei zwölf Prozent mehr Umsatz im Quartalsvergleich auf 120 Millionen Euro. Auf dem Com-Ergebnis lasteten Sonderaufwendungen von 75 Millionen Euro wegen der BenQ-Mobile-Pleite. Im Gesamtjahr schrumpfte Coms Verlust bei 13 Prozent weniger Umsatz um 22 Prozent auf 231 Millionen Euro.
Segment AIM: Konnte Verluste nicht ausgleichen
Das deutlich grössere Segment Automotive, Industrial & Multimarket (AIM) konnte die Verluste im Kommunikationsbereich nicht ausgleichen. Der Betriebsgewinn stieg im Quartal um 12 Prozent auf 64 Millonen Euro bei 4 Prozent mehr Umsatz. Im Geschäftsjahr kletterte das EBIT um 84 Prozent auf 246 Millionen Euro, während die Erlöse um 13 Prozent auf 2,839 Milliarden Euro zulegten.
Unerwarteter Quartals-Fehlbetrag
Im Konzern erhöhte sich der Quartals-Fehlbetrag überraschend von 23 auf 36 Millionen Euro. Analysten hatten einen Überschuss prognostiziert. Das Betriebsergebnis (EBIT) sank unerwartet um 39 Prozent auf 30 Millionen Euro. Im Berichtsquartal fielen Sonderaufwendungen von 164 Millionen Euro an, vor allem wegen der Ausgliederung und dem Börsengang von Qimonda sowie der Pleite von BenQ Mobile. Der Quartalsumsatz stieg überraschend stark von 1,97 auf 2,29 Milliarden Euro. 2005/06 schrumpften Infineons Fehlbetrag um 14 Prozent auf 268 Millionen Euro und der Betriebsverlust von 183 auf 15 Millionen Euro. Der Konzernumsatz stieg um 17 Prozent auf 7,93 Milliarden Euro. Ohne Qimonda wuchs der Umsatz um lediglich 5 Prozent, während der Betriebsverlust um 26 Prozent auf 217 Millionen Euro sank. (awp/mc/ar)