Die Anleger bejubelten die Nachricht: Nachbörslich sprang die Aktie um 7 Prozent hoch. Die Euphorie konnte auch die die von der EU kürzlich verhängte Rekordbusse nicht getrübt werden, die Intel unterm Strich tief in die Verlustzone drückte. Die EU hatte Intel Mitte Mai wegen illegaler Zahlungen und Rabatte in der Computerbranche mit einer Rekordbusse bestraft. Intel habe seinen viel kleineren Rivalen AMD auf unerlaubte Weise ausbremsen wollen, so die Einschätzung der Wettbewerbshüter.
Verluste dezimiert
Unter dem Strich stand im Ende Juni abgeschlossenen zweiten Quartal ein Minus von 398 Millionen Dollar. Ein Jahr zuvor hatte Intel noch 1,6 Milliarden Dollar verdient. Allerdings belastete den Konzern nun die EU-Busse mit umgerechnet mehr als 1,4 Milliarden Dollar. Ohne diesen Effekt hätte Intel einen Überschuss von 1,0 Milliarde Dollar erzielt oder 18 Cent je Aktie. Die Analysten hatten mit lediglich 0,08 Cent gerechnet.
Gradmesser für die ganze Branche
Intel gilt angesichts seiner schieren Grösse als Gradmesser für die gesamte Branche und wegen des wachsenden Einsatzes von Chips in fast allen Bereichen auch für die Wirtschaft insgesamt. Vier von fünf Prozessoren – das Herz eines jeden Computers – stammen aus den Werken des Konzerns. Insgesamt setzten die Kalifornier von April bis Juni rund 8,0 Milliarden Dollar um – zwar 1,4 Milliarden Dollar weniger als vor einem Jahr, aber 900 Millionen Dollar mehr als noch zu Jahresbeginn. Für das laufende dritte Quartal erwartet Intel eine weitere Erholung auf einen Umsatz zwischen 8,1 und 8,9 Milliarden Dollar.
Marktbeobachter sind überrascht
Analysten waren positiv überrascht über die Schnelligkeit der Erholung, obgleich Intel-Chef Otellini bereits angedeutet hatte, dass das Schlimmste überstanden ist. Der Konzern hatte Tausende Stellen streichen und ganze Werke schliessen müssen. Auch der Halbleiter-Verband SIA hatte mehrere Monate hintereinander über ein wieder anziehendes Geschäft berichtet – allerdings auf einem vergleichsweise niedrigem Niveau, das bei weitem nicht an die Rekordwerte zu Beginn des vergangenen Jahres heranreicht, als die Krise noch auf die Finanzwelt beschränkt war.
Stromspar-Chips
Intels Widererstarken ist zum Teil den stromsparenden Atom-Chips geschuldet, die derzeit vor allem in den beliebten kleinen Notebooks – so genanten Netbooks – eingesetzt werden. Intel versucht, mit den neuen Prozessoren auch bei Handys Fuss zu fassen. Dazu sind die Amerikaner jüngst eine Allianz mit dem weltgrössten Mobiltelefon-Hersteller Nokia eingegangen. Zudem will sich Intel weitere Geräteklassen mit den Stromspar-Chips erschliessen, etwa die Bordelektronik von Autos. Im Zuge des ehrgeizigen Vorhabends kauft Intel gerade den Software-Anbieter Wind River auf.
Warten auf IBM und Google
Weiteren Aufschluss über die Entwicklung in der Technologie-Branche erwarten sich Experten von den Schwergewichten IBM und Google, die an diesem Donnerstag ihre Ergebnisse präsentieren. Prozessorenhersteller AMD legt seine Zwischenbilanz in der nächsten Woche vor. (awp/mc/ps/01)