Internationaler Stahlverband IISI erhöht Prognosen für 2007/08
Nach einem Anstieg des weltweiten Stahlverbrauchs in diesem Jahr um 6,8 Prozent auf knapp 1,2 Milliarden Tonnen werde auch im kommenden Jahr mit einem ähnlichen Wachstum gerechnet, teilte der Weltstahlverband International Iron and Steel Institute (IISI) am Montag zum Auftakt der 41. Weltstahlkonferenz in Berlin mit. Damit erhöhte das Institut seine zuletzt im März vorgelegte Prognose deutlich. Damals hatte das IISI für 2007 noch ein Plus von 5,9 Prozent vorhergesagt und für 2008 von 6,1 Prozent.
Stahlboom in China, Indien, Brasilien und Russland
Getrieben wird der anhaltende Stahlboom weiter von China und Indien sowie Brasilien und Russland, auf die zusammen mehr als 70 Prozent des weltweiten Wachstums entfallen. Allein in den vier sich rasant entwickelnden Märkten sieht der Weltstahlverband im kommenden Jahr ein Wachstum des Stahlverbrauchs von 11,1 Prozent nach einem voraussichtlich noch stärkeren Zuwachs von 12,8 Prozent im laufenden Jahr.
Europa mit langsamerem Wachstum
In Europa dagegen verlangsame sich das Wachstum der Stahlnachfrage wegen Anpassungen in den Lagerbeständen leicht, hiess es. Nach einem Plus von voraussichtlich vier Prozent in 2007 sei im nächsten Jahr nur noch mit einem Wachstum von 1,4 Prozent zu rechnen. Damit ist die Region Schlusslicht des weltweiten Nachfrageplus. Die Stahlnachfrage im NAFTA-Raum werde aller Voraussicht nach nicht so stark ausfallen wie zunächst angenommen, «vor allem im Wohnungsbau». In 2008 werde mit einer Wachstumsrate von vier Prozent gerechnet.
Stahlindustrie nicht von Finanzkrise bedroht
«Obwohl die wirtschaftlichen Risiken weltweit zugenommen haben, geht das IISI davon aus, dass die derzeitige Volatilität der Kreditmärkte die US-Wirtschaft nicht in eine Rezession führt», sagte der IISI-Vorsitzende John Surma. Bereits am Wochenende wurde deutlich, dass sich die Stahlindustrie von der Finanzkrise in ihrer weiteren Entwicklung nicht bedroht sieht.
Überangebot an Stahl aus China
Als «kleine Wolke am Stahlhimmel» bezeichnete IISI-Generalsekretär Ian Christmas dagegen das Überangebot an Stahl aus China. China baut seit Jahren seine Kapazitäten aus und produziert mittlerweile deutlich mehr Stahl als im eigenen Land nachgefragt wird. Daher hat sich die Volksrepublik in den letzten Jahren vom Netto-Importeur zum Netto-Exporteur von Stahl gewandelt. In diesem Jahr rechne der IISI mit einem Nettoexport Chinas von voraussichtlich 50 bis 55 Millionen Tonnen nach rund 35 Millionen Tonnen in 2006, sagte der Vize-Vorsitzende des Weltstahlverbands IISI, Paolo Rocca. Noch bis vor einigen Jahren sei das Land auf Stahleinfuhren angewiesen gewesen: Im Jahr 2003 habe China noch rund 30 Millionen Tonnen Stahl importiert.
Balance Richtung China verschoben
Rocco sagte am Rande der Konferenz, die Balance im weltweiten Stahlgeschäft habe sich in den letzten Jahren in Richtung China verschoben. Der Rest der Welt müsse diese Veränderung nun abfangen, sagte er dpa-AFX. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Regierung in China das Problem erkannt habe und reagieren werde, auch wenn im Moment noch keine Effekte zu spüren seien.
Europäische Stahlkonzerne zunehmend bedroht
Die europäischen Stahlkonzerne sehen ihr Geschäft von wachsenden Stahleinfuhren aus China zu niedrigen Preisen zunehmend bedroht. Über den europäischen Stahlverband Eurofer wollen sie eine Beschwerde bei der EU einlegen, die bei einem Erfolg möglicherweise zu Massnahmen wie Schutzzöllen oder Handelsbeschränkungen führen könnte. (awp/mc/ab)