Trotz des Euro-Höhenfluges und der Finanzkrise legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal um real 1,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal zu. Das Statistische Bundesamt bestätigte damit am Dienstag in Wiesbaden eine erste Schätzung. Das ist das höchste Plus seit Frühjahr 1996. «Getragen wurde das Wirtschaftswachstum in erster Linie von einer ausgeprägten Investitionstätigkeit», schrieben die Statistiker. Das jahrelange Sorgenkind, der private Konsum, kurbelte die Konjunktur nur leicht an. Die Exporte liefen trotz des starken Euro weiter gut – da aber die Importe noch mehr zulegten, trug der Aussenhandel erstmals seit einem Jahr nicht zum Wachstum bei.
«Das Pendel schlägt jetzt in die andere Richtung aus»
Die meisten Experten erwarten ab dem Frühjahr eine Abkühlung der Konjunktur. «Das Pendel schlägt jetzt in die andere Richtung aus», sagte Andreas Scheuerle von der DekaBank. Sondereffekte wie das milde Winterwetter hätten im ersten Quartal das Wachstum überzeichnet und würden im Frühjahr fehlen. Wegen der Abkühlung der Weltwirtschaft, des starken Euro und der hohen Energiepreise sei für das zweite Vierteljahr ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung zu erwarten.
«Weiche Landung» der Wirtschaft erwartet
Für 2008 sagen die Experten – nach dem starken Jahresauftakt – ein Wachstum von mehr als zwei Prozent voraus. Das wäre das dritte Wachstumsjahr in Folge, 2007 hatte die Wirtschaft um 2,5 Prozent zugelegt. «Die gute Wettbewerbsposition deutscher Unternehmen auf dem Weltmarkt dürfte für eine weiche Landung der Wirtschaft sorgen», schrieb Volkswirt Matthias Rubisch von der Commerzbank.
Im ersten Quartal stiegen die Investitionen der Firmen unerwartet stark. Obwohl zum Jahresende 2007 steuerliche Vergünstigungen ausgelaufen waren und die Krise der Finanzmärkte die Aussichten trübten, steckten die Unternehmen mehr Geld in Maschinen und Fabrikhallen. Die Ausrüstungsinvestitionen nahmen um vier Prozent zu. Die Bauinvestitionen kletterten vor allem wegen des milden Winters, der eine Arbeitspause überflüssig machte, um 4,5 Prozent. Grund für die vielen Investitionen war nach Ansicht von Experten die gute Lage der Unternehmen, die Rekordgewinne und volle Auftragsbücher aufweisen. Fast die Hälfte des gesamten BIP-Wachstums kam von den Investitionen.
Privater Verbrauch nur leicht erholt
Der private Konsum – der zwei Drittel des BIP ausmacht – erholte sich zu Jahresbeginn nur wenig und bleibt eine Wachstumsbremse. Nach dem Einbruch durch die Mehrwertsteuererhöhung im vergangenen Jahr hatten Experten auf eine Erholung in diesem Jahr gesetzt. Doch die hohe Inflationsrate von knapp unter drei Prozent bremst die Kauflust der Verbraucher. «Noch immer zehrt die Inflation einen zu hohen Anteil der Einkommenszuwächse auf», sagt Volkswirt Scheuerle. Wegen der neuen Belastungen durch die hohen Ölpreise werde sich daran so schnell nichts ändern. Die Konsumenten legten mehr Geld auf die hohe Kante, die Sparquote (der Anteil des Ersparten am Haushaltseinkommen) stieg um 0,4 Prozent auf 14,8 Prozent. Die Konsumausgaben des Staates stiegen deutlich um 1,3 Prozent.
Beim Aussenhandel setzte sich zwar die positive Entwicklung der Exporte mit einem Plus von 2,4 Prozent fort, schrieben die Statistiker. «Weil die Importe aber deutlich stärker wuchsen (plus 3,5 Prozent), wirkte der Aussenhandel insgesamt wachstumshemmend auf das Bruttoinlandsprodukt.» Im ersten Quartal betrug das Wirtschaftswachstum im Vergleich zum Vorjahresquartal 1,8 Prozent. Kalenderbereinigt ergab sich sogar ein Zuwachs von 2,6 Prozent. Die Wirtschaftsleistung wurde von 39,8 Millionen Erwerbstätigen erbracht, das waren 1,8 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. (awp/mc/pg)