Irland unter dem Rettungsschirm: Erleichterung schwindet
Die Risikoaufschläge für Anleihen angeschlagener Euro-Länder stiegen deutlich, die Börsen lagen im Minus. Viele Anleger befürchten ein Übergreifen der Schuldenkrise auf weitere Staaten. Obwohl der irische Ministerpräsident Brian Cowen bis vor kurzem noch erklärt hatte, Irland könne seine Probleme alleine lösen, muss das Land unter den Rettungsschirm von EU, Eurozone und Internationalem Währungsfonds (IWF) schlüpfen. Die notwendigen Hilfen könnten sich auf bis knapp 100 Milliarden Euro belaufen. Gefordert wird, dass Irland sein marodes Bankensystem neu aufstellt und den Haushalt saniert. Für Mittwoch kündigte Cowen einen Vierjahresplan an, der Einsparungen von 15 Milliarden Euro umfassen soll.
Absage an dauerhaften Transfermechanismus
Ökonomen warnten davor, Risiken in Krisenländern vollständig auf die Steuerzahler soliderer Länder abzuwälzen: Ein dauerhafter Transfermechanismus sei mit den Grundsätzen der Marktwirtschaft nicht vereinbar – «und für Länder wie Deutschland potenziell extrem kostspielig», sagte der Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts, Kai Carstensen, bei «Handelsblatt Online». Schäuble warnte: Gelinge die Rettung nicht, hätte dies unabsehbare wirtschaftliche und soziale Folgen für Deutschland.
Stimmrechtsentzug als äusserstes Mittel
Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), betonte allerdings bei «Handelsblatt Online», die schwierige Lage in einigen Euro-Ländern sei kein Argument für einen Transfermechanismus. Transfers bewirkten, dass die Länder «abhängig vom europäischen Tropf» werden. «Und die Legitimation der gemeinsamen Währung wird in den starken Staaten wie Deutschland in den Augen der Bürger schwinden.» Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt fordert härtere Strafen für EU-Schuldensünder. «Ich halte strenge Sanktionsmassnahmen für angemessen, sogar für notwendig. Und ich schliesse auch einen Stimmrechtsentzug als äusserstes Mittel nicht aus», sagte er im Deutschlandfunk.
Höhere Risikoaufschläge
Das Misstrauen der Investoren wächst indes weiter: Risikoaufschläge für Anleihen finanzschwacher Staaten stiegen am Dienstag. Die Rendite irischer Anleihen mit zweijähriger Laufzeit legte um 0,23 Punkte auf 4,24 Prozent zu. Die Rendite der zweijährigen Staatsanleihe Griechenlands stieg um 0,57 Prozentpunkte auf 10,85 Prozent – der mit Abstand höchste Zins, den ein Euro-Land bei dieser Laufzeit für frisches Geld zahlen muss. Im Falle Portugals stieg die Rendite der zweijährigen Anleihe um 0,25 Punkte auf knapp vier Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland lag sie bei kurzfristigen Papieren bei knapp einem Prozent.
EuroStoxx 50 gibt nach
Die wichtigsten europäischen Aktienindizes verbuchten leichte Verluste – auch wegen der Sorgen um eine weitere militärische Eskalation auf der koreanischen Halbinsel. Der Leitindex EuroStoxx 50 verlor bis zum Mittag 0,82 Prozent auf 2788,41 Punkte. Der Dax büsste 0,27 Prozent auf 6804 Punkte ein. Die grössten Verlierer kamen aus den Reihen der Banken- und Rohstofftitel. Aktien der Bank of Ireland ragten europaweit mit einem neuerlichen Kurseinbruch von 20,82 Prozent auf 0,31 Euro heraus. (awp/mc/ps/09)