IWF: G20 bringt historische Reform auf den Weg
Der französische IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn sprach am Samstag im Anschluss an die Beratungen der Finanzminister und Notenbankchefs in Südkorea von einer «historischen Entscheidung». Die G20 habe mit der Einigung Handlungsfähigkeit bewiesen, sagte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), der seinen Kabinettskollegen Wolfgang Schäuble (CDU) bei dem zweitägigen Treffen in Kyongju vertrat. Ausserdem kündigten die Teilnehmer an, einen Abwertungswettlauf der Währungen verhindern und die Zusammenarbeit beim Abbau von Ungleichgewichten in der Weltwirtschaft verstärken zu wollen. Die G20 (kurz für «Gruppe der 20») will dabei aber auf konkrete Regelungen wie Exportbremsen verzichten. Einen entsprechenden Vorstoss von US- Finanzminister Timothy Geithner hatte vor allem Deutschland strikt abgelehnt.
Verschiebung der Stimmgewichte
Kernpunkt der IWF-Reform ist die Verschiebung der Stimmgewichte zugunsten der aufstrebenden Schwellenländer. Die Länderquoten sollen nach Angaben des deutschen Finanzstaatssekretärs Jörg Asmussen mit einem Umverteilungsvolumen von 6,4 Prozentpunkten verschoben werden. Vor allem westliche Industrieländer geben Quotenanteile und damit Macht ab. Die zehn grössten Eigner sind künftig die USA, Japan, China, Deutschland, Grossbritannien, Frankreich, Italien, Russland, Indien und Brasilien. Die G20 verständigten sich auch darauf, dass es weiterhin bei 24 Sitzen im IWF-Exekutivdirektorium bleibt und die Zahl nicht auf 20 Posten verkleinert wird. Die Europäer verzichten aber auf zwei Sitze. Insbesondere die USA wollten den Einfluss der Europäer im IWF- Verwaltungsrat begrenzen.
Ein grosser Streitpunkt ausgeräumt
Damit ist vor dem Weltfinanzgipfel der Staats- und Regierungschefs der G20 in drei Wochen in Seoul zumindest ein grosser Streitpunkt ausgeräumt. Formal müssen andere Länder noch zustimmen. Die Staaten der G20 vertreten aber 80 Prozent der IWF-Stimmrechte. Es sei nicht einfach gewesen, aber die grösste Reform seit der IWF-Gründung – das Gremium wurde 1944 gegründet – sei gelungen, sagte Brüderle. Dies sei auch ein Signal an die Märkte: «Die G20 funktionieren nicht nur in der Krise.» Geithners Vorschläge für eine Art Exportbremse für Länder mit Handelsüberschüssen legte die Differenzen innerhalb der G20 offen. Er hatte vorgeschlagen, Überschüsse auf maximal vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu begrenzen. Brüderle betonte, das Problem könne nicht mit «planwirtschaftlichen Elementen» gelöst werden. Der FDP-Minister kritisierte auch die Geldpolitik der USA. Dass man meine, mit mehr Liquidität die Probleme lösen zu können, halte er für falsch. Eine übermässige Geldvermehrung sei für ihn «eine indirekte Manipulation» des Dollar-Kurses.
Exportländer sollen heimische Nachfrage ankurbeln
Andere G20-Länder hatten sich der Position Deutschlands angeschlossen. Länder mit hohen Exportüberschüssen sollten sich laut Geithner verpflichten, etwa mit Steuererleichterungen die heimische Nachfrage anzukurbeln. Dies würde vor allem China, Japan und Deutschland betreffen. G20-Gastgeber Südkorea äusserte sich mit Blick auf den Währungsstreit optimistisch. Die Übereinkunft werde die Kontroverse über die Wechselkurse beenden, sagte Finanzminister Yoon Jeung Hyun. Volkswirtschaften wie die USA und Deutschland sollten mehr auf übermässige Schwankungen der Wechselkurse achten, hiess es in dem Abschlusskommuniqué in Kyongju.
Währungsstreit
Insbesondere die USA werfen China vor, seine Währung zum Vorteil seiner Exporte künstlich niedrig zu halten. Geithner traf am Sonntag in der nordostchinesischen Stadt Qingdao mit Vizepremierminister Wang Qishan zusammen. Sie hätten über die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern und die Vorbereitung auf den G20-Gipfel gesprochen, teilte die US-Botschaft in Peking mit. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy kündigte beim «Frankophonie- Gipfel» im schweizerischen Montreux an, er wolle die Reform des internationalen Währungssystems zu einem Hauptthema des französischen G20- und G8-Vorsitzes 2011 machen.
Wirtschaftliche Erholung bleibt fragil
Zwei Jahre nach dem Höhepunkt der weltweiten Finanzkrise sei die wirtschaftliche Erholung noch fragil, hiess es zum Abschluss des Finanzministertreffens. Während das Wachstum in vielen aufstrebenden Ländern stark sei, lasse das Tempo in fortgeschrittenen Wirtschaftsnationen zu wünschen übrig. Beim Gipfeltreffen in Seoul würde unter anderem die Umsetzung der Vorschläge über strengere Kapitalvorschriften für Banken – Stichwort Basel III – Vorrang haben. Die G20 werde «die finanziellen Reparatur- und regulatorischen Reformen ohne Verzögerungen abschliessen». (awp/mc/ps/05)