Werde die überbordende öffentliche Verschuldung nicht angegangen, «gibt es ein echtes Risiko, dass die Erholung untergraben und die Finanzkrise in eine neue Phase hinein verlängert wird», sagte José Viñals, Chef der IWF-Abteilung für Geldpolitik und Kapitalmärkte, am Dienstag.
Stabilität noch nicht garantiert
«Obwohl sich der Zustand des globalen Finanzsystems und seine Aussichten in jüngster Zeit verbessert haben, ist Stabilität noch nicht garantiert», warnte der Fonds-Ökonom bei der Vorstellung des jüngsten IWF-Berichts zur Stabilität des globalen Finanzsystems in Washington. Zwar sei viel von der Schuldenkrise in Griechenland die Rede. Doch sei das Problem keineswegs auf ein Land beschränkt, betonte Viñals. Er verwies auf die Verschuldung der grössten Wirtschaftsnationen, die gemessen an ihrer Wirtschaftsleistung das höchste Niveau seit dem Zweiten Weltkrieg erreicht habe. «Und das ohne einen Weltkrieg», sagte der IWF-Experte.
Höhere Risikoaufschläge werden verlangt
Es bestehe die Sorge, dass Investoren wegen der ausufernden Staatsverschuldung höhere Risikoaufschläge verlangten und dies am Ende höhere Zinsen für die Privatwirtschaft wie auch den öffentlichen Sektor bedeuten könnte. «Das könnte die Finanzkrise in die Länge ziehen und die Konjunkturerholung untergraben.»
Regierungen gefordert
Die Regierungen müssten deshalb bald glaubhafte, mittelfristige Pläne zur Sanierung ihrer Etats entwerfen. Dies ist laut IWF die «gewaltigste Aufgabe», mit der betroffene Länder auf kurze Sicht konfrontiert seien. Der Prozess des Schuldenabbaus müsse sanft und allmählich erfolgen. Zudem müssten Regierungen ihre Bemühungen um eine Finanzreform vorantreiben, um das System stabiler zu machen.
«Ermutigende Nachrichten»
Zum Zustand des Bankenwesens sagte Viñals, hier gebe es «ermutigende Nachrichten». Dank der Erholung der Weltwirtschaft kommt die globale Finanzbranche glimpflicher davon als zunächst angekommen: Der IWF verringerte seine Schätzung über die Abschreibungen der Banken von bislang 2,8 Billionen auf 2,3 Billionen Dollar (1,7 Billionen Euro) seit Beginn der Finanzkrise 2007 bis heute.
Sorgen vor Inflation steigen
Mit Blick auf die Schwellenländer und die grossen Kapitalflüsse dorthin stellte der IWF fest, sich die Sorgen vor Inflation und Preisblasen mehrten. Soweit gebe es aber keine Hinweise, dass Vermögenswerte wie Aktien oder Immobilien «ernsthaft und unhaltbar überbewertet» seien, befindet der Weltwährungsfonds.
Neuordnung der Machtverhältnisse kommt nicht voran
Industrienationen und aufstrebende Schwellenländer treten bei der Neuordnung der Machtverhältnisse im Internationalen Währungsfonds unterdessen weiter auf der Stelle. Trotz wachsenden Zeitdrucks bei der für Januar 2011 angestrebten Reform habe es in den vergangenen Monaten wenig Fortschritte gegeben, hiess es im Bundesfinanzministerium in Berlin. Bisher gebe es allenfalls einen Austausch der bekannten Positionen. Nach wie vor strittig ist, welche Länder Stimmrechte an bisher unterrepräsentierte Länder abgeben.
Die Umverteilung ist Thema beim Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der wichtigsten Wirtschaftsnationen (G20) am Freitag und bei der gemeinsamen Frühjahrstagung von IWF und Weltbank Ende der Woche in Washington. Daran soll nach einem längeren Klinikaufenthalt auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) teilnehmen. (awp/mc/pg/26)